Schöllkraut
Schöllkraut | ||||||||||||
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Schöllkraut (Chelidonium majus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Chelidonium | ||||||||||||
L. | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Chelidonium majus | ||||||||||||
L. |
Das Schöllkraut (Chelidonium majus) ist die einzige Pflanzenart der monotypischen Gattung Chelidonium aus der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae).
Beschreibung
Das Schöllkraut ist eine zwei- bis mehrjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 70 cm erreicht. Sie bildet ein ästiges Rhizom. Der Milchsaft ist gelb-orange. Die wechselständigen Laubblätter sind gestielt. Die grüngraue, durch einen dünnen Wachsfilm wasserabstoßend bereifte Blattspreite ist buchtig eingekerbt, die an der Unterseite heller ist und eine leichte Behaarung aufweist.
Diese Pflanzenart blüht von Mai bis Oktober. Die zwittrigen Blüten sind vierzählig und etwa 2 cm groß. Die zwei Kelchblätter fallen früh ab. Seine vier Kronblätter sind gelb. Es sind zwölf bis viele freie Staubblätter vorhanden. Zwei Fruchtblätter sind zu einem Fruchtknoten verwachsen. Der Griffel endet in einer zweilappigen Narbe. Die dünne, zweiklappige Kapselfrucht weist eine Länge von 5 cm auf und enthält wenige bis viele eiförmige, schwarze Samen.
Chromosomenzahl[1]: in Europa 2n=12, in Japan 2n=10.
Vorkommen
Ursprünglich kam es in den gemäßigten und warm-temperierten Gebieten Europas und Asiens sowie im Mittelmeerraum vor. Nach Nordamerika wurde es von Siedlern mitgenommen, die es als Heilmittel bei Hautkrankheiten verwendeten.
Die stickstoffliebende Art wächst gerne in der Nähe von menschlichen Wohnstätten, etwa auf Schuttplätzen, an Wegesrändern, in Robinienbeständen und sogar in Mauerspalten, bis ins Gebirge.
Ökologie
Beim Abbrechen der behaarten Stängel oder Einreißen der Blätter tritt aus gegliederten Milchröhren ein gelb-oranger Milchsaft zum Vorschein. Der giftige Saft hat einen scharfen, bitteren und sehr unangenehmen Geschmack. Bei schlechtem Wetter sind die Blüten geschlossen und die Blütenstiele senken sich ab. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie). Die Samen tragen eine hahnenkammförmige Caruncula und werden durch Ameisen ausgebreitet (Myrmekochorie).
Ökologische Zeigerwerte
Die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg für Chelidonium majus sind:
L6 Halbschatten- bis Halblichtpflanze
T6 Mäßigwärme- bis Wärmezeiger
Kx indifferentes Verhalten
F5 Frischezeiger
Rx indifferentes Verhalten
N8 ausgesprochener Stickstoffzeiger
S0 nicht salzertragend
Leb Hemikryptophyt, sommergrün
Soz Glechometalia
Inhaltsstoffe und ihre Wirkungen
Das Schöllkraut enthält eine Reihe von Alkaloiden, von denen über 20 isoliert und chemisch identifiziert wurden.[2] Die wichtigsten sind Berberin, Chelerythrin, Chelidonin, Coptisin, Spartein, Chelidoxanthin und Sanguinarin. Die Alkaloide sind sowohl in den oberirdischen Teilen der Pflanze wie auch in der Wurzel vorhanden. Im Herbst konzentrieren sie sich in der Wurzel, die dann hochgiftig wird.
Schöllkrautextrakte wirken in-vitro antiviral, antibakteriell, antimykotisch und schwach zytotoxisch,[2][3] was auf den Gehalt an Chelidonin, Coptisin und Protopin zurück geführt wird, auch Chelerythrin und Sanguinarin wirken zytotoxisch. In vivo wurde eine schwache Wirkung gegen Influenzaviren festgestellt. Die verschiedenen Chelidonium-Alkaloide, Flavone und Bitterstoffe wirken vor allem auf Leber und Galle: Bei innerlicher Anwendung von Schöllkrautextrakten fördern sie den Gallenfluss, regen die Leberfunktion an und haben eine entkrampfende Wirkung.[4] Schöllkrautextrakte wirken ferner schwach entzündungshemmend (antiphlogistisch) und analgetisch. In der Volksmedizin wird der Saft der Pflanze äußerlich bei Hauterkrankungen wie Warzen[5] verwendet, entweder nativ oder als Salbe („Glaucionsalbe“, lateinisch auch „Glaucina“[6]). Als Wirkprinzip werden eiweißauflösende (proteolytische) und antivirale Mechanismen diskutiert. Der Saft sowie die Salbe wirken stark reizend.
Schöllkrautbestandteile sind ferner im umstrittenen Krebsmittel Ukrain enthalten.
