Peter Fromherz

Erweiterte Suche

Peter Fromherz (* 8. Oktober 1942 in Ludwigshafen am Rhein) ist ein deutscher Biochemiker und Biophysiker.

Leben und Werk

Fromherz studierte seit 1961 Chemie an der Universität Karlsruhe, wo er 1966 mit dem Diplom abschloss. 1969 wurde er bei Hans Kuhn an der Universität Marburg zum Dr. rer. nat. promoviert. Anschließend arbeitete er bis 1981 am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, wo er sich 1978 im Fach Physikalische Chemie habilitierte. Von 1981 bis 1994 war er ordentlicher Professor für Experimentalphysik (Biophysik) an der Universität Ulm, um dann als Direktor und Wissenschaftliches Mitglied ans Max-Planck-Institut für Biochemie zu wechseln, wo er die Abteilung Membran- und Neurophysik leitet. Außerdem ist er seit 1994 Honorarprofessor an der Technischen Universität München.

Fromherz arbeitet an hybriden Hirn-Halbleiter-Systemen, der Verbindung von Nervenzellen und Computerchips. 1991 löste der das Problem, dass Chips mit Elektronen arbeiten, Nervenzellen aber Ionen zum Ladungstransport verwenden, indem er auf dem Chip eine dünne Siliziumdioxidschicht und darauf die Nervenzelle aufbrachte. Die Halbleiterelemente können so das elektrische Feld der Nervenzelle registrieren und an das Computersystem weiterleiten.[1] Damit war eine nichtinvasive Neuron-Silizium-Kopplung gelungen. Die umgekehrte Richtung, also die Stimulation von Nervenzellen durch Computerchips glückte ihm 1995.[2] Da die bis dahin von ihm genutzten Blutegel-Nervenzellen in Kultur keine synaptischen Kontakte untereinander knüpfen, nutzte er später Neuronen der Spitzschlammschnecke. Er konnte mehrere isolierte Zellen auf den Chip verpflanzen und beobachten, wie sie zu einem Nervennetz zusammenwuchsen.[3] Später gelang dies auch mit den kleineren Ratten-Nervenzellen. Anwendungen solcher Neurochips sind die Grundlagenforschung und die Entwicklung von Arzneimitteln: Man testet Psychopharmaka an Nervenzellen, die auf einem Chip leben. Die Wirksamkeit des Prinzips zeigte er 2007.[4]

Veröffentlichungen

Fromherz publizierte mehr als 150 Arbeiten, darunter:

  • Lipid-Protein-Filme zum Bau einfacher organisierter Systeme. Dissertation, Marburg 1969
  • Synthese und Analyse eines Enzym-Lipid-Farbstoff-Verbandes zwischen Elektrolyt und Halbleiter. Habilitationsschrift, Marburg 1977
  • Interfacing von Nervenzellen und Halbleiterchips, in Müller-Krumbhaar, Wagner (Herausgeber) Und er würfelt doch, Wiley/VCH 2001 (auch Physikalische Blätter 2001)

Auszeichnungen

Fromherz ist seit 1992 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und seit 2003 der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

  • 1988: Merckle Forschungspreis[5]
  • 1998: Julius-Springer-Preis für Angewandte Physik
  • 2004: Philip Morris Forschungspreis

Literatur

  • Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. 2007, ISBN 3-598-23616-6, S. 941.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. P. Fromherz, A. Offenhäusser, T. Vetter und J. Weis: A Neuron-Silicon-Junction: A Retzius-Cell of the Leech on an Insulated-Gate Field-Effect Transistor. In: Science. Band 252, 1991, S. 1290-1293
  2. Peter Fromherz und Alfred Stett: Silicon-Neuron Junction: Capacitive Stimulation of an Individual Neuron on a Silicon Chip. In: Physical Review Letters. Band 75, 1995, S. 1670-1673
  3. Günther Zeck und Peter Fromherz: Noninvasive Neuroelectronic Interfacing with Synaptically Connected Snail Neurons Immobilized on a semiconductor chip. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 98, 2001, S. 10457-10462
  4. Ingmar Peitz, Moritz Voelker und Peter Fromherz: Ein rekombinanter Serotonin-Rezeptor auf einem Transistor als Prototyp für zellbasierte Biosensoren. In: Angewandte Chemie. Band 119, Nr. 30, 2007, S. 5889-5892
  5. Liste der Merkle Forschungspreisträger auf Seiten der Uni-Ulm

