Wesersandstein
Als Wesersandstein werden aufgrund ihrer Lage im Weserbergland die Sandsteinvorkommen des Mittleren Buntsandsteins der Solling-Folge im Gebiet der Oberweser und der unteren Diemel in Niedersachsen bezeichnet. In dem Gebiet zwischen Holzminden, Eschershausen, Stadtoldendorf und Bad Karlshafen steht Wesersandstein im Abbau.
Unterschieden wird zwischen dem Karlshafener Sandstein, dem Roten Wesersandstein, und dem Trendelburger Sandstein, dem Grauen Wesersandstein. Die Trendelburger Schichten sind in Niedersachsen ausschließlich im südwestlichen Solling und ferner am Westrand des nordhessischen Reinhardswaldes verbreitet und sind hellgrau, violett, gelblich bis bräunlich und enthalten kaum Glimmer. Sie wurden kaum als Werksteine, sondern meist als Bruchsteine verwendet.
Die Bad Karlshafener Schichten finden sich relativ gleichmäßig verteilt im Solling und im Vogler, sind violettbraun und rötlichbraun gefärbt und enthalten meist Glimmer. Sie wurden vornehmlich als Werksteine, weniger als Bruchsteine und als Dachplatten sowie Fassadenplatten verwendet. Die Verlegung solcher Dach- und Fassadenplatten wird noch heute, überwiegend bei der Wiedereindeckung von denkmalgeschützten Gebäuden, durchgeführt.
Geologische Entstehung
Die Entstehungsgeschichte des Wesersandsteins reicht rund 250 Millionen Jahre in eine Periode des frühen Erdmittelalters (Trias) zurück. Weiträumige Flusssysteme schafften aus südlichen Richtungen lockere Sande heran, die im Gebiet des heutigen Weserberglandes abgelagert wurden. Im Verlauf von Jahrmillionen erreichten die abgelagerten Schichten schließlich eine Mächtigkeit von mehr als tausend Metern.
Unter der Auflast dieser Deckschichten verfestigten sich die lockeren Flusssande zu Sandstein. In der Folgezeit wurden die jüngeren Sedimentgesteine durch Erosion flächenhaft wieder abgetragen und die Weser schnitt sich im Verlauf der jüngsten eine Million Jahre der Erdgeschichte in die Buntsandsteinschichten zwischen Solling und Reinhardswald mit einer mittleren Rate von 20 Zentimetern im Jahrtausend ein und transportierte dabei die lockeren Sande und Gerölle nach Norden ab.
Das Klima dieser erdgeschichtlichen Periode war vorwiegend heiß und halbtrocken bis trocken. Infolge saisonaler, monsunartiger Niederschläge kam es dennoch zur Ausbildung vorübergehender Gewässer mit geringer Flora und Fauna.
Verbreitung
Der Wesersandstein kommt vor in dem Bereich der Solling-Folge, dem südlich des Sollings gelegenen Gebiet etwa zwischen Bad Karlshafen und Trendelburg und zwischen Holzminden und Bodenwerder als Mittlerer Buntsandstein mit einer Mächtigkeit von bis zu 300 Metern. Die Vorkommen rechts und links der Weser werden als Karlshafen-Schichten bezeichnet und bergen den Roten Wesersandstein, während Lagen um Trendelburg und im Diemeltal Trendelburg-Schichten mit dem Grauen Wesersandstein genannt werden.
Roter Wesersandstein
Glimmer als häufiger Bestandteil von Sedimentgesteinen wie Buntsandstein tritt in den Wesersandsteinen der Karlshafen-Schichten außergewöhnlich stark und gleichmäßig geschichtet auf. Diese Einlagerung bewirkt eine leichte Spaltbarkeit des Gesteins in bis zu ein Zentimeter dünne Platten, die mit Keileisen und Fäusteln voneinander getrennt werden können. Als absolute Besonderheit dieser Region wurden diese Sandsteinplatten ab dem 17. Jahrhundert zur Dacheindeckung und in Form von Behangplatten als Witterungsschutz zur Verschindelung von Hausfassaden benutzt. Dickere Platten, so genannte Lege- oder Dehlsteine, dienten als Fußbodenbelag in Wohnhäusern, Ställen, Kirchen und Schlachthöfen.
Im Roten Wesersandstein fanden sich Fährtenplatten mit Abdrücken von etwa ein Meter langen Reptilien (Dicynodontipus geinitzi), die vor fast 250 Millionen Jahren in der damaligen Flusslandschaft heimisch waren. Die Fundstücke werden im Naturkundemuseum Kassel und im Geologisch-Paläontologischem Institut der Universität Göttingen gezeigt.
Grauer Wesersandstein
Der in seiner Färbung etwas schwächer rote Graue Wesersandstein der Trendelburg-Schichten enthält wenig und ungeschichteten Glimmer und ist nicht leicht zu spalten. Aus ihm wurden vorwiegend Mauersteine, Kopfsteinpflaster, Treppenstufen, Kreuz- und Grabsteine gesägt sowie Schweinetröge und figürliche Kunstwerke hergestellt.
