Spritzgießmaschine
Eine Spritzgießmaschine (vollständig Kunststoffspritzgießmaschine, kurz oft SGM genannt) ist eine Maschine, die aus Kunststoff in Granulat- oder Schnurform direkt verwendbare Kunststoffteile herstellt. Dazu wird in der Spritzeinheit die benötigte Formmasse aufbereitet und in ein Werkzeug gespritzt, das eine Negativform (Kavität) des gewünschten Kunststoffteils darstellt. Je nach verwendetem Verfahren (Thermoplast-Spritzgießen, Duroplast-Spritzgießen oder dem Elastomer-Spritzgießen) werden verschiedene Bauteile der Maschine beheizt oder temperiert.
Genereller Aufbau
Spritzgießmaschinen bestehen generell aus zwei Teilen: Der Spritzeinheit, die das Rohmaterial aufbereitet und unter Druck in das Werkzeug einspritzt, und der Schließeinheit, die das Werkzeug (auch Form) aufnimmt und es öffnet und schließt.
Spritzeinheit
Kernstück der Spritzeinheit ist eine Schneckenwelle, auch Schnecke genannt, die in einem Zylinder steckt. Der Innendurchmesser des Zylinders ist gleich dem Außendurchmesser der Schnecke. Der Zylinder wird meist Schneckenzylinder genannt. Im hinteren Bereich des Schneckenzylinders befindet sich entweder ein Trichter, in den das Granulat gefüllt wird und durch eine Öffnung (den Füllblock) in den Zylinder rieselt, oder ein Einzugsauge, durch das Schnurrohlinge eingezogen werden. Von einem Antrieb gedreht, rotiert die Schnecke im Schneckenzylinder und transportiert das Rohmaterial vorwärts.
Beim Thermoplast-Spritzgießen wird der Schneckenzylinder mittels elektrischer Heizbänder von außen erwärmt. Durch diese Hitze und die spezielle Geometrie der Schnecke wird das Granulat nicht nur befördert, sondern auch geschert, dabei schmilzt der Kunststoff und plastifiziert und homogenisiert. An der Spitze des Schneckenzylinders befindet sich eine Düse, die den Übergang zum Werkzeug bildet.
Beim Duroplast-Spritzgießen und dem Elastomer-Spritzgießen wird hingegen der Zylinder temperiert, um eine zu hohe Massetemperatur, die durch innere Reibung entsteht, zu verhindern, da sonst die Formmasse schon im Zylinder reagieren würde.
Im Laufe des Dosiervorgangs wird die Formmasse nun meist durch eine Rückstromsperre bis zur Düse transportiert und davor gestaut. Um genügend Stauraum für die Formmasse zu bieten, wird die Schnecke axial nur mit einem geringen Druck (Staudruck) beaufschlagt, so dass sie sich Richtung Einfülltrichter verschieben kann und sich so zwischen Rückstromsperre und Düse der sogenannte Schneckenvorraum bildet, in dem sich das Massevolumen befindet.
Der Staudruck wirkt gegen die Schmelze, so dass die Schmelze verdichtet wird, und drückt die Schnecke nicht zurück. Der Druck, den die Schmelze ausübt, bewegt die Schnecke zurück.
Bei dem Einspritzvorgang wird die Schnecke axial zur Düse hin gedrückt, wobei sich die Rückstromsperre schließt und so das Massevolumen durch die Düse in das Werkzeug gespritzt wird.
Nach der volumetrischen Füllung des Werkzeugs wird auf den Nachdruck umgeschaltet. Dabei muss im Zylinder Masse verbleiben (Restmassepolster) da sonst der Druck nicht auf die Masse wirken kann. Der Nachdruck wird benötigt um den Volumenschwund auszugleichen.
