Pfadintegral

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Das Pfadintegral ist ein mathematisches Konstrukt, das in der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie verwendet wird.

Das Pfadintegral besteht aus im Grenzwert unendlich vielen, nacheinander auszuführenden ein- oder mehrdimensionalen Integralen. In der Quantenmechanik wird zum Beispiel über alle möglichen Wege zwischen zwei Punkten integriert, es gibt auch eine Verallgemeinerung in der Quantenfeldtheorie, in der über alle Feldkonfigurationen integriert wird. Da hierbei in Funktionenräumen integriert wird, spricht man auch von Funktionalintegral (Functional Integral).

Es ist zu unterscheiden von dem Kurvenintegral der Funktionentheorie und Vektoranalysis. Die Verwechslungsgefahr rührt vor allem aus dem Englischen, in dem sowohl das Pfad- als auch das Kurvenintegral path integral genannt werden, aber auch im Deutschen wird es bisweilen als Feynmansches Wegintegral oder einfach als Wegintegral bezeichnet. Zur Unterscheidung wird das Pfadintegral im Englischen auch Feynman path integral genannt, nach Richard P. Feynman, der es wiederentdeckte und systematisch untersuchte, nachdem das Konzept selbst von Paul Dirac schon 1934 entwickelt wurde (deutschsprachige Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion Bd.3, 1933, S. 64). Feynman entwickelte daraus in den 1940er Jahren eine neue Begründung der Quantenmechanik.

Die mathematische Präzisierung des Pfadintegrals fällt in die Funktionalanalysis. Das Konvergenzverhalten und die Wohldefiniertheit des Pfadintegrals sind noch nicht vollständig erforscht; es kann aber als gesichert gelten, dass die reellzeitige Formulierung nur formalen Charakter hat, während die imaginärzeitige Formulierung mit dem sogenannten Wiener-Maß in vielen Fällen exakt begründet werden kann.

Pfadintegral in der Physik

Die so genannte Pfadintegralmethode wird insbesondere in der Quantenmechanik und in der Quantenfeldtheorie verwendet.

Formel

Die Amplitude für ein Teilchen in einer Dimension, das sich zum Zeitpunkt $ t_{a} $ bei $ x_{a} $ und zum Zeitpunkt $ t_{b} $ bei $ x_{b} $ befindet, ist gegeben durch

$ \langle x_{b},t_{b}|x_{a},t_{a}\rangle =\int \limits _{x_{a}}^{x_{b}}{\mathcal {D}}x\;\exp \left({\frac {\rm {i}}{\hbar }}\int \limits _{t_{a}}^{t_{b}}\mathrm {d} t\;{\mathcal {L}}(x,{\dot {x}})\right) $
$ :=\lim \limits _{n\to \infty }{\sqrt {\frac {m}{2\pi {\rm {i}}\hbar \epsilon }}}\int \,\prod \limits _{i=1}^{n-1}\left\{{\frac {\mathrm {d} x_{i}}{\sqrt {2\pi {\rm {i}}\hbar \epsilon /m}}}\right\}\exp \left({\frac {\rm {i}}{\hbar }}\epsilon \sum \limits _{j=1}^{n}{\mathcal {L}}({\tilde {x}}_{j},{\frac {x_{j}-x_{j-1}}{\epsilon }})\right) $
$ :=\lim \limits _{n\to \infty }{\sqrt {\frac {m}{2\pi {\rm {i}}\hbar \epsilon }}}^{\ n+1}\int \limits _{-\infty }^{+\infty }\,dx_{1}\ldots \int \limits _{-\infty }^{+\infty }\,dx_{n}\ \exp \left({\frac {\rm {i}}{\hbar }}\epsilon \sum \limits _{j=1}^{n}{\mathcal {L}}({\tilde {x}}_{j},{\frac {x_{j}-x_{j-1}}{\epsilon }})\right) $

