Azathioprin

Azathioprin

Strukturformel
Struktur von Azathioprin
Allgemeines
Freiname Azathioprin
Andere Namen
  • 6-(1-Methyl-4-nitro-5-imidazolyl)-mercaptopurin
  • 6-(3-Methyl-5-nitroimidazol-4-yl)sulfanyl-7H-purin
Summenformel C9H7N7O2S
CAS-Nummer 446-86-6
PubChem 2265
ATC-Code

L04AX01

DrugBank APRD00811
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Immunsuppressivum

Verschreibungspflichtig: ja
Eigenschaften
Molare Masse 277,26 g·mol−1
Schmelzpunkt

243–244 °C [1]

Löslichkeit

sehr schlecht in Wasser (272 mg·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
07 – Achtung 08 – Gesundheitsgefährdend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302-315-319-335-350
P: 201-​261-​305+351+338-​308+313 [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3][4]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 22-36/37/38-45
S: 22-36/37-45
LD50

2500 mg·kg−1 (Maus, peroral) [1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Azathioprin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Immunsuppressiva und unterdrückt die Immunabwehr. Es wird zur Vorbeugung gegen Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen und in der Behandlung verschiedener Erkrankungen angewendet, die mit einer Störung der Immunreaktion einhergehen. Im menschlichen Körper wird Azathioprin durch die Thiopurinmethyltransferase (TPMT)[5] zu 6-Mercaptopurin verstoffwechselt, das dann die eigentliche Wirkung entfaltet. Azathioprin ist also ein Prodrug. Es kann in Form von Tabletten oder intravenös verabreicht werden.

Pharmakologie

Azathioprin blockiert die Synthese von DNA und RNA (6-Mercaptopurin interferiert als atypisches Nukleosid mit der DNA-/RNA-Synthese) und hemmt somit die Vermehrung der T- und B-Zellen, die ein Teil des Immunsystems sind. Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper, indem fremde Zellen oder veränderte Körperzellen (Krebszellen, virusinfizierte Zellen) erkannt und bekämpft werden. Die wichtigsten Abwehrzellen sind Makrophagen, natürliche Killerzellen sowie T- und B-Lymphozyten.

Sind diese Reaktionen aber fehlgesteuert, bekämpft das Immunsystem auch eigenes Gewebe als Fremdkörper und versucht es zu zerstören. Es handelt sich dann um eine Autoimmunkrankheit. Mit Azathioprin soll diese fehlgeleitete Arbeit des Immunsystems unterdrückt werden (Immunsuppression).

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete

  • besonders bei Transplantationen zur Unterdrückung der Immunreaktion (Abstoßung)
  • als Basistherapie bei Arthritis und ähnlichen Erkrankungen z. B.:
  • Sarkoidose
  • Multiple Sklerose
  • Myasthenie
  • Lupus erythematodes
  • Morbus Behcet
  • Morbus Wegener
  • Autoimmunhepatitis
  • Idiopathische interstitielle Pneumonien

sowie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie

  • Morbus Crohn
  • Colitis ulcerosa

Nebenwirkungen

Mögliche Nebenwirkungen sind u. a.: Veränderungen des Blutbildes, Haarausfall, ein erhöhtes Infektionsrisiko, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Gewichtsabnahme. Fieber, Gelenkschmerzen und eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse gehören zu den möglichen Überempfindlichkeitsreaktionen.[6]

Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Da Azathioprin auf das blutbildende System wirkt, muss die Behandlung unter ständiger ärztlicher Kontrolle und Überwachung des Blutbildes erfolgen.

Azathioprin steht im Verdacht unter gewissen Umständen fruchtschädigend (teratogen) zu sein, dies sollte bei einer geplanten Schwangerschaft berücksichtigt werden.

In den Dosen, die nach einer Nierentransplantation eingenommen werden müssen, erhöht Azathioprin das Risiko, in einem Zeitraum von 20 Jahren an Hautkrebs zu erkranken, um den Faktor 50 bis 250. Die vermutliche Ursache ist das Zusammenwirken von UVA-Strahlung und 6-Thioguanin, einem Abbauprodukt des Azathioprins.[7][8]

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln

Die gleichzeitige Einnahme des Xanthinoxidasehemmers Allopurinol interferiert mit dem Abbau von Azathioprin und verstärkt dadurch dessen Wirkung, sodass auch das Risiko einer Agranulozytose erhöht ist. Bei gleichzeitiger Anwendung beider Medikamente sollte daher eine Dosisreduktion von Azathioprin auf etwa 25 % erfolgen. [9]

Schwangerschaft, Stillzeit und Kinderwunsch

Die Fruchtbarkeit von Mann und Frau ist durch die Medikation von Azathioprin nicht beeinträchtigt.[10] Die Untersuchung auf Qualität und Quantität des Spermas von 18 Männern während und nach Absetzen einer laufenden Azathioprin-Therapie erbrachte keine Unterschiede. Alle Parameter lagen innerhalb des WHO-Standards.[11][12]

Mittlerweile ist eine Azathioprin-Therapie bei Kinderwunsch bzw. in einer bestehenden Schwangerschaft sehr gut untersucht. So zeigt sich nach neuesten Erkenntnissen kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen beim Fötus in einer Schwangerschaft bei bestehender Medikation. Auch umfangreiche Erfahrungen bei väterlicher Einnahme zur Zeit der Zeugung und laufender Azathioprin-Therapie zeigte kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen bzw. Schwangerschaftskomplikationen. Es besteht aus Sicht der europäischen und US-amerikanischen Arzneimittelbehörden keine Notwendigkeit mehr, eine Therapie bei geplantem Kinderwunsch mütterlicher- oder väterlicherseite abzubrechen.

Das Präparat kann in geringen Mengen in die Muttermilch übergehen, sodass Spätfolgen für das Kind nicht auszuschließen sind, weshalb die Anwendung in der Stillzeit unterbleiben sollte.[13][14]

Synthese

Azathioprin Synthese.svg

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Azathioprin bei ChemIDplus.
  2. 2,0 2,1 Datenblatt Azathioprin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 9. März 2011.
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  4. Eintrag zu CAS-Nr. 446-86-6 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 9. Januar 2008 (JavaScript erforderlich).
  5. Klaus Aktories, Ulrich Förstermann, Franz Hofmann, Klaus Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 10, München ; Jena: Elsevier, Urban & Fischer 2009, ISBN 978-3-437-42522-6
  6. Gebrauchsinformation Imurek-Filmtabletten, Stand: November 2004.
  7. Azathioprine and UVA Light Generate Mutagenic Oxidative DNA Damage. In: Science 2005, Nr. 309, S. 1871-1874).
  8. Erhöhtes Melanomrisiko bei Nierentransplantierten. In: Medical Tribune 49/2005.
  9. Karow: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie'. 2010, S. 944.
  10. Rebecca Fischer-Betz: Azathioprin in der Schwangerschaft. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Stand 1. Juli 2008.
  11. D. von Herrath, W. Thimme: Mißbildungsrisiko bei Kindern unter Azathioprin-Behandlung des Vaters?. Arzneimittelbrief 2005, 39, 7.
  12. Dr. Barbara Missler-Karger. Stand 13. Mai 2007.
  13. Falk Foundation e.V.. Stand 2008.
  14. Prof. Dr. Monika Østensen, Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie/Allergologie. Stand 2008.

Handelsnamen

Monopräparate

Azafalk (D), Azaimmun (D, CH), Azarek (CH), Colinsan (D), Immunoprin (A), Imurek (D, A, CH), Zytrim (D), diverse Generika (D, A)

Weblinks

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