Das Verschlucken der Pflanze führt in größeren Mengen zu schweren Reizungen des Magen-Darm-Traktes. Entsprechend äußern sich die Symptome in Brennen, Schmerzen, Erbrechen, blutigen Durchfällen und Kreislaufstörungen. In schweren Vergiftungsfällen kann es zum Tod durch Kreislaufversagen kommen. Schöllkraut steht auch im Verdacht, toxische Leberschäden (Hepatitis, Cholestase bis hin zum Leberversagen) hervorzurufen.[7]
Etymologie
Der Name Chelidonium wurde erstmals von Dioskurides für das Schöllkraut verwendet. Nach Hegi[1] leitet sich der Name der Gattung vom griechischen Wort χελιδών (=chelidon, Schwalbe) ab und bezieht sich darauf, dass das Schöllkraut beim Eintreffen der Schwalben zu blühen beginnt. Auch das Artepitheton majus bezieht sich auf die Blütezeit der Pflanze. Aus chelidonium entwickelte sich im Althochdeutschen das Wort scheliwurz.
Historische Bemerkungen
Dem Schöllkraut wurden bereits im Altertum große Heilkräfte zugeschrieben. Im Mittelalter interpretierte man den Namen Chelidonium als caeli donum= Himmelsgeschenk. Das Schöllkraut war Sinnbild für ein ausgeglichenes Leben. Ein Amulett mit Schöllkraut konnte aggressive Menschen beruhigen.[8] Die Alchemisten versuchten aus der Wurzel Gold herzustellen. Daher rühren die Namen Goldkraut und Goldwurz. Nach der Signaturenlehre verwendete Paracelsus das Schöllkraut gegen Gelbsucht. Hieronymus Bock beschreibt in seinem Kräuterbuch[9] ausführlich die vielseitigen Anwendungen des Schöllkrauts zu seiner Zeit (1565). Albrecht Dürer litt schwer unter Malaria, Milzbeschwerden und Leberschwellung.[10] Er sandte seinem Arzt ein Selbstbildnis, auf dem er auf die schmerzenden Stellen hinzeigte. Das vom Arzt verordnete Schöllkraut half Dürer, der zum Dank ein Bild vom Schöllkraut malte. Dieses befindet sich heute in Wien in der Albertina. In der chinesischen Kräutermedizin ist das Schöllkraut ebenfalls hoch angesehen.[11]
Quellen
Literatur
- Dumonts große Kräuterenzyklopädie, DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-4607-7
- Gustav Hegi (Begr.), Friedrich Markgraf (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band IV Teil 1, Zweite Auflage, Carl Hanser Verlag, München 1958.
- Robert W. Kiger: Beschreibung in Flora of North America, Vol. 3. Online. (engl.)
- Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel Bd 1. Heilpflanzen. G. Thieme, Leipzig 1938, Olms, Hildesheim 1979. ISBN 3-487-05890-1: (Elektronische Version der Ausgabe 1935.)
- Oskar Sebald: Wildpflanzen Mitteleuropas, Wegweiser durch die Natur, ADAC-Verlag, München 1989, ISBN 3-87003-352-5
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Gustav Hegi (Begr.), Friedrich Markgraf (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band IV, Teil 1, Zweite Auflage, 1958, S. 24-26.
- ↑ 2,0 2,1 Maria L. Colombo und Enrica Bosisio: Pharmacological activities of Chelidonium majus L. (Papaveraceae). Pharmacological Research Band 33, 1996, S. 127-134.
- ↑ Entwurf des Beurteilungsberichts zu Schöllkraut vom 25. November 2010, Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der europäische Arzneimittelagentur (englisch).
- ↑ Joerg Gruenwald: PDR for Herbal Medicines. Thomson PDR 2000, ISBN 1-56363-361-2
- ↑ ARD: Ratgeber Gesundheit (BR) vom 13. September 2009, http://www.daserste.de/ratgeber/gesundheit_beitrag_dyn~uid,befxagcx770px9c6~cm.asp (Version vom 9. Februar 2010 im Internet Archive) Warzen: Was hilft wirklich dagegen?
- ↑ Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Seite 2939. Unveränderter Nachdruck der achten verbesserten und vermehrten Auflage, von Heinrich Georges, 1. Band, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1998 (Reprint der Ausgabe Hannover: Hahnsche Buchhandlung, 1913), bei www.zeno.org.
- ↑ Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft „Aus der UAW-Datenbank“: Schwere Leberschäden unter Chelidonium. Dtsch Arztebl 2002; 99(47): A-3211 / B-2707 / C-2523
- ↑ Pflanzen vor der Haustür : Das Schöllkraut, eine Pflanze, die mit Ameisen wandert. Botanischer Verein zu Hamburg, abgerufen am 6. Oktober 2012.
- ↑ Kräuterbuch des Hieronymus Bosch, S. 82-85.[1].
- ↑ Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel Bd 1. Heilpflanzen.
- ↑ C. Niu und L. He: Review of the studies on Chelidonium majus L. Zhongguo Yaoxue Zazhi Band 29, 1994, 138-140.