Saphirglas
Synthetisch hergestellte Saphirkristall-Platten werden zur Verglasung von hochwertigen Armbanduhren verwendet. Im Uhrmacher--Sprachgebrauch werden sie Saphirglas (oder Safirglas) genannt, obwohl sie eine kristalline und keine glasartige (amorphe) Struktur besitzen.
Saphir ist mit einer Mohshärte von 9 das zweithärteste aller transparenten Materialien nach dem Diamant und ist in dieser Anwendung daher besonders wegen seiner Kratzfestigkeit geschätzt.
Zusammensetzung und Herstellung
Saphirglas ist hochreiner, synthetischer Saphir (einkristallin), welcher aus geschmolzenem Aluminiumoxid hergestellt wird. Die chemische Formel lautet Al2O3, das Saphirglas zählt zu den Korunden.
Hierfür existieren verschiedene Herstellungsverfahren:
- das tiegelfreie Verneuil-Verfahren (nach der Erfindung des französischen Chemikers Auguste Verneuil 1902)
- die EFG-Methode (von engl. Edge-defined Film-fed Growth), eigentlich das Stepanov-Verfahren[1][2] zur Herstellung von flachen Rohlingen
- das Czochralski-Verfahren, erfunden vom polnischen Wissenschaftler Jan Czochralski im Jahr 1916
- das Nacken-Kyropoulos-Verfahren, benannt nach Richard Nacken und Spyro Kyropoulos (Physikalischen Institut Göttingen) im Jahr 1926.
Beim Verneuil-Verfahren wird auf ein kleines Stück Saphir in einer Kammer bei Temperaturen >2050 °C mittels Knallgasflamme Aluminiumoxid-Pulver aufgeschmolzen, sodass es zu einer Kristallbirne von ca. 30 bis 40 mm Durchmesser und ca. 11 bis 14 cm Länge aufwächst. Dieser Saphirkristall wird mittels Diamant-Trennscheiben in Scheiben geschnitten, die anschließend geschliffen und poliert werden, bis transparente Saphirkristall-Scheiben mit glänzender Oberfläche entstehen. Die Scheiben erhalten je nach Kundenvorgaben noch eine polierte Fase.
Das Wissen um die rationelle Herstellung von hochqualitativen Saphirgläsern und insbesondere die Herstellung der dafür benötigten Maschinen und Gerätschaften war lange ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis.
Eigenschaften
Saphirglas ist etwas weniger schlagempfindlich als herkömmliches Quarzglas oder Mineralglas und hat eine sehr hohe Lichtdurchlässigkeit und Lichtbrechung. Dennoch bricht auch Saphirglas unter starkem Druck von spitzen Gegenständen. Die landläufige Meinung, dass Saphirgläser absolut unzerkratzbar seien, ist übertrieben: Wenn andere sehr harte Materialien (z. B. Granit) und starker Druck (z. B. Stoß) auf das Saphirglas einwirken, können auch hier feine Kratzer entstehen, was aber sehr selten vorkommt. Öfter kann man die fälschlicherweise als „Kratzer“ bezeichneten Aufriebe von Aluminium beobachten, die beim Anstoßen auf Aluminium-Oberflächen entstehen können. Diese Aufriebe stellen eine haltbare Materialverbindung dar, lassen sich jedoch leicht mit einem Radiergummi entfernen.
Physikalische Eigenschaften von synthetischem Saphirkristall:
- hexagonale Kristallstruktur
- Dichte: ca. 4 g/cm³
- Schmelzpunkt +2050 °C
- Wärmeleitfähigkeit bei 25 °C: 42 W/(m·K)
- Druckfestigkeit bei 24 °C: 2 GPa
- Zugfestigkeit bei 24 °C: 186,4 MPa
- 100 % Säurebeständigkeit
Mit Hilfe eines elektronischen Diamantprüfgerätes, wie es zur sicheren Bestimmung von natürlichen geschliffenen Diamanten in der Schmuckbranche Anwendung findet, kann man Saphirglas von gewöhnlichem Glas sicher unterscheiden. Dieses auf der Wärmeleitfähigkeit basierende Prüfprinzip zeigt einen deutlichen Pegelauschlag nur bei Diamanten und Saphiren.
Einsatz
Da Saphirglas aufgrund seiner hohen Härte extrem kratzfest ist, wird es oft bei hochwertigen Uhren verwendet, wobei aber auch bereits Uhren unter 60 Euro mit Saphirgläsern am Markt zu finden sind.
Bei wenigen besonders hochwertigen Uhrenmarken aus Schweizer Herstellung wird das gesamte Uhrgehäuse aus Saphir hergestellt. Dadurch erhält das Produkt die Eigenschaft des Unvergänglichen, denn solche Gehäuse nutzen sich niemals ab und lassen sich auch nur schwer zerkratzen. Des Weiteren existieren sogar in Serie gefertigte mechanische Uhrwerke, deren Platinen komplett aus Saphirkristall gefertigt werden, um Einsicht ins Innere der Mechanik zu geben. Eine sehr geringe Anzahl von Herstellern und Verarbeitern von synthetischem Saphirglas beherrschen den Markt weltweit, insbesondere durch dessen aufwändige Verarbeitung in besonders komplexen Formen. Hersteller sind in Frankreich, der Schweiz, Polen und China/Hong Kong, Mauritius sowie Japan ansässig.
Gängig sind bei hochwertigen Saphiruhrgläsern spezielle Beschichtungen wie z. B. zur Entspiegelung, um die Lichtreflexion zu reduzieren. Hierbei war früher bei manchen Herstellern ein bläulicher Schimmer zu erkennen. Vor dem Jahr 2000 hergestellt, sind diese Antireflexschichten meist nicht ausreichend kratzfest. In jüngerer Zeit sind diese Beschichtungen jedoch meist nicht mehr ablösbar oder abreibbar, auch die Erkennbarkeit einer solchen Beschichtung ist meist nur durch den Effekt gegeben, dass der Betrachter gar kein Glas mehr erkennen kann. Besonders bei doppelseitig entspiegelten Saphirgläsern ist dieses Merkmal sehr ausgeprägt, der Betrachter glaubt, eine Uhr ohne Glas vor sich zu haben.
Extrem hochpreisige Mobiltelefone einiger Hersteller, deren Produkte über den gehobenen Juwelier-Fachhandel vertrieben werden, haben ein Saphirglas, wodurch die Geräte am Markt ein Alleinstellungsmerkmal erhalten - normalerweise besteht das Deckglas der Flüssigkristallanzeige aus Floatglas.