Reichstein-Synthese

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Die Reichstein-Synthese ist ein kombiniertes chemisch-mikrobiologisches Verfahren zur Herstellung von Ascorbinsäure aus D-Glucose, das in mehreren Schritten abläuft. Sie wurde vom Nobelpreisträger Tadeus Reichstein und seinen Kollegen Andreas Grüssner und Rupert Oppenauer 1933 in den Laboren der ETH in Zürich entwickelt[1][2].

Reaktionsschritte

Die einzelnen Reaktionsschritte sind:

  • Hydrierung von D-Glucose zu D-Sorbit als Startreaktion (eine rein chemische Reaktion) mit Nickel als Katalysator unter hoher Temperatur und hohem Druck
  • Mikrobiologische Oxidation (Fermentation) von D-Sorbit zu L-Sorbose (mit Acetobacter[3]) bei pH 4-6 und 30-35 °C
  • Schutz von 4 Hydroxygruppen der L-Sorbose durch Umsetzung mit Aceton und Säure zu Diaceton-L-sorbose (2,3:4,6−Diisopropyliden−α−L−sorbose)
  • Oxidation mit alkalischer Kaliumpermanganat-Lösung ergibt eine Carbonsäure, die Diaceton-2-keto-L-gulonsäure
  • Entfernung der Schutzgruppen durch Erhitzen mit Wasser ergibt 2-Keto-L-gulonsäure
  • in einem letzten Reaktionsschritt erfolgt Ringschluss (γ-Lactonisierung unter Wasserabspaltung) zu L-Ascorbinsäure.[4]
D-Glucose (1) wird katalytisch zu D-Sorbit (2) reduziert. Biochemisch erfolgt die Dehydrierung durch Mikroorganismen zu L-Sorbose (3). Bei der Reichstein-Synthese wird dieses durch Verwendung von Acetonschutzgruppen in 2,3:4,6-Diisopropyliden−α−L−sorbose (4) überführt. Anschließend erfolgt nach Oxidation und anschließender Abspaltung der Acetonschutzgruppen Ringöffnung zu 2-keto-L-gulonsäure (5). Alternativ kann 5 auch durch Sauerstoff am Platinkontakt dargestellt werden. In beiden Fällen wird dieses schließlich mit verdünnter Säure zur L-Ascorbinsäure (6) umgesetzt.


Die mikrobiologische Oxidation von D-Sorbit zu L-Sorbose ist aus stereochemischen Gründen erforderlich.

Bedeutung

Die Synthese wurde patentiert und 1933 an Hoffmann-La Roche verkauft. Das erste kommerziell hergestellte Vitamin-C-Produkt war das Cebion von Merck.

Auch heute noch basieren alle großtechnischen Verfahren zur Produktion von Ascorbinsäure mehr oder weniger auf dem von Reichstein entdeckten Syntheseweg.

Üblich ist jedoch mittlerweile die Direktoxidation von Sorbose zur 2-Keto-L-gulonsäure, z. B. an Platin-Trägerkatalysatoren (nach Kurt Heyns, 1942). Dabei wird das aufwendige Einführen von Schutzgruppen und deren anschließend notwendige Entfernung umgangen. Als Nebenprodukt entsteht bei diesem Syntheseweg 5-Keto-D-gluconsäure.[5] Daneben gibt es verschiedene Wege zur mikrobiellen Synthese, seit kurzem erlauben gentechnisch modifizierte Stämme auch eine Einschritt-Fermentation.[6]

Einzelnachweise

  1. Reichstein, T. , Grüssner, A. and Oppenauer, R. (1933): Die Synthese der d-Ascorbinsäure (d-Form des C-Vitamins), Helv. Chim. Acta 16, S. 561–565; doi:10.1002/hlca.19330160177
  2. Trommer, H., Böttcher, R. und Neubert, R.H.H. (2002): Ascorbinsäure - Ein Vitamin wie Dr. Jekyll & Mr. Hyde, Pharmazeutische Zeitung Online
  3. Wittko Francke und Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie. S. Hirzel Verlag Stuttgart; 24. überarb Auflage 2004, ISBN 3-7776-1221-9; S. 480.
  4. Reichstein, T. und Grüssner, A. (1934): Eine ergiebige Synthese der L-Ascorbinsäure (C-Vitamin), Helv. Chim. Acta 17, S. 311–328; doi:10.1002/hlca.19340170136
  5. Brönnimann, C. et al. (1994): Direct oxidation of L-sorbose to 2-Keto-L-gulonic acid with molecular oxygen on Platinum- and Palladium-based catalysts. In: J. Catal. 150(1), S. 199–211; doi:doi:10.1006/jcat.1994.1336.
  6. Hancock, RD. und Viola, R. (2002): Biotechnological approaches for L-ascorbic acid production. In: Trends in Biotechnology 20(7); S. 299–305; PMID 12062975.

Literatur

  • Boudrant, J. (1990): Microbial processes for ascorbic acid biosynthesis: a review. In: Enzyme Microb Technol. 12(5); 322–9; PMID 1366548; doi:10.1016/0141-0229(90)90159-N.
  • Bremus, C. et al. (2006): The use of microorganisms in L-ascorbic acid production. In: J Biotechnol. 124(1); 196–205; PMID 16516325; doi:10.1016/j.jbiotec.2006.01.010.

Weblinks

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