Apothekergewicht
Die europäischen Apothekergewichte waren von Mitte des 13. Jahrhunderts bis etwa ins zweite Drittel des 19. Jahrhunderts gebräuchlich.
Geschichte
Zwei verwandte Systeme dominierten in Europa:
- Auf dem Kontinent : das Nürnberger Apothekerpfund
- Auf den GB-Inseln : das Britische Apothekerpfund
Beide stehen im Verhältnis 24 : 25.
Die Abschaffung der Apothekergewichte begann Ende des 18. Jahrhunderts. Frankreich führte das metrische System schon unter der bürgerlichen Terrorherrschaft am 1. August 1793 ein. Deutschland folgte in Schritten, bis spätestens zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871. In Großbritannien hatten die Apothekergewichte bis 1971 legale Gültigkeit, in den Vereinigten Staaten bis heute.
Die Nürnberger Apothekergewichte
Das Nürnberger Apothekergran ist definiert: 19600 Nürnberger Grän – gleich 980 Nürnberger Skrupel – wiegen genau drei Karlspfund.
Schon lange bevor das Apothekerpfund 1872 in ganz Deutschland endgültig abgeschafft werden sollte – als Handelsgewicht galt ja schon seit 1834 das Zollvereinspfund zu genau 500 Gramm – wurden die Maßeinheiten zuerst neu bestimmt, so dass sie auf der metrischen Skala "glatte" Werte erhielten. Hierbei übernahm das Königreich Bayern unter der Federführung Montgelas eine Vorreiterrolle.
Die Beschlüsse zur Vereinheitlichung von Maß und Gewicht in Bayern (1809-1811) sahen vor, dass das bayrische Handelspfund exakt 560 Gramm und das Nürnberger Apothekerpfund exakt 360 französische Dezimalgramm wiegen solle.[1] (Die Stadt Nürnberg selbst war seit September 1806 bayrisch.)
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts übernahmen die übrigen deutschen Länder – einschließlich Österreichs – diesen Wert. Hätte sich auch England dem Montgelas'schen Reformwert gebeugt, so wäre das englische Grain nun bei der Masse von (360 ÷ 24 × 25 ÷ 5760 × 1000 =) 65,104 166 mg, anstatt der knapp 64,8 mg.
Der historische Wert ist 0,1334 % kleiner als der 7-glatte Wert. Der Reformwert von 1811 ist 0,4694 % größer als der 7-glatte Wert und 0,6036 % größer als der historische.
Materiell erhaltene Apothekergewichte des 19. Jahrhunderts haben meist die Form kleiner quadratischer Pyramidenstümpfe aus Gelbguss mit gepunzten Bezeichnungen, aus dickem Blech gestanzten, unbezeichneten Vierer-, Dreier- und Doppelösen (siehe Abbildungen), oder kleiner quadratischer Bleche aus dünnem Blech mit geprägten Bezeichnungen und einer Aufkantung als Handhabe (das Zahlzeichen steht oft hinter dem Symbol der Maßeinheit). Wichtiger Herstellungsort war Nürnberg.
Die Wiener Apothekergewichte
In den österreichischen Kronländern galt das Wiener-Medizinal-Pfund. Dieses Wiener Apothekergewicht stimmte nicht mit dem Nürnberger überein, sondern war schwerer, und zwar entsprach ein Pfund 420,0450 Gramm. Dazu gab es folgende Unterteilung: 1 lb = 12 Unzen = 24 Loth = 96 Quintlein oder Drachmen = 288 Skrupel = 5760 Gran (oder 1 : 12 : 2 : 4 : 3 : 20).
Die britischen Apothekergewichte
Die Ratio des britischen Apothekerpfundes – also des Troypfunds – zum Karlspfund beträgt genau 45 : 49.
Ratio: 25 : 24 vs. dem Nürnberger Wert. Die 7-glatten Werte entsprechen einem Grain von genau 64,8 mg.
Die ab 1958 offiziellen Gewichte sind 0,0017 % kleiner als die 7-glatten Werte.
Vergleich
Umrechnung | Nürnberger Apothekergewichte in Gramm |
Britische Apothekergewichte in Gramm | ||||||||
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Einheit | ||||||||||
Pfund | 1 | 12 | 96 | 288 | 5.760 | 358,318 08 | 357,84 | 360 | 373,248 | 373,241 721 6 |
Unze | 1 / 12 | 1 | 8 | 24 | 480 | 29,859 84 | 29,82 | 30 | 31,104 | 31,103 476 8 |
Drachme (Quentchen) |
1 / 96 | 1/8 | 1 | 3 | 60 | 3,732 48 | 3,727 5 | 3,75 | 3,888 | 3,887 934 6 |
Skrupel | 1 / 288 | 1/24 | 1 / 3 | 1 | 20 | 1,244 16 | 1,242 5 | 1,25 | 1,296 | 1,295 978 2 |
Gran | 1 / 5760 | 1/480 | 1 / 60 | 1/20 | 1 | 0,062 208 | 0,062 125 | 0,062 5 | 0,064 8 | 0,064 798 91 |
Literatur
- Ludwig Winkler: Das Apothekergewicht. In: Pharmazeutische Monatshefte 5, 1924, ISSN 0369-9609, S. 112–116.
Einzelnachweise
- ↑ *Cornelia Meyer-Stoll: Die Regulierung der bayerischen Landesmaße.pdf. Siehe Seite 22, das Kapitel: „Bayerische Maße französisch definiert“.