Schubschnecken
Bei der Thermoplastverarbeitung wird häufig die Dreizonenschnecke verwendet. In der sogenannten Einzugszone wird das Kunststoffgranulat eingezogen und in die nächste Zone, der Kompressionszone gefördert, wo der Kunststoff plastifiziert und verdichtet (entgast) wird. Die Schmelze wird danach in der Meteringzone homogenisiert und schließlich durch die Rückstromsperre vor die Schnecke gedrückt, welche sich als Folge des zunehmenden Staudruckes im Zylinder axial nach hinten bewegt. Schubschnecken unterscheiden sich hinsichtlich der Geometrie (Kompressionsverhältnis, Gangtiefen, Steigung und Zonenaufteilung) und der Werkstoffausführung. Diese sind für spezielle Einsatzfälle oder spezielle Eigenschaften optimiert. Es gibt Barriereschnecken, wobei ein zweiter Schneckengang mit Barrieresteg die Schmelze vom Restgranulat trennt. Dadurch werden speziell bei Polyolefinen höhere Plastifizierleistungen erzielt. Misch- und Scherteile werden eingefügt um eine bessere Homogenisierung der Schmelze zu erzielen. Spezielle Beschichtungen dienen außerdem dazu, die Eigenschaften zu der Schnecke zu verbessern. Unter anderem die Multilagen-Chrom- oder PVD-Beschichtungen, die für transparente Kunststoffe wie PC oder PMMA eingesetzt werden. Dabei wird vor allem die Haftung des Kunststoffs auf der Schneckenoberfläche reduziert. Aufgrund der hohen Härte werden PVD- oder mittels HVOF aufgebrachte Hartmetallspritzschichten auch als Verschleißschutz eingesetzt.
Rückstromsperre
Die Rückstromsperre verhindert beim Einspritzen und Nachdrücken, dass das Massevolumen vor der Schnecke zurück in die Schneckengänge fließt, sodass die Schnecke als Kolben fungiert. Die Rückstromsperre sitzt am Schneckenende und besteht gewöhnlich aus drei Teilen: Der Spitze oder auch Schneckenspitze genannt, dem Sperrring und dem Druckring. Der Sperrring sitzt auf der Schneckenspitze und vor dem Druckring und beide gemeinsam fungieren als Anschlag. Wird dosiert, so drückt die Schmelze den Sperrring an die Schneckenspitze, sodass ein Spalt zwischen dem Sperrring und dem Druckring entsteht (Sperrringhub), durch den die Schmelze fließen kann. Wird eingespritzt, presst sich der Sperrring an den Druckring und verschließt so die Schneckengänge. Der Abstand zwischen dem Sperrring und dem Zylinder wird als Schneckenspiel bezeichnet. Es gibt verschiedene Ausführungen der RSP. Sperrring oder Druckring wird über Flügel (3 oder 4 Füsschen) abgestützt, oder das Verschließen des Schmelzestroms über eine (Ein-Kugel-RSP) oder mehrere Kugeln (Mehr-Kugel-RSP) gelöst.
Schließeinheit
Die Schließeinheit besteht in der Regel aus drei Platten, die auf einem Maschinenrahmen senkrecht in einer Achse angeordnet sind. Die feste Aufspannplatte trägt dabei die eine Hälfte des Werkzeugs (Düsenseite) und ist die der Spritzeinheit am nächsten gelegene Platte. Die feste Aufspannplatte hat mittig ein Loch, durch das die Düse hindurchfahren und an das Werkzeug andocken kann. Die zweite Platte ist die bewegliche Aufspannplatte. An ihr ist die zweite Hälfte des Werkzeugs (Auswerferseite) montiert. Sie ist beweglich und wird mechanisch oder hydraulisch in Richtung der festen Aufspannplatte geschoben. Da dabei die beiden Werkzeughälften zusammen geschoben werden, spricht man hier vom Zufahren. Die dritte Platte schließlich ist die Stirnplatte. Sie hat eine abstützende Funktion, denn zwischen Stirn- und der beweglichen Aufspannplatte befindet sich der Kniehebel bzw. der Hydraulikzylinder zum Schließen der Aufspannplatten. Die Stirnplatte ist also notwendig zum Kraftaufbau. Ausnahme ist die Zwei-Platten-Schließe, bei der sowohl die Fahrbewegung als auch der Schließdruck über die Holme zwischen den beiden Platten ausgeführt wird. An der bew. Aufspannplatte befindet sich ebenfalls der Auswerfer, das sind Hydraulikzylinder, die bei geöffneter Form kleine Metallstifte im Werkzeug betätigen, welche dann das Formteil aus dem Werkzeug drücken. Ebenfalls gibt es hier Anschlüsse für Kernzüge. Damit können Schieber im Werkzeug betätigt werden, das sind bewegliche Bereiche in der Form, um Hinterschneidungen anfertigen zu können (siehe auch Formenbau). In der Regel sind die Schließeinheiten horizontal angeordnet und Vertikalmaschinen findet man speziell dort wo Teile eingelegt und umspritzt werden müssen, wie beispielsweise für elektrische Stecker.
