Ölfleckversuch

Ölfleckversuch

Gesamtabbildung des Versuchsaufbaus

Der Ölfleckversuch ist ein Versuch aus der Chemie und Physik, der es mit einfachen Mitteln möglich macht, sowohl die Größe eines Atoms als auch die Avogadrozahl näherungsweise zu bestimmen.

Versuchsaufbau

Der Ölfleck in Draufsicht und Querschnitt
Foto eines Ölflecks mit deutlicher Abweichung von der runden Form

Auf eine mit Wasser gefüllte Schale wird eine feine Schicht Bärlappsporen – oder ein ähnliches Pulver – gepudert. Diese dienen dazu, die Wasseroberfläche besser sichtbar zu machen. Anschließend wird ein Tropfen eines Gemischs aus Ölsäure und Petrolether oder Leichtbenzin mit bekannter Konzentration und zuvor bestimmtem Volumen in die Mitte der Schale gegeben. Die chemische Formel der Ölsäure muss ebenfalls bekannt sein. Der Petrolether oder das Leichtbenzin dienen einer gleichmäßigen schnellen Verteilung der Ölsäure auf dem Wasser und der Verdünnung der Ölsäure, die sich so besser in sehr kleinen Mengen dosieren lässt. Der Petrolether oder das Leichtbenzin verdunstet sofort, weshalb auf dem Wasser ein Fleck aus reiner Ölsäure entsteht. Dieser verdrängt die Bärlappsporen kreisförmig an den Rand der Schale, weshalb er deutlich sichtbar ist und mit einem Lineal vermessen werden kann. Im Idealfall entsteht ein perfekter Kreis; meist „zerfranst“ aber der Rand.

Auswertung

Von grundlegender Bedeutung ist die Annahme, dass es sich bei dem Ölfleck um eine monomolekulare Schicht handelt, das heißt, dass sich nicht mehrere Moleküle übereinander befinden. Dies kann man durch einfache Zusatzversuche belegen. Gibt man einen weiteren, gleich großen Öltropfen hinzu, verdoppelt sich der Flächeninhalt genau (d. h., der Radius vergrößert sich um den Faktor 21,4). Zudem ist es nicht möglich, den Fleck z. B. durch Pusten zu vergrößern.

Berechnung der Molekülgröße

Ein Ölsäuremolekül in 3D, der Versuch verwendet hingegen das stark vereinfachte Modell eines Würfels

Einen möglichst runden Fleck kann man nun als Zylinder betrachten, wobei der Durchmesser eines Moleküls der Höhe des Zylinders entspricht.

Über das Volumen des Tropfens und die Konzentration der Petrolether(Benzin)-Ölsäure kann man nun das Volumen der reinen Ölsäure ausrechnen, das mit dem des Zylinders identisch ist. Mit dem abgemessenen Radius kann man nun die Höhe des Zylinders berechnen. Dadurch hat man bereits die Größe eines Ölsäuremoleküls.

Berechnung der Atomgröße

Der Ölfleckversuch liefert die ungefähre Größe eines Atoms mit Atomhülle

In der einfachsten Form der Berechnung geht man von würfelförmigen Molekülen und Atomen aus. Da man nun die Kantenlänge kennt, kann man wiederum das Volumen eines Moleküls berechnen.

Aus der chemischen Formel der Ölsäure kann man erkennen, aus wie vielen Atomen ein Molekül besteht. Man geht nun davon aus, dass alle Atome gleich groß sind und das Volumen des Moleküls vollständig ausfüllen. Teilt man also das Volumen eines Moleküls durch die Anzahl der Atome, erhält man das Volumen eines Atoms. Da man wieder eine Würfelform verwendet, kann man den Durchmesser eines Atoms berechnen. Je nach Genauigkeit der Durchführung erhält man einen Atomradius von etwa 1010 Metern, angesichts der Einfachheit des Versuchs ein sehr genauer Wert.

Berechnung der Avogadrozahl

Da man nun die Kantenlänge eines Moleküls kennt, kann man die Anzahl an Molekülen im Ölfleck ausrechnen, indem man das Volumen des Öls durch das Volumen eines Moleküls dividiert. Über die Definition der Avogadrozahl weiß man, dass sich die Anzahl der Moleküle des Ölflecks zur Avogadrozahl so verhält wie die Masse des Öls im Ölfleck zu der Masse eines Mols Öl (Molare Masse oder Molmasse), welche man aus der chemischen Formel und den Angaben des Periodensystems entnehmen kann. Auch das Ergebnis der Avogadrozahl liegt in der richtigen Größenordnung, je nach Versuch etwa zwischen 51023 und 71023. Nach der aktuellen CODATA-Empfehlung[1] beträgt der Wert 6,02214129(27)1023 .

Mathematischer Ansatz

Klärung der Formelzeichen

Bekannte oder gemessene Größen:

  • rFleck = Radius des Ölflecks
  • VOel = Volumen des Öls in einem Tropfen

Zwischenergebnisse:

  • VMolekuel = Volumen eines Ölsäuremoleküls
  • VAtom = Volumen eines Atoms
  • dAtom = Durchmesser eines Atoms, in der Modellvorstellung von würfelförmigen Atomen die Kantenlänge eines Atoms
  • N = Anzahl der Ölmoleküle im Ölfleck

Gesuchte Größen:

  • rAtom = Radius eines Atoms

Benötigte mathematische Formeln

  • V=r2πh (Volumen eines Zylinders)
  • h=Vr2π (Aufgelöst nach h)
  • V=a3 (Volumen eines Würfels)
  • a=V3 (Aufgelöst nach a)
  • Radius=Durchmesser2
  • ρ=mV

Berechnung der Molekülgröße

dMolekuel=VOelrFleck2π

Berechnung der Atomgröße

VAtom=VMolekuelAnzahl der Atome
dAtom=dMolekuel3Anzahl der Atome3
rAtom=(VOelrFleck2π)3Anzahl der Atome32

Berechnung der Avogadrozahl

N=VOelVMolekuel
N=VOeldMolekuel3
NNA=mOelMOel
NA=NMOelmOel
NA=VOel(VOelrFleck2π)3MOelρOelVOel
NA=(rFleck2πVOel)3MOelρOel

Zahlenbeispiel

Bekannte Größen

  • rFleck=6,4cm=6,4102m
  • VTropfen=2,13108m3
  • VOel=VTropfen2000=1,061011m3 (da Mischungsverhältnis 1 : 2000)
  • ρOel=900kgm3=9,00102kgm3

Molare Masse der Ölsäure

Die Masse eines Kohlenstoffatoms beträgt 12 u, die eines Sauerstoffatoms 16 u und die eines Wasserstoffatoms 1 u. Aus der Formel der Ölsäure C17H33COOH erkennt man, dass ein Molekül aus 18 Kohlenstoff-, 2 Sauerstoff- und 34 Wasserstoffatomen besteht. Die Molekülmasse beträgt damit 282 u, womit die Molare Masse der Ölsäure 282 g/mol beträgt.

Rechnung

dMolekuel=1,061011m3(6,4102m)2π
dMolekuel=8,241010m
dAtom=2,181010m
rAtom=1,101010m
NA=(1,061011m36,4102m2π)32,82101kg9,00102kgm3
NA=5,61023

Weblinks

Belege

  1. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 16. Juni 2011. Wert für die Avogadro-Konstante. Die eingeklammerten Ziffern geben die geschätzte Standardabweichung für den Mittelwert an, der den beiden letzten Ziffern vor der Klammer entspricht.