Stranggießen

Stranggießen

(Weitergeleitet von Gießbogen)

Stranggießen oder Strangguss – Produkt und Fertigungstechnik insoweit gleichsetzend – ist ein Verfahren sowohl zur diskontinuierlichen, als auch kontinuierlichen Herstellung von Walzbarren und Pressbolzen, auch Ronden genannt, aus Eisen- und Nichteisenlegierungen. Im Stahlwerk ist zudem die Bezeichnung Walzbrammen noch gebräuchlich.[1]

Technik

Die Technik des Stranggießens unterscheidet sich nur wenig, ob nun Stähle, Kupferlegierungen oder Aluminium verarbeitet werden. Der wesentliche Unterschied liegt bei den Temperaturen, die von ca. 700 °C bei reinem oder legiertem Aluminium bis 1400 °C bei Stahl reichen. Versuche, kontinuierlich zu gießen, reichen in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Entscheidende Fortschritte wurden ab 1930 erzielt (Junghans-Rossi-Verfahren für Leicht- und Schwermetalle).

Entsprechend der Kokillenanordnung wird zwischen horizontalem und vertikalem Stranggießen unterschieden, wobei ersteres speziell bei Kupferlegierungen und kleinformatigen Strängen angewandt wird. Einfachkokillen, die nur einen viereckigen Walzbarren erzeugen, sind auf große Gewichte, bzw. Durchmesser der Rundbarren beschränkt. Barrengewichte von 30 und mehr Tonnen sind Stand der Technik. Besonders beim Gießen von Rundbarren (auch Ronden oder Pressbolzen genannt) kommen dagegen Kokillensysteme zum Einsatz, die es ermöglichen, bis zu 32 Ronden mit Durchmessern im Bereich von 120–150 mm gleichzeitig zu gießen.

Im Gegensatz zum individuell geformte Gussstücke hervorbringenden Kokillenguss ist Strangguss ein semikontinuierliches bis kontinuierliches Verfahren. Bei semikontinuierlich arbeitenden Anlagen bestimmt deren Bauhöhe die maximale Länge des jeweiligen Stranggussprodukts. Kontinuierliche Arbeit bedeutet Gießen eines Endlosstranges. Dieser kann entweder durch eine Säge („fliegende Säge“) unterteilt werden, sobald ein Strangabschnitt ausreichend erstarrt ist, oder der Strang wird zum Bogen umgelenkt und verlässt die Anlage als horizontaler Strang. Diese Technik wird unter Anderem bei der Herstellung von Stranggussmasseln für Formgießereien, oder bei der Verarbeitung von Kupferwerkstoffen zu Stangenmaterial oder Rohren verwendet. Auch bei Strangguss aus Kupferlegierungen[2] wird sowohl horizontal als auch vertikal gegossen.

Halbzeug werden die Stranggussprodukte deshalb genannt, weil sie sich bis zum Endprodukt noch weiteren Bearbeitungsgängen unterziehen müssen. Walzen, Pressen und Tiefziehen kommen mehrheitlich zur Anwendung, verbunden mit einer vorausgehenden zeitlich terminierten Auslagerung bei Raum- bezw. Umgebungstemperatur, oder einer vor - bzw. nachgeschalteten thermischen Behandlung (Anlassen und Auslagern).

Für den bei NE-Metallen vorwiegend angewandten vertikalen Strangguss wird eine unten offene, wassergekühlte Kupferkokille verwendet, auch Kragenkokille genannt. Flüssigmetall wird ihr über ein Verteilersystem, kontinuierlich bei dosierter Gießgeschwindigkeit zugeführt. In einfachster Form steht hierbei zwischen Schmelzofen und Kokille ein Eingusstiegel, auch Tundish genannt. Innerhalb der Kokille bildet sich eine Strangschale, die den anfangs noch flüssigen Kern umschließt. Der aus der Kokille austretende Strang wird in ein die weitere Abkühlung begünstigendes Becken abgesenkt und dabei ständig mit Wasser besprüht. Beim diskontinuierlichen Verfahren begrenzt die Tiefe dieses Abkühlbeckens die Länge der Knüppel, Barren oder Ronden.