Die an der Schließeinheit wirkenden Kraftgrößen sind (nach DIN 24450) wie folgt definiert:
- Schließkraft
- Zuhaltekraft
- Auftriebskraft
- (maximale) Werkzeugöffnungskraft
- Auswerferkraft
Auswerfereinheit
Der Auswerfer hat die Aufgabe, ein fertiges Kunststoffteil nach dem Öffnen der Formplatten aus der Form auszuwerfen. Meistens besteht der Auswerfer aus einem hinter der beweglichen Formplatte angebrachten hydraulischen Zylinder, dessen Kolbenstange durch die bewegliche Formplatte hindurchreicht. Auswerferstifte in der Form können mit dieser Kolbenstange gekoppelt werden, so dass beim Vorfahren des Auswerfers die Ausstoßerstifte im Werkzeug ebenfalls nach vorne fahren und das Teil auswerfen. Häufig trifft man den Zentralauswerfer oder die Auswerferplatte an. Ein Zentralauswerfer ist in der Mitte der beweglichen Formplatte angebracht, und reicht mit seiner Kolbenstange durch die Platte. Daneben gibt es noch Auswerfer, welche eine Platte hinter der beweglichen Formplatte bewegen. Auf dieser Platte können mehrere weitere Stangen befestigt werden, welche ebenfalls durch die bewegliche Formplatte hindurch bewegt werden können. Somit können auch Teile von Formen ausgestoßen werden, welche nicht zentrisch angeordnet sind oder mehrere Austoßerstifte getrennt vorfahren müssen. Mit Aufkommen der vollelektrischen Spritzgussmaschine (d. h. keine Hydraulik mehr vorhanden) werden die Auswerfer nicht mehr durch einen hydraulischen Zylinder, sondern durch einen Elektromotor betätigt. Oft werden Auswerfer auch auf der festen Formplatte installiert oder der Zylinder befindet sich in der Form eingebaut und nicht an der Spritzgussmaschine. Die Position des Auswerfers ist meist überwacht, etwa durch Endschalter oder Wegmessung. Damit wird u. a. ein Zufahren der Form mit vorgefahrenem Auswerfer verhindert. Auch beim Zusammenspiel von Ausstoßer und Kernzug wird die Überwachung benötigt.
Ablauf
Der Ablauf ist von vielen Faktoren abhängig. Immer ist aber ein grundsätzliches Schema vorhanden, in das je nach Bedarf weitere Schritte eingebunden werden können.
Zu Beginn des Zyklusablaufs ist das Massevolumen aufdosiert und das Werkzeug geöffnet.
Zunächst wird das Werkzeug geschlossen und die Spritzeinheit an das Werkzeug herangefahren. Danach wird die Formmasse eingespritzt und mit einem Nachdruck versiegelt. Nach einer gewissen Wartezeit zum Abkühlen oder Reagieren der Formmasse wird dosiert und die Spritzeinheit wieder in ihre Ausgangsposition gefahren. Ist nun das Formteil ausreichend abgekühlt oder ausreagiert, um entformt zu werden, wird das Werkzeug geöffnet und das Formteil gewöhnlich ausgeworfen – ein neuer Zyklus kann beginnen. Eine teilweise Beschleunigung durch Parallelbewegungen kann entweder durch elektrische Antriebstechnik oder durch Mehrpumpentechnik bei hydraulischen Maschinen realisiert werden.
Arbeitsstellungen
Die Anordnung der Schließeinheit in Kombination mit der Spritzeinheit macht unterschiedliche Arbeitsstellungen von Spritzgießmaschinen realisierbar.
Größenordnungen
Spritzgießmaschinen gibt es in unterschiedlichsten Größen. Sie unterscheiden sich nicht nur in der Menge der verarbeiteten Formmasse sondern auch im Druck, mit dem der Kunststoff eingespritzt wird, in der Fläche des Schließens, und folglich in der Kraft, mit der das Werkzeug zusammengedrückt wird.
Bauarten
Ein weiterer Unterschied ist die Art, mit der die Kraft in der Schließeinheit (Schließkraft) aufgebaut wird. Man unterscheidet zwischen hydraulischen Maschinen, bei der die Form durch große Hydraulikzylinder aufgebaut und gehalten wird, und Kniehebel-Maschinen, bei der ein großer, doppelt wirkender Kniehebel das Werkzeug zusammendrückt. Der Kniehebel selbst wird wiederum ebenfalls entweder durch einen Hydraulikzylinder oder im Falle einer elektrischen Maschine von einem Elektromotor bewegt, durch die Mechanik des Hebels ist jedoch deutlich weniger Kraft zum Zusammenhalten der Form nötig als bei ausschließlich hydraulischen Anlagen.
