Optisches Gitter
Optische Gitter, auch Beugungsgitter oder Mehrfachspalt genannt, sind periodische Strukturen zur Beugung von Licht. Alltagsbeispiele sind CDs und feine Kämme. Die Gitterkonstante ist die Periode des Gitters, typische Werte sind 0,5 µm bis 10 µm. Alle Typen von Gittern bestehen aus parallelen, linienartigen Strukturen:
- Spalte in undurchsichtigem Material oder undurchsichtige Stege auf einer transparenten Platte (Draht-, Spalt- oder Strichgitter)
- Stege oder Furchen auf einer reflektierenden Fläche (Reflexionsgitter)
Gitter wirken durch Beugung: Das Licht der einzelnen Spalte interferiert und bildet ein Interferenzmuster. Monochromatisches Licht wird in wenige verschiedene Richtungen (exakt: in Maxima verschiedener Ordnung) abgelenkt. Die Ablenkungswinkel hängen von der Gitterkonstante $ g $ und der Wellenlänge $ \lambda $ ab, größere Ablenkungswinkel entsprechen höheren Ordnungen $ n $. Polychromatisches (z. B. weißes) Licht wird in sein Spektrum aufgefächert ähnlich wie bei einem Prisma. Ganz nahe am Gitter interferiert das Licht zu Kopien der Gitterstruktur (Talbot-Effekt).
Gitter wurden 1785 von David Rittenhouse erfunden, 1821 baute auch Joseph von Fraunhofer Gitter.
Anwendung
Optische Gitter werden in optischen Messeinrichtungen zur Monochromatisierung der Strahlung (Monochromator) sowie zur Analyse von Spektren (optisches Spektrometer) eingesetzt. Ebenso werden damit Laser frequenzstabilisiert (siehe Braggreflektor, DFB-Laser), kurze Laser-Impulse hoher Leistung verstärkt und in Lasershows Punktmuster erzeugt. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Kanaltrennung bzw. -zusammenführung in der optischen Datenübertragung.
Gittertypen
Unterscheidungsmerkmale für Gittertypen sind:
- Herstellungsverfahren: Man unterscheidet zwischen mechanisch hergestellten (z. B. mit Diamantsticheln geteilten) und holografischen (=optisch erzeugten) Gittern. Eine seltener verwendete Methode besteht in der Abbildung von Masken in einen Fotolack.
- Funktionsweise: Es wird zwischen Transmissions- und Reflexionsgittern unterschieden.
- Transparenz: Es wird zwischen Amplitudengittern (absorbierenden Gittern) und Phasengittern (Umformen der Wellenfront) unterschieden
Eine neuere Entwicklung sind abbildende Gitter, die sowohl holografisch als auch – in Grenzen – durch mechanische Teilung hergestellt werden können.
Ein Spezialfall sind Röntgengitter, bei denen die (Röntgen-) Beugung an den periodischen Gitterstrukturen eines Kristalls geschieht. Weil hier die Gitterkonstanten von der Größenordnung eines Atomdurchmessers sind, eignen diese sich für sehr kurze Wellenlängen.
Transmissionsgitter
Transmissionsgitter sind Amplitudengitter. Sie bestehen aus einer Abfolge von durchlässigen und undurchlässigen Bereichen (Lücken und Stege). Sie besitzen deshalb den inhärenten Nachteil, dass durch die Stege ein Teil des einfallenden Lichts reflektiert oder absorbiert wird und damit nicht zur Intensität des entstehenden Spektrums beiträgt. Bei einem Steg-Lücke-Verhältnis von 1:1 sind das 50 %.
Drahtgitter
1820 benutzte Joseph von Fraunhofer Drähte, die er dicht nebeneinander spannte. Ebenso wirken feine Gewebe (z. B. Regenschirm als Beispiel eines 2D-Gitters).
Ein Drahtgitter ist auch das oben abgebildete Röntgenbeugungsgitter.
Drahtgitter können auch bei Mikrowellen, Millimeterwellen, Terahertzstrahlung und im mittleren/fernen Infrarot zum Einsatz kommen, sie besitzen dann entsprechend große Gitterkonstanten.
