Molekularküche
- Seiten, die Referenzierungsfehler enthalten
- Wikipedia:Belege fehlen
- Gastronomie
- Kochen
- Chemie
Die Molekulargastronomie oder auch Molekularküche befasst sich mit den biochemischen und physikalisch-chemischen Prozessen bei der Zubereitung und beim Genuss von Speisen und Getränken. Die Molekularküche setzt Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Untersuchung biochemischer, physikalischer und chemischer Prozesse bei der Zubereitung von Speisen und Getränken um, die mit der Änderung von Texturen einzelner Produkte oder allgemein mit den Wechselwirkungen zwischen physikalisch-chemischen Prozessen und Veränderungen eines Produkts zu tun haben.[1]
Geschichte
Der Begriff „Molekulargastronomie“ wurde um 1990 von Hervé This geprägt, bereits 1992 fand in Sizilien das erste internationale Arbeitstreffen über molekulare und physikalische Gastronomie statt. Als Ziel dieser angewandten Wissenschaft nennt This: althergebrachte Rezepte zu erklären, sie womöglich zu verbessern, und mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen neue Rezepte zu kreieren.
Hervé This war allerdings nicht der erste, der sich der naturwissenschaftlichen Betrachtung von Kochvorgängen widmete. Bereits einige Jahre zuvor hatte Nicholas Kurti mit dem Aufsatz „The Physicist in the Kitchen“ die Grundlagen für die moderne Molekulargastronomie verfasst. Von Kurti stammt auch der von This gern zitierte Satz: „Es ist absurd, dass wir über die Temperatur im Zentrum der Sonne mehr wissen als über jene im Inneren eines Soufflés.“
Das veränderte Verhalten von Strukturen in Lebensmitteln durch mechanische Einwirkungen, durch Temperaturveränderungen oder durch Verwendung von Zusatzstoffen wie Alginate beschäftigt die sich mit dem Thema befassenden Wissenschaftler und Köche. Sie interessiert weniger die Frage, wann die richtige Garzeit für Fleisch und Fisch erreicht ist oder wie lange ein Soufflé im Ofen bleiben muss. Für sie ist vielmehr wichtig zu wissen, warum das alles passiert, um daraus auch Erkenntnisse für andere Zubereitungsprozesse ziehen zu können. Thomas A. Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz zählt zu den bekanntesten deutschen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Molekularküche. International haben vor allem Hervé This, Harold McGee, Nicholas Kurti und Peter Barham[1] große Entwicklungsarbeit geleistet.
Aus diesem naturwissenschaftlichen Ansatz hat sich ein neuartiger Stil der Haute Cuisine entwickelt, der Molekularküche genannt wird, aber letzten Endes nur eine angewandte Molekularküche ist. Sein bekanntester internationaler Vertreter ist der spanische Koch Ferran Adrià. Der spanischstämmige Drei-Sterne-Koch Juan Amador arbeitete in seinem Restaurant in Langen ebenfalls in diesem Bereich, lehnt jedoch für sich die Bezeichnung Molekularküche ab. Einflussreichster molekular inspirierter Koch in Deutschland ist Heiko Antoniewicz, der mit seinen Seminaren und Büchern in den letzten Jahren tausenden Köchen diese moderne Art des Kochens näher gebracht hat. International zählen neben Ferran Adrià die Köche Heston Blumenthal, Grant Achatz und Marc Veyrat zu den bedeutendsten Spitzenköchen auf dem Gebiet der molekular inspirierten Avantgardeküche. Weitere wichtige Vertreter sind die Spanier Martin Berasategui, Juan Arzak, Joan Roca, Luiz Aduriz und Quique Dacosta sowie Homaru Cantu in (Chicago), Sergio Herman (Niederlande) und Rene Redzepi (Dänemark).
In Deutschland ist der Naturwissenschaftler und Physiker Thomas Vilgis ein bekannter Experte für Molekulargastronomie. Er forscht wissenschaftlich auf dem Gebiet und publiziert zudem auch populärwissenschaftliche Bücher und Artikel zum Thema.