Kniehebelmaschinen arbeiten in der Regel schneller und energieeffizienter, werden jedoch bei größeren Maschinen aufgrund der riesigen Kniehebelmechanik uneffizient. Daher arbeitet man bei größeren Anlagen vermehrt hydraulisch.
Daneben gibt es einige Spezialformen, wie die Zwei-Platten-Schließeinheit. Hier wird das Werkzeug nicht von hinten zusammengedrückt, sondern hydraulisch zusammengezogen. Durch den speziellen Aufbau können spezielle, große Werkzeuge verwendet werden und der Bauraum der Maschine ist geringer.
Eine weitere Bauart sind die elektrischen Spritzgießmaschinen, bei denen alle Achsen elektrisch gefahren werden. Die Schließen werden als Kniehebel gebaut. Weiterhin gibt es elektrische Baureihen, bei denen die Schließkraft durch Elektromotoren erzeugt wird. Dies ist jedoch nur bei Maschinen mit geringen Schließkräften möglich, da Elektromotoren keinen guten Kompromiss aus Kraft und Geschwindigkeit liefern können. Auch wird die Antriebstechnik für die Schließeinheit bei Großmaschinen (>5000 kN) überproportional aufwändig. Bei Hybridmaschinen wird eine hydraulische Schließ- mit einer elektrischen Spritzeinheit kombiniert.
Die großen Vorteile der holmlosen Maschine liegen in der Flexibilität für große und sperrige Werkzeuge, dem schnellen und einfachen Werkzeugwechsel und den optimalen Voraussetzungen für Reinraumanwendungen. Sowohl die statische als auch die dynamische Plattenparallelität der holmlosen Maschinen ist unübertroffen. Zum Einen verhindert die massive Rahmenbauweise ein durchbiegen der Schließeinheit, zum Anderen verhindert die 3-Punkt-Plattenführung mit beidseitig je einer Präzisionsführung und dem zentralen Schließzylinder jegliche Parallelitätsabweichung der beweglichen Aufspannplatte. Ein Verkippen der Platte wird durch eine entsprechende Vorspannung des sogenannten FlexLinks verhindert. Die feststehende Aufspannplatte ist ebenfalls massiv durch den Maschinenrahmen gestützt, sodass es auch während schnellerer Fahrbewegungen zu keinem "Wackeln" der Platte mit daraus resultierenden dynamischen Prarallelitätsproblemem kommen kann. Unter Schließkraft behält die Maschine die Plattenparallelität vollkommen bei bzw. sie passt sich exakt an die Parallelität des Werkzeuges an.
Spezielle Bauarten
Mehrkomponenten-Spritzgießmaschinen bieten die Möglichkeit, die häufig geforderten komplexen Formteile aus verschiedenen Farben bzw. Kunststoffarten in einem Verfahrensablauf herzustellen. Neben den klassischen Mehrfarben- und Hart-Weich-Kombinationen können mit den Mehrkomponenten-Maschinen auch verschiedene Spezialverfahren realisiert werden.
Größenangaben
Die Angaben, mit denen man eine Spritzgießmaschine in ihrer Größe bewerten und beurteilen kann, sind in der Norm Euromap (Euromap-Website) festgelegt. Da eine Spritzgießmaschine aus zwei Teilen, der Spritz- und der Schließeinheit, besteht, sind dort eindeutige Kennwerte angegeben. Danach wird eine Spritzgießmaschine charakterisiert durch
- die maximale Schließkraft, mit der das Werkzeug zusammengedrückt wird, angegeben in kN (Kilo-Newton)
- die Lage der Schließeinheit: bei horizontaler Schließeinheit durch ein H, bei vertikaler Schließeinheit durch ein V gekennzeichnet, welche an die Angabe der maximalen Schließkraft angefügt wird
- das rechnerische Hubvolumen der Spritzeinheit in cm³, bezogen auf einen Spritzdruck von 1000 bar. Also die Menge an Formmasse, die die Spritzeinheit bei einem Druck von 1000 bar in die Schließeinheit einspritzen kann (siehe unten).
Beispiel: 2100 H /1330 ist eine Spritzgießmaschine mit einer maximalen Schließkraft von 2100 kN, einer horizontal angebrachten Schließeinheit und mit einem rechnerischem Hubvolumen von 1330 cm³.