Laminargitter
Laminargitter werden dort verwendet, wo es Substratmaterialien gibt, die für den Bereich der Anwendungswellenlängen transparent sind. Sie bestehen dementsprechend aus Streifen aus Metall oder absorbierendem Material, die auf das Substrat aufgebracht bzw. auf diesem erzeugt werden. Die Gitterstrukturen können auf dem Wege der Holografie, d. h. durch Interferenz zweier kohärenter Laserstrahlen, direkt auf einem mit Fotolack beschichteten Glas- oder Kunststoffsubstrat erzeugt werden. Man kann mit dieser Technik Furchendichten bis zu mehreren 1000 Linien pro Millimeter erzeugen.
Reflexionsgitter
Reflexionsgitter sind Phasengitter. Sie funktionieren so, dass für bestimmte Winkel und Wellenlängen Elementarwellen in benachbarten Bereichen (z. B. Steg und Lücke eines Kastenprofils) einen Gangunterschied von einem ganzzahlig Vielfachen der Wellenlänge haben, was zu konstruktiver Interferenz führt. Reflexionsgitter sind im Allgemeinen effizienter als Transmissionsgitter, weil im Idealfall die gesamte Strahlungsleistung – abzüglich des Reflexionsverlusts und eventueller Abschattungsverluste – zur gebeugten Leistung beiträgt.
Mechanisch geteilte Blazegitter
In Monochromatoren und Spektrometern werden häufig so genannte Sägezahn- oder Blazegitter eingesetzt. Dies sind Gitter mit einem Sägezahn-ähnlichen Profil, wobei die an der konstruktiven Interferenz beteiligten Blazeflächen dem langen Schenkel des Sägezahns entsprechen. Der Winkel zwischen Blazefläche und Substrat (der Blazewinkel) kann so gewählt werden, dass möglichst viel Licht einer bestimmten Wellenlänge in eine bestimmte Beugungsordnung fällt. Dies ist dann erreicht, wenn für ein- und ausfallende Strahlung gleichzeitig auch die Reflexionsbedingung bezüglich der Blazefläche gilt. Im Idealfall kann so eine Beugungseffizienz 100 % erreicht werden.
Bei der mechanischen Teilung können die Blazewinkel in weiten Bereichen variiert werden, weshalb man die Technik trotz ihrer Nachteile gerne zur Herstellung von Blazegittern verwendet. Bei der mechanischen Teilung werden mit einem geeignet geschliffenen Diamantstichel in einer Metalloberfläche parallele Furchen erzeugt. Dabei wird das zu teilende Material (häufig Gold) plastisch verformt. Bei korrekter Einstellung der Stichelwinkel und geeignetem Diamantschliff erreicht man, dass ein Aufwurf mit sauberem Sägezahnprofil entsteht. Der Physiker Henry Augustus Rowland verbesserte 1882 die Herstellung mechanisch geteilter Gitter entscheidend, indem er die Präzision des Verfahrens erheblich verbesserte; man spricht daher auch von Rowland-Gitter. Außerdem gelang ihm als erstem die Teilung auf konkaven Substraten.
Holografische Gitter
Reflexionsgitter können auch fotolithografisch bzw. holografisch hergestellt werden. Dazu werden zwei kohärente Teilstrahlen eines Lasers im Photolack eines Substrats zur Interferenz gebracht. Das Interferenzmuster erzeugt Bereiche mit starker und schwächerer Belichtung. Bei der anschließenden Entwicklung wird (je nach Art des Entwicklers) einer der beiden Bereiche bevorzugt abgetragen. Es ist unmittelbar einsichtig, dass auf diese Weise Laminarprofile erzeugt werden können. Es ist aber in engeren Grenzen auch möglich, Blazeprofile holografisch herzustellen.
Ein wichtiger Vorteil des fotolithografischen Verfahrens besteht darin, dass Gitter auch auf stark gekrümmten Substratoberflächen hergestellt werden können. Ein weiterer Vorteil mag darin liegen, dass potenziell eine größere Anzahl von Originalen in vergleichsweise kurzer Zeit angefertigt werden kann, wenn der Aufbau erst einmal steht und der Laser stabil arbeitet.
Abbildende Gitter
Die Kombination eines Gitters mit einer konkaven Oberfläche, die also einen Hohlspiegel bildet, hat den Vorteil, dass dadurch die gebeugte Strahlung gleich fokussiert wird, ohne dass weitere optische Elemente nötig sind. Allerdings ist diese Fokussierung noch mit den typischen Abbildungsfehlern eines Hohlspiegels behaftet. Man kann jedoch das Gitterdesign so modifizieren, dass es diese Fehler korrigiert.
Ein weitergehendes Beispiel sind die sogenannten flat-field-Gitter. In dem oben beschriebenen Fall liegen die Fokusse der verschiedenen Wellenlängen nicht auf einer Ebene sondern auf einer gekrümmten Fläche. Moderne Detektor-Arrays, wie sie gerne in Kompaktspektrometern eingesetzt werden, sind jedoch üblicherweise eben. Deshalb werden die Parameter des Holografieaufbaus so korrigiert, dass die Fokusse aller Wellenlängen eines interessierenden Bereichs in einer Ebene liegen. Bei derartigen Gittern sind die beugenden Strukturen weder gerade noch parallel noch gleichabständig. Es handelt sich bereits um relativ komplexe Hologramme.
Auch mechanisch geteilten Gittern kann eine abbildende Wirkung mitgegeben werden. Bei sogenannten Chirp-Gittern wird die Gitterkonstante nach Vorgabe über die Gitterfläche variiert. Dadurch kann z. B. eine Fokussierung in der Ebene senkrecht zu den Gitterfurchen erzielt werden.
Replika
Zur Produktion größerer Stückzahlen wird auf Replikatechniken zurückgegriffen.
Eine Replika hat interessanterweise eine bessere Qualität (Streulicht und höhere Ordnungen vermindert) als das Original. Bei der Fertigung mit einem Diamantstichel sind die erzeugten Furchen sehr präzise in ihrer Form, aber die Kanten zu den Nachbarfurchen haben einen leichten unvermeidlichen Grat. Durch den Abdruck wird das Problem beseitigt. Jetzt liegen die Kopien der störenden Grate in der „Talsohle“ und die präzisen Furchen bilden die Spitzen des Gitters. Die Abdrücke werden auf eine Glasplatte gekittet und für Reflexionsgitter noch mit Metall bedampft. Die Gitterqualität ist so gut, dass sie nur von holografisch erzeugten Gittern übertroffen wird. Die Fertigung gleicht derjenigen einer CD-ROM, spielt sich allerdings wegen der erheblich kleineren Stückzahlen auf Manufakturniveau ab. Durch die Replikationstechnik ist man nicht auf den mechanischen Teilungsprozess bzw. die holografische Fertigung angewiesen, die beide einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand erfordern und mit hohen Ausfallrisiken behaftet sind.
Funktion
Gittergleichung
Gitter erzeugen bei Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge eine Serie von Linien konstruktiver Interferenz. Bei Transmissionsgittern liegen diese beiderseits der Richtung des einfallenden Strahls („nullte Ordnung“). Die Winkel dieser Richtungen ergeben sich bei senkrechtem Einfall aus der Beziehung für den Gangunterschied $ d\, $:
- $ d=n\cdot \lambda =g\cdot \sin(\varphi ),\quad n\in \mathbb {Z} $ (Hauptmaxima bei senkrechtem Einfall)}
mit:
- $ \lambda $ = Wellenlänge,
- $ g\, $ = Gitterkonstante,
- $ \varphi $ = Ablenkwinkel,
- $ n\, $ = Ordnung des Hauptmaximums (je höher die Ordnung, desto geringer die Intensität)
Licht, das auf ein Beugungsgitter auftrifft, wird vergleichbar zum Doppelspaltexperiment gebeugt, die so entstehenden Elementarwellen interferieren und bilden so ein Gitterspektrum.
Für die Hauptmaxima gilt:
- $ \lambda ={\frac {g\cdot \sin \varphi _{n}}{n}} $
Bei $ N $ an der Beugung beteiligten Gitterelementen ergeben sich zwischen zwei Hauptmaxima jeweils $ N-1 $ Minima bzw. Dunkelrichtungen. Deshalb werden die Hauptmaxima mit zunehmendem $ N $ schärfer; die Nebenmaxima werden zwar zahlreicher, aber schwächer. Somit steigt das Auflösungsvermögen.
Selbst bei nicht senkrechtem Einfall im Winkel $ \varphi _{i} $ entspricht die nullte Ordnung weiterhin dem Verhalten einer Glasscheibe (Transmissionsgitter) bzw. eines Spiegels (Reflexionsgitter), dieses Licht bleibt also unverändert und reduziert die Wirkung des Gitters (Abhilfe durch Blazegitter). Genauer beträgt der Gangunterschied
- $ d=g\cdot (\sin(\varphi )+\sin(\varphi _{i})) $
Intensitätsberechnung mit Fourier-Optik
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass das Gitter mit monochromatischem Licht bestrahlt wird. Um die genaue Intensitätverteilung im Fernfeld des Gitters zu berechnen, nutzt man die Methoden der Fourieroptik. Die Blendenfunktion des Gitters setzt sich wie folgt zusammen:
- Ein einzelner Spalt mit Breite b lässt sich mit der Rechteckfunktion $ \operatorname {rect} _{b}(x) $ beschreiben.
- Um zunächst unendlich viele Spalte mit gleichem Abstand d zu erhalten, faltet man den Einzelspalt mit einem Dirac-Kamm $ \Delta _{d}(x)=\sum _{-\infty }^{\infty }\delta (x-nd) $.
- Die räumliche Begrenzung des Gitters wird durch die Multiplikation des gefalteten Dirac-Kamms mit einer Rechtecksfunktion $ \operatorname {rect} _{B}(x) $ im x-Raum beschrieben. B ist dabei die Gesamtbreite des Gitters.
Die vollständige Blendenfunktion ist also:
$ A(x)=\operatorname {rect} _{B}(x)\cdot \left(\operatorname {rect} _{b}(x)*\left(\Delta _{d}(x)\right)\right) $
Mit dem Kirchhoffschen Beugunsintegral lässt sich zeigen, dass das Beugungsmuster der Fouriertransformierten der Autokorrelation der Blendenfunktion entspricht.
Nach dem Baukastenprinzip und dem Faltungstheorem lässt sich die Fouriertransformierte der Blendenfunktion aus den Fouriertransformierten deren einzelner Komponenten zusammensetzen.
$ {\mathcal {F}}[\operatorname {rect} _{b}(x)](k)=b\cdot \operatorname {sinc} \left({\frac {b}{2}}k\right)=2{\frac {\sin \left({\frac {b}{2}}k\right)}{k}} $
$ {\mathcal {F}}[\Delta _{d}(x))](k)={\frac {1}{d}}\Delta _{1/d}(k) $
Die Fouriertransformierte des Delta-Kamms macht deutlich, dass ein kleinerer Abstand der Gitterspalte im x-Raum zu einem größeren Abstand der Minima und Maxima im k-Raum führt -- und umgekehrt.
Damit ergibt sich für die Intensitätsverteilung, als Quadrat der Amplitudenverteilung:
$ I(k)=I_{0}\cdot \left(\operatorname {sinc} \left({\frac {B}{2}}k\right)*\left(\operatorname {sinc} \left({\frac {b}{2}}k\right)\cdot {\frac {1}{d}}\Delta _{1/d}(k)\right)\right)^{2} $
In vielen Fällen kann die endliche Breite des Gitters, die die Faltung im k-Raum bewirkt, vernachlässigt werden. Diese Methode ist jedoch derjenigen vorzuziehen, die die Begrenzung des Gitters mit einer endlichen Summe statt des unendlich langen Deltakamms beschreibt.
Auflösungsvermögen
Das Auflösungsvermögen eines Gitters ergibt sich nach dem Rayleigh-Kriterium somit zu
- $ {\frac {\lambda }{\Delta \lambda }}=nN $
wobei $ n $ die Ordnung des Maximums und $ N $ die Anzahl ausgeleuchteter Linien ist.
Herstellerspezifikationen
Hersteller geben für angebotene Gitter immer die mechanischen Abmessungen an, wodurch der nutzbare Strahldurchmesser festgelegt wird, sowie die Gitterkonstante, die allerdings typischerweise in „Linien/Millimeter“ angegeben wird. Bei Blaze-Gittern wird der Winkel angegeben sowie diejenige Wellenlänge, für die das Gitter durch Gitterkonstante und Blaze-Winkel optimiert ist. Bei holographischen Gittern wird dagegen immer ein ganzer Wellenlängenbereich angegeben, für den das Gitter ausgelegt ist.
Alltagsbeispiel
CDs weisen Spurabstände um 1,6 µm auf, so dass sie sich direkt als Gitter für den sichtbaren Teil des elektromagnetischen Spektrums (Wellenlängen 400–700 nm) eignen. Entsprechend sieht man ein deutlich aufgefächertes Farbspektrum, wenn man weißes Licht von einer CD reflektieren lässt. DVDs haben praktisch die gleiche Wirkung wie CDs.
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