Stranggießen von Stahl

Spezielle Technik

Prinzip einer Stranggießanlage

Eine Stranggießanlage besteht aus

  • dem Pfannendrehturm zum Einsetzen der Stahlgießpfanne,
  • dem Verteiler, der die Schmelze zur Kokille leitet,
  • der Kokille mit der Schmelze (Primärkühlbereich),
  • der Kokillenoszillations und -haltevorrichtung,
  • dem Strangführungssystem (Gießbogen) mit Sekundärkühlung,
  • den Treib- und Richtapparaten,
  • dem Auslaufrollgang,
  • der Querteilanlage (Brennschneidanlage, Schere),
  • der Markiermaschine (Signierung) und
  • dem Kaltstrang.

Die Schmelze wird gewöhnlich mit einer so genannten Fähre vom Schmelzaggregat über den Gießkran zur Stranggießanlage transportiert und im Pfannendrehturm eingesetzt. Über einen Bodenablass (Ausguss), der durch einen Schieber verschlossen wird, fließt die Schmelze in den Verteiler. Damit der flüssige Stahl nicht mit dem Luftsauerstoff reagiert, wird der flüssige Stahl dabei in einem Schattenrohr geführt bzw. mit Gießpulver bedeckt. Der Verteiler erfüllt zunächst die Funktion eines Puffergefäßes, damit es während eines Pfannenwechsels zu keiner Unterbrechung des Stranggussprozesses kommt. Zusätzlich hat der Verteiler bei Mehrstranganlagen die Funktion, den Flüssigstahl auf die einzelnen Stränge zu verteilen. Die Schmelze wird im Verteiler durch eine Schlackeschicht (meist Reisschalenasche) abgedeckt.

Aus dem Verteiler läuft die Schmelze frei oder durch ein Tauchrohr (auch Gießrohr genannt) in die Kokille. Der Durchfluss wird in Abhängigkeit vom Gießspiegel in der Kokille mit einem Stopfen oder einem Schieber gesteuert. Um Anbackungen am Verteilerausguss durch Tonerde (Al2O3) zu vermeiden, wird teilweise mit Argon gespült und die Schmelze kann elektromagnetisch gebremst oder gerührt werden, um die Strömung des Flüssigstahls zu beeinflussen. Der Gießspiegel in der Kokille wird mit Schlacke abgedeckt. Diese verhindert Reoxidation der Schmelze, bindet aufgestiegene Unreinheiten und dient als Schmiermittel zwischen der erstarrten Schale und der Kokille. Zum Bilden der Schlacke wird kontinuierlich Gießpulver auf den Gießspiegel aufgebracht. Während des Gießens wird die Kokille oszillierend bewegt, um ein Anbacken des Stahls an den gekühlten Wänden der Kokille (z. B. Kupfer- und Nickelplatten) zu verhindern und den Transportvorgang zu unterstützen. Beim Verlassen der Kokille hat der Strang eine erstarrte Schale von wenigen Zentimeter Dicke, während der Großteil des Querschnitts noch flüssig ist. Unterhalb der Kokille wird der Strang im sogenannten Gießbogen (Kreiszone Radius 10 m) von außen durch Luft-/Wasserbesprühung (sekundär) gekühlt. Außerdem wird er durch Rollen gestützt, um das Ausmaß des Ausbauchens zu verringern, das wegen des auf die Strangschale wirkenden ferrostatischen Druckes erfolgt. Diese Strangführungsrollen, die höchsten Beanspruchungen ausgesetzt sind, gehören wegen ihres Einflusses auf die Strangoberfläche zu den zentralen Bauteilen einer Stranggießanlage. Aus diesem Grund werden die Rollen mit einer korrosions- und verschleissbeständigen Schicht versehen, die früher aufgeschweißt wurde. Heute werden diese Rollen immer häufiger als "Verbundguss" im Schleudergussverfahren hergestellt.