Die cosmos-indirekt.de:News der letzten Tage

29.05.2023
Elektrodynamik | Festkörperphysik | Quantenoptik
Informationen schneller fließen lassen – mit Licht statt Strom
Entweder 1 oder 0: Entweder es fließt Strom oder eben nicht, in der Elektronik wird bisher alles über das Binärsystem gesteuert.
25.05.2023
Kometen und Asteroiden | Biophysik
Meteoritisches Eisen: Starthilfe bei der Entstehung des Lebens auf der Erde?
Forscher haben ein neues Szenario für die Entstehung der ersten Bausteine des Lebens auf der Erde vor rund 4 Milliarden Jahren vorgeschlagen.
24.05.2023
Festkörperphysik | Astrophysik
Das Verhalten von Sternmaterie unter extremem Druck
Einem internationalen Team von Forscher*innen ist es in Laborexperimenten gelungen, Materie unter solch extremen Bedingungen zu untersuchen, wie sie sonst nur im Inneren von Sternen oder Riesenplaneten vorkommt.
23.05.2023
Quantenphysik | Quantencomputer
Turbo für das Quanteninternet
Vor einem Vierteljahrhundert machten Innsbrucker Physiker den ersten Vorschlag, wie Quanteninformation mit Hilfe von Quantenrepeatern über große Distanzen übertragen werden kann, und legten damit den Grundstein für den Aufbau eines weltweiten Quanteninformationsnetzes.
18.05.2023
Teilchenphysik | Quantencomputer
Quantenschaltkreise mit Licht verbinden
Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen, ein weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt.
17.05.2023
Relativitätstheorie | Quantenphysik
Gekrümmte Raumzeit im Quanten-Simulator
Mit neuen Techniken kann man Fragen beantworten, die bisher experimentell nicht zugänglich waren – darunter auch Fragen nach dem Zusammenhang von Quanten und Relativitätstheorie.
16.05.2023
Sonnensysteme | Planeten | Geophysik
Die Kruste des Mars ist richtig dick
Dank eines starken Bebens auf dem Mars konnten Forschende der ETH Zürich die globale Dicke der Kruste des Planeten bestimmen.
11.05.2023
Sterne | Teleskope
Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen
Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen.
10.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik | Quantencomputer
Verschränkte Quantenschaltkreise
ETH-Forschenden gelang der Nachweis, dass weit entfernte, quantenmechanische Objekte viel stärker miteinander korreliert sein können als dies bei klassischen Systemen möglich ist.
10.05.2023
Exoplaneten | Geophysik
Widerspenstiger Exoplanet lüftet seinen Schleier (ein bisschen)
Einem internationalen Forschungsteam, an dem das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, ist es nach fast 15 Jahren vergeblicher Anstrengungen gelungen, einige Eigenschaften der Atmosphäre des Exoplaneten GJ 1214 b zu ermitteln.
10.05.2023
Atomphysik
Forschende beschreiben flüssigen Quasikristall mit zwölf Ecken
Einen ungewöhnlichen Quasikristall hat ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Sheffield und der Jiaotong-Universität Xi'an gefunden.
08.05.2023
Quantenphysik
Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren
In der Quantenforschung braucht man maßgeschneiderte elektromagnetische Felder, um Teilchen präzise zu kontrollieren - An der TU Wien zeigte man: maschinelles Lernen lässt sich dafür hervorragend nutzen.
06.05.2023
Teilchenphysik | Kernphysik
Elektronen-Rekollision in Echtzeit auf einen Schlag verfolgt
Eine neue Methode erlaubt, die Bewegung eines Elektrons in einem starken Infrarot-Laserfeld in Echtzeit zu verfolgen, und wurde am MPI-PKS in Kooperation zur Bestätigung theoretischer Quantendynamik angewandt.
05.05.2023
Satelliten und Sonden | Quantenoptik
GALACTIC: Alexandrit-Laserkristalle aus Europa für Anwendungen im Weltraum
Alexandrit-Laserkristalle eignen sich gut für den Einsatz in Satelliten zur Erdbeobachtung.
04.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik
Nanophysik: Wo die Löcher im Flickenteppich herkommen
Patchwork mit Anwendungspotenzial: Setzt man extrem dünne Halbleiternanoschichten aus Flächen zusammen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, so finden sich darin Quasiteilchen mit vielversprechenden Eigenschaften für eine technische Nutzung.
03.05.2023
Sterne | Teleskope
Astronomen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne
Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat.