Chlordan

Chlordan

Strukturformel
Strukturformel von Chlordan
Allgemeines
Name Chlordan
Andere Namen
  • 1,2,4,5,6,7,8,8-Octachlor- 3a,4,7,7a-tetrahydro-4,7-methano-indan
  • Octachlor
Summenformel C10H6Cl8
CAS-Nummer 57-74-9
PubChem 5993
Kurzbeschreibung

brauner Feststoff, technisch meist viskose Flüssigkeit[1]

Eigenschaften
Molare Masse 409,8 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,61 g·cm−3 (25 °C)[1]

Schmelzpunkt
  • 104–106 °C (α-Modifikation)[1]
  • 107–108 °C (β-Modifikation)[1]
Siedepunkt

175 °C (1,3 hPa)[1]

Löslichkeit

in Wasser 0,1 mg·l−1[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [2]
08 – Gesundheitsgefährdend 07 – Achtung 09 – Umweltgefährlich

Achtung

H- und P-Sätze H: 351-312-302-410
P: 210-​260-​280-​301+310-​311 [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4] aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [2]
Gesundheitsschädlich Umweltgefährlich
Gesundheits-
schädlich
Umwelt-
gefährlich
(Xn) (N)
R- und S-Sätze R: 21/22-40-50/53
S: (1/2)-36/37-60-61
MAK

0,5 mg·m−3[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Chlordan ist ein Insektizid aus der Gruppe der Chlorkohlenwasserstoffe, das als Kontaktgift wirkt.

Das Pflanzenschutzmittel wurde 1947 als nicht systemisches (= nicht von der Pflanze aufgenommenes) Kontakt- und Fraßinsektizid in den Markt eingeführt.

Gewinnung und Darstellung

Technisches Chlordan wird über eine Diels-Alder-Reaktion hergestellt und ist ein Stoffgemisch aus mindestens 147 Bestandteilen, deren Zusammensetzung je nach Herstellungsverfahren variiert.[5] Zunächst enthielt es 43–75 % cis- und trans-Chlordan und geringere Mengen von Heptachlor, cis- und trans-Nonachlor sowie Chlordene. Verbesserte Herstellungsmöglichkeiten ermöglichten nach 1970 die Herstellung eines reineren Produktes mit einem mindestens 95 %-igen cis- und trans-Chlordan-Anteil.

Verwendung

Chlordan wurde überwiegend für landwirtschaftliche Zwecke, hauptsächlich zur Boden- und Saatgutbehandlung, im Getreide-, Kartoffel- bzw. Gemüseanbau verwendet. Daneben wurde es als Holzschutzmittel gegen Feuerameisen sowie Termiten eingesetzt. Hierbei fand es hauptsächlich in den Vereinigten Staaten von Amerika Verwendung.

Umweltverhalten

Aufgrund seiner Persistenz bleibt Chlordan in der natürlichen Umwelt relativ stabil und kann über große Distanzen verbreitet werden. Mit der Anzahl ihrer Chloratome nimmt die Persistenz von Chlordanverbindungen zu. Da Chlordan und verwandte Verbindungen fettlösliche Eigenschaften aufweisen, wird es in Organismen gespeichert (= sog. Bioakkumulation) und in der Nahrungskette angereichert (= sog. Biomagnifikation). Chlordan wird bei Säugetieren hauptsächlich im Nervensystem und der Leber eingelagert.

Toxizität

Chlordan weist eine mittlere akute Toxizität auf. Akute Vergiftungen über die Nahrungskette können zu Schädigungen von Leber, Nieren, Herz, Lunge und Darm führen, beim Inhalieren von Stäuben können Entzündungen der Atemwege und der Lunge auftreten. Oxychlordan (ein hauptsächlicher Metabolit von cis- und trans-Chlordan) sowie Nonachlor sind toxischer als cis- und trans-Chlordan. Bei Tierversuchen verursachte Chlordan bei Mäusen – vermutlich über nicht genotoxische Mechanismen – Leberkrebs. Daher wird es von der Internationale Agentur für Krebsforschung als möglicherweise krebserregend für den Menschen in die Gruppe 2B und in der MAK-Liste unter IIIB eingestuft. Auf Fische wirkt Chlordan bei Exposition über das Wasser mittel- bis hochtoxisch. Derzeit (2008) liegen jedoch keine Untersuchungen zur Toxizität bei Exposition über Fischfutter vor. Legehennen zeigen bei der Gabe von hohen Dosen Chlordan eine verringerte Legeleistung.[6] Bei Hunden wurden im Rahmen von Langzeitstudien ein zulässiger NOAEL-Wert von 0,075 mg/kg Körpergewicht pro Tag (3 mg/kg Futter) in Hinblick auf die Lebertoxizität ermittelt. Für weitere Nutz- oder Heimtierarten liegen derzeit (2008) keine weiteren Studien vor.

Chlordananreicherungen werden – mit Ausnahme von Fischerzeugnissen – nicht häufig in Futtermitteln gefunden. Die bestimmten Konzentrationen liegen im unteren µg/kg-Bereich und somit weit unter den Werten, die bei Hunden nachteilige Wirkungen zeigen. Die Verstoffwechselung und Ausscheidung von Chlordan und verwandten Verbindungen unterscheidet sich bei einzelnen Spezies stark. In tierischen Geweben und Tiererzeugnissen können Rückstände von Chlordanverbindungen als Oxychlordan und trans-Nonachlor nachgewiesen werden. Derzeit nehmen Menschen durchschnittlich wenige ng Chlordan pro kg Körpergewicht pro Tag auf. Dies liegt weit unter der 1995 von der Weltgesundheitsorganisation als vorläufig festgelegte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 500 ng/kg Körpergewicht. Zu beachten ist, dass Konzentrationen von Chlordan in der Muttermilch meist um den Faktor 10 höher sind als in Kuhmilch.

Analytischer Nachweis

Der chemisch-analytische Nachweis in Umweltproben, Lebens- und Futtermitteln kann mit chromatographischen Verfahren erfolgen.[7]

Rechtliche Situation

Aufgrund seiner Toxizität und Persistenz ist die Herstellung, Verkauf und Anwendung von Chlordan seit 1971 in Deutschland und seit 1981 in der Europäischen Union verboten; viele Staaten folgten später diesem Beispiel. Heute ist der Einsatz von Chlordan nahezu weltweit verboten. Chlordan fällt unter die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 über persistente organische Schadstoffe (POPs) und das Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) über die weiträumige grenzüberschreitende Luftverschmutzung mit POPs (CLRTAP-POP).[8]

Handelsnamen

Chlordan wurde beispielsweise unter den Handelsnamen Aspon, Belt, CD 68, Chlordan, Chlorindan, Chlor-Kil, Chlorotox, Corodane, Cortilan-neu, Dowchlor, Gold Crest C-100, HCS 3260, Intox, Kilex, Kypchlor, M-140, Niran, Octachlor, Oktaterr, Ortho-Klor, Penticklor, Prentox, Starchlor, Sydane, Synklor, Tat Chlor 4, Termex, Topichlor, Toxichlor, Unexan-Koeder und Velsicol 1068 vertrieben.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Eintrag zu Chlordan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Okt. 2007 (JavaScript erforderlich).
  2. 2,0 2,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 57-74-9 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  3. Datenblatt Chlordane (mixture of isomers) bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 17. März 2011.
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. Vgl. Dearth, M.A. / Hites, R.A. (1991): Complete analysis of technical chlordane using negative ionization mass spectrometry, in: Environmental Science & Technology, 25, S. 245–254.
  6. Vgl. Rosenberg, M. M./Tanaka, T./Adler, H. E. (1950): Toxicity of chlordane to laying pullets, in: American Journal of Veterinary Research, 11, S. 236–239.
  7. Eric J. Reiner, Adrienne R. Boden, Tony Chen, Karen A. MacPherson und Alina M. Muscalu: Advances in the Analysis of Persistent Halogenated Organic Compounds, LC·GC Europe 23 (2010) 60−70.
  8. Vgl. Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette auf Ersuchen der Europäischen Kommission über Chlordan als unerwünschter Stoff in Futtermitteln, in: The EFSA Journal (2007) 582, S. 1-53. Zu finden unter folgenden Link