Stahl hat im Vergleich zu anderen Metallen wie Aluminium oder Kupfer eine relativ niedrige Wärmeleitzahl. Dadurch ergibt sich eine große Stranglänge von bis zu 20 m vom Gießspiegel bis zum völligen Erstarren der Schmelze (sog. „metallurgische Länge“). Erst nach der Durcherstarrung kann der Strang in einzelne Brammen geschnitten werden. Anlagen, bei denen die Stränge nach dem Verlassen der Kokille senkrecht weitergeführt werden, erfordern daher eine große Bauhöhe und werden nur selten eingesetzt. Bei den meisten Anlagen wird der Strang in einem Radius (je nach Strangdicke) von etwa 7 bis 15 m gebogen, bis er beim Erreichen eines horizontalen Winkels mit einer Biege- und Richteinheit wieder gerade gerichtet wird. Die Kokille kann dabei entweder gerade oder gebogen ausgeführt werden. In geraden Kokillen verlässt der Strang die Kokille senkrecht nach unten und wird erst durch die anschließende Walzenführung gebogen, in gebogenen Kokillen ist der Strang bereits kreisbogenförmig. Beide Konzepte haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die daraus resultieren, dass einerseits durch das Biegen des Strangs Risse entstehen und andererseits eine lange vertikale flüssige Strecke Vorteile für die Reinheit des Stahles bietet, da Unreinheiten in die Schlacke aufsteigen können. Nach dem Durcherstarren wird der Strang auf dem Auslaufrollgang mit Brennern in Längen geschnitten.

Für das Angießen wird ein Anfahrstrang (Kaltstrang) von unten oder oben in die Kokille eingeführt, der die Unterseite verschließt. Der eingefüllte Stahl erstarrt auf dem Anfahrstrang und wird mit diesem nach unten abgezogen. Nach Erreichen der metallurgischen Länge werden der Anfahrstrang und der Gussstrang voneinander getrennt (entkuppelt).

Beim Stranggießen unterscheidet man mehrere Verfahren, die vom Format des zu gießenden Stranges abhängig sind. Neben dem Brammenstrangguss für rechteckige Stränge mit großer Breite bis über 2600 mm und kleiner Dicke bis 400 mm zur Blechherstellung gibt es auch noch den Knüppel- und Vorblockstrangguss, bei dem runde, annähernd quadratische oder sogar profilförmige Querschnitte zur Herstellung von Stangen, Drähten und Profilen vergossen werden. Beim Brammenstrangguss unterscheidet man allgemein den Brammenstrangguss (Dicke über 100 mm bis 450 mm), den Vorbrammenguss (Dicke von 70 bis 300 mm) und den Dünnbrammenguss (Dicke 3 bis 50 mm). Bei den beiden letztgenannten Verfahren sind erhebliche Einsparungen im Bereich der Anlagentechnik und der Energiebilanz möglich. Eine weitere Reduktion der Umformprozesse wird durch das Dünnbandgießen (siehe dort) erreicht (Stärke < 2 mm).

Vorbandgießen

Durch das Vorbandgießen wird eine Bramme mit etwa 50 mm Dicke erzeugt, die direkt in der Fertigstraße eines Warmwalzwerkes angestochen werden kann. Zwischen der Gießmaschine und dem Walzaggregat wird nur noch ein Ausgleichsofen benötigt. Mit diesem Verfahren können kostengünstig einfache Stahlqualitäten verarbeitet werden. Nachteile sind geringe Flexibilität und Oberflächenqualität der Bänder.

Dünnbandgießen

Hierbei handelt es sich nicht um Strangguss im herkömmlichen Sinne, zumal keine Kokillen dabei benötigt werden. Es handelt sich lediglich um ein kontinuierliches Gießverfahren, das aus dem Endlosstrangguss entwickelt wurde. Zur Abgrenzung wurde die Bezeichnung Bandgießen eingeführt. Das Verfahren ist auch nicht auf Stahl beschränkt, es setzte sich bereits Jahre früher bei Aluminium als „Caster“ durch, da es bessere Voraussetzungen für die Folienherstellung bietet und in einem weitaus niedrigeren Temperaturbereich als bei Stahl arbeiten kann.

Im „Dünnbandgießverfahren“ werden Metallbänder hergestellt, die nicht oder nur in wenigen Stichen (Durchläufen durch ein Walzgerüst) umgeformt werden können.

Das heute verbreitete 2-Rollen-Dünnbandgießen bei Stahl wurde bereits im 19. Jahrhundert für Henry Bessemer patentiert. Er konnte es allerdings nicht in die Marktreife überführen. Erst seit Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wird es für rostfreie Stähle und Elektrostähle industriell genutzt. Hier erstarrt der Stahl zwischen zwei sich gegeneinander drehenden wassergekühlten Walzen und wird vollständig erstarrt als Band, mit max. 1,5 mm Stärke, nach unten abgeführt. Eine gewisse Fertigungsproblematik beruht auf der kurzen Verweildauer der Schmelze im Spalt zwischen den Gießwalzen. Die Geschwindigkeit der Walzen muss genau auf die Gießtemperatur abgestimmt sein, da es bei nicht vollständiger Erstarrung (zu hohe Gießtemperatur und/oder Walzengeschwindigkeit) zum Durchbruch kommt. Ist die Schmelze jedoch zu früh durcherstarrt, sind die Kräfte an den Walzen zu groß und kann sogar den Prozess lahmlegen (zu geringe Gießtemperatur und/oder Walzengeschwindigkeit).

In die Anlage wird typischerweise ein Walzgerüst eingeordnet, in dem nach einem einzigen Walzstich bereits eine Banddicke von 1 mm – zugleich das mögliche Minimum – ergibt. Das gewalzte Dünnband wird wassergekühlt und auf Rollen, sogenannte „Coils“ aufgewickelt.

Das Verfahren hat als weitere Vorteile, den relativ geringen Investitionsbedarf, die Möglichkeit auch kleinere Lose kostengünstig herzustellen sind und der Wegfall der Wiedererwärmung zum Warmwalzen Zeit- und Energiekosten einspart.

Sekundärmetallurgie

Sekundärmetallurgie, auch als Pfannenmetallurgie bekannt ist die Bezeichnung für Maßnahmen zur Schmelzebehandlung die der Qualität der zu vergießenden Stähle dienen. Vorwiegend sind sie physikalischer Art, wie das Anlegen eines Vakuums, um damit eine Entgasung zu bewirken. Das „Uddeholm-Verfahren“ schickt mit gleicher Zwecksetzung inerte Gase mittels in den Pfannenboden eingelassener Düsen durch die Schmelze.

Stranggießen von Aluminium

Spezielle Technik

Das Stranggießen von Aluminium, auch unter der Oberbezeichnung Formateguss einzuordnen, kann wie auch bei anderen als diskontinuierlicher oder kontinuierlicher Prozess vollzogen werden. Im ersteren Falle werden Barren oder Ronden von durch die Anlage vorgegebener Länge hergestellt, im anderen Fall wird der gegossene Strang nach Erreichen einer bestimmten Länge von einer fliegenden Säge, so der Fachausdruck, zerteilt und das bei Fortdauer des Gießvorgangs. Die Technik kann auch als halbkontinuierlich bezeichnet werden, echte Kontinuität bietet der vorerwähnte Endlosstrang.

stranggegossene Rundbarren, geschnitten und verpackt

Unabhängig von solcher anlagebedingten Unterscheidung wird auch bei Aluminium das Flüssigmetall über einen Eingusstiegel, oder über eine Gießrinne und ein dieser nachgeordnetes Verteilersystem der Kokille, oder mehreren zugeführt. Der in der wassergekühlten Kokille, in einem Primärkühlung genannten Vorgang äußerlich rasch erstarrte Strang, wird zu weiterer Abkühlung und Verfestigung in ein Kühlbecken (Sekundärkühlung) abgezogen. Absenkung und Zufluss in der Kokille erfolgen dabei im Gleichtakt. Die Gieß- oder Absenkgeschwindigkeit, die im Mittel zwischen 5 bis 15 cm/min liegt, wird durch die vergossene Legierung bestimmt.