mit $ \epsilon ={\frac {t_{b}-t_{a}}{n+1}} $, wobei $ {\mathcal {L}}(x,{\dot {x}})\,\,(=p{\dot {x}}-{\mathcal {H}}(p,x)) $ die Lagrangefunktion und $ {\mathcal {H}} $ die Hamiltonfunktion ist, mit $ p={\frac {\partial {\mathcal {L}}}{\partial {\dot {x}}}} $. Die Variablen $ \,x_{j} $ können als die zum Zeitpunkt $ t_{j}:=t_{a}+j\cdot \epsilon $ angenommenen Werte interpretiert werden, wobei $ \,x_{0}=x_{a} $ und $ \,x_{n+1}=x_{b} $ fixiert sind, während die $ x_{1}\ldots x_{n} $ durch die n Integrale über alle möglichen Kombinationen hinweg durchlaufen werden. Wenn die Hamiltonfunktion explizit von der Zeit abhängt (z. B. im Wechselwirkungsbild) kann man das durch eine zusätzliche Abhängigkeit $ {\mathcal {L}}\to {\mathcal {L}}({\tilde {x}}_{j},{\frac {x_{j}-x_{j-1}}{\epsilon }},j) $ berücksichtigen. $ {\tilde {x}}_{j} $ ist ein beliebiger Zwischenwert in dem zu j gehörigen Intervall, z. B. dessen Mittelpunkt, $ {\frac {x_{j}+x_{j-1}}{2}}\,. $

Beispiel

In der klassischen Physik kann man die Bewegung von Teilchen (und zum Beispiel Lichtstrahlen) zwischen zwei Punkten A, B in Raum und Zeit mit dem Prinzip der kleinsten Wirkung (Hamiltonsches Prinzip) im Rahmen der Variationsrechnung berechnen. Die Wirkung ist das zeitliche Integral der Differenz zwischen kinetischer und potentieller Energie (Lagrangefunktion) von Startzeitpunkt, an dem sich das Teilchen in A befindet, bis zum Endzeitpunkt, an dem sich das Teilchen in B befindet. Nach dem Hamiltonschen Prinzip ist die Wirkung für den gewählten Weg minimal, ihre Variation verschwindet. Für ein freies Teilchen ohne Potential ergibt sich eine Bewegung auf einer Geraden von einem Punkt A zu einem Punkt B. Ein Beispiel, in dem der Weg keine Gerade mehr ist, ist der eines Lichtstrahls, der Medien unterschiedlicher optischer Dichte passiert (was sich mit Hilfe eines Potentials in der Lagrangefunktion beschreiben lässt), hier ist der günstigste Weg (optischer Weg) keine Gerade mehr: es kommt zur Brechung des Lichtstrahls.

Mit einem Pfadintegral integriert man in der Quantenmechanik über alle möglichen Pfade, auf denen das Teilchen von A nach B gelangen könnte und gewichtet die Pfade mit einem komplexen Phasenfaktor proportional zur Wirkung. Man nennt das auch Summe aller Pfade, obwohl hier im Endeffekt über alle Pfade integriert wird. Die Amplitude ist bei jedem Pfad gleich, aber die Phase, die von der jeweiligen Wirkung bestimmt wird, ist unterschiedlich. Der klassische Pfad zeichnet sich dadurch aus, dass bei ihm die Variation der Wirkung nach dem Hamiltonschen Prinzip verschwindet. Pfade in der Umgebung tragen also in etwa mit gleicher Phase bei, was zu konstruktiver Interferenz führt. Bei weiter entfernt liegenden Pfaden oszilliert der Integrand bei Wirkungen, die groß gegen das Plancksche Wirkungsquantum sind (klassischer Grenzfall), dagegen so schnell, dass sich die Beiträge dieser Wege gegenseitig aufheben. Sind die Wirkungen dagegen wie bei typischen quantenmechanischen Systemen in der Größenordnung des Planckschen Wirkungsquantums, tragen auch Pfade neben dem klassischen Pfad zum Wegintegral bei.

Bücher

  • Hagen Kleinert Pfadintegrale in Quantenmechanik, Statistik und Polymerphysik", Spektrum Akademischer Verlag 1993 (vergriffen, online lesbar hier). Neuste englische Auflage: Path Integrals in Quantum Mechanics, Statistics, Polymer Physics, and Financial Markets, 4th edition, World Scientific (Singapore, 2006) (auch online verfügbar)
  • Gert Roepstorff Pfadintegrale in der Quantenphysik, Vieweg 1991, 1997 (englische Übersetzung: Path integral approach to quantum physics – an introduction, Springer 1996)
  • Feynman Richard P., Hibbs Albert R., Styer Daniel F. Quantum Mechanics and Path Integrals, Emended Edition 2005, Dover Publications, 2010.

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