Methoden
Die angewandte Molekularküche nutzt auch Erkenntnisse aus der modernen Lebensmitteltechnologie, um Gerichte mit völlig neuartigen Eigenschaften zu erzeugen, wie zum Beispiel Schäume, Airs, warme Gelees, heißes „Eis“, das beim Abkühlen im Mund schmilzt, Bonbons aus Olivenöl oder „Kaviar“ aus Melonen. Durch die überraschenden Kombinationen von Aromen, süß und salzig, Temperaturen und Texturen sind diese Gerichte zugleich „Schule der Wahrnehmung“ und nähern sich den Methoden der modernen Kunst.
Genutzt werden in der molekular inspirierten Küche auch verschiedene Geräte, die aus dem Laborbedarf stammen. Hierzu zählt in erster Linie das temperaturkontrollierte Wasserbad, das ein Niedrigtemperaturgaren unter Vakuum („sous vide“) über lange Zeit ermöglicht. Weiterhin zu nennen wäre der Rotationsverdampfer zur Herstellung von Extrakten, Aromasalzen und Destillaten.
Typische Gerichte
Eine berühmte Kreation der molekular inspirierten Küche ist der sphärische Melonenkaviar von Ferran Adrià. In Sachen Flavour Pairing kann auch Heston Blumenthals Lachs mit Lakritzsauce dazu gezählt werden.
Die molekular inspirierte Küche nutzt eine Vielzahl von natürlichen Grundprodukten, darunter auch Texturgeber, die als vielseitige und vegetarische Alternativen zu Gelatine eingesetzt werden. Dazu zählen Xanthan (E 415) oder die aus Algen gewonnenen Stoffe Agar Agar und Alginat, aber auch Johannisbrotkernmehl sowie Guarkernmehl.
Literatur
- Heiko Antoniewicz: Starter-Set Molekulare Küche: Baukasten mit 10 Texturgebern und Buch "Molekulare Basics". Matthaes Verlag, Stuttgart, 2008, ISBN 978-3-87515-033-9.
- Heiko Antoniewicz / Klaus Dahlbeck: "Verwegen kochen", Matthaes Verlag Stuttgart 2008, ISBN 978-3875150247.
- Peter Barham: Die letzten Rätsel der Kochkunst. Springer, Berlin, Heidelberg 2003.
- Harold McGee: What’s Cooking in Chemistry? How Leading Chemists Succeed in the Kitchen. Wiley-VCH, Weinheim 2003, ISBN 3-527-30723-0.
- Harold McGee: On Food and Cooking. The Science and Lore of the Kitchen. Scribner, New York 2004, ISBN 0-684-80001-2.
- Gabriele Randel: Molekulare Cocktails. Umschau, Neustadt an der Weinstraße 2007, ISBN 978-3-86528-640-6.
- Hervé This-Benckhard: Rätsel der Kochkunst. Naturwissenschaftlich erklärt. Springer, Heidelberg 1996, ISBN 3-540-61113-4.
- Hervé This-Benckhard: Kulinarische Geheimnisse. 55 Rezepte – naturwissenschaftlich erklärt. Springer, Heidelberg 1998, ISBN 3-492-22774-0.
- Thomas A. Vilgis: Die Molekül-Küche. Physik und Chemie des feinen Geschmacks. Hirzel, Stuttgart 2006, ISBN 3-7776-1370-3.
- Thomas A. Vilgis: Molekularküche. Das Kochbuch. Tre Torri, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-937963-58-7.
Weblinks
- Journal Culinaire – Website mit Aufsätzen zum Thema
- Buchkritik – „Kochen mit Physik“, Deutschlandradio, 15. November 2005, Rezension
- „molecular gastronomy and the science of cooking“ – Website und Kommentare von Martin Lersch (engl.)
- „Virtuelles Sushi“, Wirtschaftswoche, 28. Januar 2007, Nr. 5
- "Kochen bei Minus 196 Grad" – Online-Beitrag von einem molekularen Kochkurs, Der Westen, 15. November 2008
- Informationsseite zur molekularen Küche – E-Book mit detaillierter Beschreibung einiger Techniken der molekularen Küche
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Peter Barham,Leif H. Skibsted, Wender L. P. Bredie, Michael Bom Frøst, Per Møller, Jens Risbo, Pia Snitkjær, Louise Mørch Mortensen: Molecular Gastronomy: A New Emerging Scientific Discipline, Chemical Reviews 2010, 110, 2313–2365. Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „Barham“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.