Unterschiedliche Erstarrungsgeschwindigkeiten von Metallschmelzen werden stets im Gussgefüge sichtbar. Auf Grund der im Vergleich etwa zu Sandguss sehr schnellen, durch die Wasserkühlung bedingten Erstarrung gibt es keine Phasenausscheidungen, das heißt, man findet bei spektralanalytischer Spektrographie Untersuchung von Strangquerschnitten im Normalfall keine Unterschiede der Zusammensetzung. Der rasche Wärmeentzug beim Stranggießen verhindert allerdings einen Ausgleich von Spannungen innerhalb des Erstarrungsgefüges. Kaltauslagerung oder Warmbehandlung (Lösungsglühen) beseitigen solche Spannungen, die beim Verwalzen zu Rissbildung führen können. Seigerungsartige Ausschwitzungen in der Gusshaut werden damit nicht behoben, die Gusshaut wird dann vor der Weiterverarbeitung abgefräst. Der gießtechnische Fehler kann begrenzt werden, wenn darauf geachtet wird, den legierungsabhängigen Schrumpfspalt zwischen erstarrendem Metall und Kokillenwand stets möglichst klein zu halten, da Luft die Wärmeabfuhr behindert. [3] Ein weitaus größeres Problem als der Schrumpfspalt ist beim Stranggießen von Aluminium und seinen Legierungen die Empfindlichkeit des Flüssigmetalls im Hinblick auf Wasserstoffaufnahme und Oxidbildung, die jeweils eine besondere Behandlung der Schmelzen verlangen.

Schmelzebehandlung bei Strangguss

Das Problem der Wasserstoffaufnahme, Vermeidung und Entfernung

Sofern der Strangguss in einer Gießerei hergestellt wird, die einer Primärhütte nachgeordnet ist - international fachsprachlich ein Cast-House - wird diesem nur zuvor einer Schmelzebehandlung unterzogenes Metall angeliefert, sei es als Reinaluminium, oder hüttenseitig bereits legiert. Die Behandlung, die in einem Mixer oder auch Warmhalteofen erfolgt, hat in erster Linie das Ziel die Schmelze von aus der Elektrolyse kommenden Verunreinigen zu befreien und dies heißt weitgehende Reduzierung des Gehalts an Natrium und Calcium. Die Entfernung eines immer gegebenen Wasserstoffgehaltes nimmt man an spätestmöglicher Stelle vor. Vor der Jahrhundertwende war die Chlorierung mittels Chlorgas, oder chlorabgebenden Zusätzen bevorzugt, da es die beiden Störelemente rasch in ihre Chloride überführte und diese zur Schlacke aufsteigen ließ. Überschüssiges Aluminiumchlorid brachte gleichzeitig eine nützliche Spülwirkung, da es bei gegebenen Temperaturen unter Aufwallung die Schmelze verlässt. Aus Umweltschutzgründen wurde die Verwendung von Chlor etwa ab 1980 zunehmend reduziert und Argon oder Freon mit allenfalls geringer Chlorbeimengung verwendet. Die Erfindung einer SNIF-Box genannt Behandlungskammer, die dem Verteilersystem unmittelbar vorgeschaltet wurde, ermöglichte feinere Dosierung und eine Entfernung des Wasserstoffs an letzter Stelle vor dem Vergießen, so die Möglichkeit einer Wiederaufnahme aus feuchter Umgebungsluft begrenzend. Stand der Technik ist es auch, eine erforderliche Kornfeinung, bei gesteuerter Zuführung eines Drahtes, der mit feinenden Elementen legiert ist, unmittelbar vor die SNIF-Box zu legen. Die Entfernung der Oxide obliegt, sofern sie nicht bereits zuvor im Zuge der Behandlung ausgespült wurden, einer Filtration (siehe dort).