Fossile Funde im Grauen Wesersandstein sind hauptsächlich pflanzlicher Art, vorwiegend Schachtelhalme (Equisetites mougeoti), deren Marksteinkerne gut erhalten sind. Die Standorte der Halme waren wohl die Uferbereiche der Flusssysteme, eventuell auch über längere Zeit stabile Bereiche von Sandbänken, von denen sie bei Umlagerungen der Rinnen abgerissen und weggeschwemmt wurden, um schließlich innerhalb der Flüsse abgelagert zu werden.
Abbau
Steinbrüche, in denen zielgerichtet bestimmte Steinqualitäten abgebaut werden, gibt es im Bereich des Wesersandsteins erst seit dem 19. Jahrhundert. Dennoch wurden zum Bau von Gebäuden wie das Kloster in Helmarshausen oder die Krukenburg bereits im Hochmittelalter Sandsteine als Material verwendet. Ihr Abbau erfolgte in Steingruben, die in unmittelbarer Nähe zum Gebäude lagen, ohne Rücksicht auf die Steinqualität. Der nicht verwertbare Abraum wurde auf nahe gelegene Kummerhalden verschafft.
Nur Gruben mit hochwertigen Steinen wurden Ausgangspunkte für spätere Steinbrüche, deren Lage dicht an Weser und Diemelmündung es ermöglichte, die behauenen Steine über Rutschen auf Lastkähne zu verladen und stromauf und -ab zu den Schloss-Baustellen der Weserrenaissance zu transportieren. Diemelaufwärts übernahm dies ab 1848 die Carlsbahn, die erste Eisenbahn im Kurfürstentum Hessen, und entlang der Weser ab 1873 auch die Sollingbahn. Steinbrüche, die diese Transportwege nicht nutzen konnten, wurden aufgegeben.
So entstanden im Laufe der letzten drei Jahrhunderte unzählige aufgelassene Gruben und Abraumhalden, die sich mittlerweile teilweise unter einer dichten Vegetationsdecke verstecken. Die fünf heute noch produzierenden Wesersandsteinbrüche befinden sich unmittelbar bei Bad Karlshafen oberhalb der Juliushöhe links der Weser und oberhalb der Hannoverschen Klippen rechts der Weser. Die hier mit modernen Maschinen gebrochenen Roten Wesersandsteine sind von höchster Qualität und werden vorwiegend zu Restaurierungszwecken verwendet.
Bauwerke
Wesersandstein wurde im Mauerwerksbau mindestens seit dem 11. Jahrhundert verarbeitet als Bruchstein und Werkstein (Haustein), z.B. beim Bau der Kilianikirche in Höxter. Entstanden ist Bruchsteinmauerwerk und Werksteinmauerwerk / Quadermauerwerk meist als regelmäßiges oder unregelmäßiges Schichtmauerwerk. Seit dem 15. Jahrhundert wurde spaltfähiges Material mit Keilen oder durch Bewitterung (Frostsprengung) gespalten und als Spaltplatten (Spaltstein) zur Herstellung von Dachplatten und Fassadenplatten (Fassadenbehang) verwendet.
Trendelburger Sandstein
- Klosterkirche Lippoldsberg
- Hotel Menzberg in Uslar
- Löwendenkmal des Landgrafen Karl von Hessen in Bad Karlshafen
Sollingsandstein - Wesersandstein
- Arensburg Brücke A2 Kreis Bückeburg (Verblendmauerwerk)
- Werratalbrücke Hedemünden (Verblendmauerwerk)
- Marine-Ehrenmal Laboe Freifläche (Pflaster)
- Wasserschloss, Hehlen (Dacheindeckung)
- Schloss Corvey, Höxter (Dacheindeckung)
- Erlöserkirche Hannover (Altar)
- Kilianikirche Höxter (Mauerwerk)
Karlshafener Sandstein
- Historische Hafenanlage in Bad Karlshafen
Mineralbestand und technische Werte
Die Wesersandsteine führen gleichmäßige fein- bis mittelsandige Quarzkörner, der Quarzanteil liegt bei 85 bis 99 Prozent und sie zeichnen sich durch ein geringes Porenvolumen aus. Ihre graue bis rote Färbung stammt von Eisenerzen, von Limonit (Brauneisen) und Hämatit (Roteisen). Sie sind verwitterungsbeständig.
Die technischen Werte des Karlshafener Wesersandsteins sind:
- Rohdichte 2,42 g/cm³
- Wasseraufnahme (Atm.) 2,04 Gew.-%
- Druckfestigkeit 135 N/mm²
- Biegefestigkeit 21,30 N/mm²
- Abriebfestigkeit 12,3 cm³/50cm²
Siehe auch
Liste der Sandsteine
Literatur
- Jochen Lepper: Die Niedersächsischen Naturwerksteine mit besonderer Berücksichtigung des Wesersandsteins. In: Neues Archiv für Niedersachsen. Hannover 43.1994,2, ISSN 0342-1511, S. 35–41.
- Jochen Lepper: Naturwerksteine in Niedersachsen. In: Zeitschrift für Angewandte Geologie. (Z. angew. Geol.). Hannover 43.1997,1, ISSN 0044-2259, S. 3–10.
- Jochen Lepper: Naturstein. 2/98, S. 73f.
Weblinks