Recyclingbetriebe, die ebenfalls Stranggussmaterial aus Schrotten herstellen können, müssen speziell bei der Wasserstoffentfernung etwas mehr tun, da die eingeschmolzenen Schrotte oft korrodiert sind, also mit einer Hydroxidschicht behaftet, oder auch verölt sind. Auf Störelemente ist ebenfalls stärker zu achten, da das Recyclingmaterial zum Teil aus Formgießereien kommt, und zahlreiche unerwünschte Elemente enthalten kann. Nicht alle müssen oder können entfernt werden. Mit Magnesium- oder Kupfergehalten lässt sich strangussgeeignetes Material bereitstellen, siliziumreiche Schmelzen eignen sich eher für die Herstellung von AlSi-Gusslegierungen. [4]

Das Problem der Oxidbildung, Vermeidung und Entfernung

Bei gegebener Oxidationsneigung von Aluminiumschmelzen, besonders solcher mit Magnesiumgehalten ist es nötig die Oxidation durch Anwendung sie hemmender Maßnahmen zu begrenzen (Schmelzebehandlung). In der Schmelze flottierende und in den Guss gelangende Oxide, meist Gamma-oxide in Form von Häutchen führen stets zu Gussfehlern. Auch bei Gießtechnik ist auf Schutz vor Oxidation zu achten. Sie kann bei Strangguss durch Umfüllvorgänge und dort im Gießstrahl erfolgen, aber auch im Verteilersystem. Eine nach Stand der Technik gute Sicherheit bietet die Filtration.

Schmelzefiltration

Zur Herstellung von Aluminiumprodukten, an die besondere Qualitätsanforderungen gestellt werden, sei es bei Formateguss(Halbzeug) oder Formguss, müssen Oxideinschlüsse vermieden werden. Soweit eine Oxidation nicht vermieden werden kann, müssen die Schmelzen durch eine Spülung gereinigt werden. In der Vergangenheit wurde dies durch eine chlorierende Behandlung der Schmelze erzielt, also das Durchleiten von gasförmigem Chlor, sei es aus der Flasche, oder in situ freigesetzt. Die Chlorierung von Aluminiumschmelzen hat jedoch in heutiger Sicht verschiedene Nachteile. Unter anderem wird der Magnesiumgehalt der Schmelze verringert und insbesondere entstehen Probleme beim Umweltschutz, da das gebildete und bei Schmelzetemperatur flüchtige Aluminiumchlorid teilweise in die Umwelt gelangen kann. Auch für die Arbeitsplatzhygiene ist der Umgang mit Chlor unerwünscht. Daher werden heute entweder inerte Gase oder Gemische mit geringen Chloranteilen verwendet.[5] Die entgasende und zugleich spülende, den Wasserstoffgehalt verringernde Behandlung, entfernt die gröberen und mit Wasserstoff behafteten Oxide. Sie kann durch eine zusätzliche Filtration, die auch Feinoxide erfasst, ergänzt werden.

Zwei Filtrierverfahren gelten als Stand der Technik: Anwendung entweder eines porigen Keramikfilters, oder eines von der Schmelze durchströmten Filterbettes, welches zumeist aus Petrolkoks besteht. Beide Verfahren sind geeignet Oxide vor Eintritt der Schmelze in die Kokille abzufangen.

Ein nach seiner stofflichen Beschaffenheit als keramisch bezeichneter Filter für metallurgischen Gebrauch – nicht zu verwechseln mit auch in der Elektrotechnik eingesetzten Frequenzfiltern gleichen Namens – kann sowohl kreisrund, wie auch quadratisch sein und weist je nach Aufgabenstellung eine bestimmte Porenzahl je cm² auf. Er wird bei Strangguss möglichst nahe dem Verteilersystem der Stranggießanlage[6] eingesetzt und erlaubt den Durchfluss einer bestimmten Metallmenge, bevor er ersetzt wird (Einmalfilter).

In eine Durchlauffiltration dieser Art kann noch ein Gasgegenstrom aus Argon oder trockenem Stickstoff eingebaut werden. Der Gehalt nach Behandlung sollte < 0,08 ml/100 g Aluminium sein.

Ein zu beachtender Vorteil der Filtration ist die mit der Oxidentfernung verbundene Reduzierung der Wiederaufnahme von Wasserstoff. In oxidhaltigen Schmelzen kann Wasserstoff aus feuchter Umgebungsluft sich nämlich über die Kontaktfläche Luft-Schmelze den vorhandenen Oxiden unter Bildung von Hydroxiden anlagern und zu Wasserstoffgehalten führen, die bei Messung weit oberhalb der Löslichkeitsgrenze liegen. Soweit ofentechnisch möglich, ist daher besonders bei in Warmhalteöfen ruhenden Schmelzen ein Schutz der Badoberfläche mit geeigneten Salzgemischen angezeigt, alternativ mit einem Schutzgas, das schwerer als Luft ist.

Einzelnachweise

  1. Die weltweit erste großtechnische Stranggussanlage für Stahl ging 1948 beim Breitenfelder Edelstahlwerk in der Steiermark in Betrieb
  2. annähernd 90 % aller Kupferwerkstoffe werden im Stranggießverfahren kontinuierlich oder diskontinuierlich zu Halbzeug verarbeitet. s. Brunhuber, Ernst, Guss aus Kupferlegierungen, aus dem amerikanischen übersetzt, Verlag Schiele & Schön, Berlin 1986, ISBN 3-7949-0444-3
  3. Technische Anmerkung: Zur Reduzierung des Schrumpfspaltes sind im Zeitverlauf zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen worden, wie das Gießen mit möglichst niedrigem Metallstand in der Kokille. Eine andere Möglichkeit bietet der Einsatz konischer oder geriefter Kokillen. Eine geriefte Kokille bewirkt durch Lufteinschlüsse zwischen Kokillenwandung und flüssigem Metall zwar eine Verzögerung der Wärmeabfuhr, so dass bei gleich hohem Metallstand in der Kokille das Metall länger in Kontakt mit der Kühlfläche bleibt, aber auch die Kontraktion verschiebt sich damit weiter nach unten, der Schrumpfspalt wird kürzer. Das in der ehemaligen UdSSR erfundene, berührungslose Stranggießen in einem Magnetfeld wurde bereits in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch die seinerzeitige Alusuisse praxisreif, womit sich das Schrumpfspaltproblem weitgehend erledigte.
  4. Technische Anmerkung: Je größer der Wasserdampfdruck über der Oberfläche und je höher die Temperatur der Schmelze, umso höher ist der Wasserstoffgehalt, der sich als Gleichgewicht in der Schmelze einstellt. Der Einfluss der Temperatur auf die Gleichgewichtslöslichkeit des Wasserstoffs im Aluminium ist in Bild 1 wiedergegeben. Mögliche Wasserstoffgehalte von hochtemperierten Schmelzen sind in Bild 1 schraffiert eingezeichnet. Die Notwendigkeit solche Gehalte zu reduzieren liegt darin begründet, dass die Wasserstofflöslichkeit des Aluminiums nach Erstarrung auf weniger als 10 der Löslichkeit bei Liquidustemperatur fällt und der so entstandene Überschuss umso deutlicher als blasige Hohlräume im Guss zeigt, je langsamer die Erstarrung verläuft, also etwa bei Sandguss. Bei sehr rascher Erstarrung, wie sie bei Formguss in metallischen Dauerformen gegeben ist, verringert sich die Gefahr grobblasiger Ausscheidung, an ihre Stelle tritt Feinblasigkeit, oder Feinporosität. Der ursprünglich in der Schmelze gelöste Wasserstoff hat nicht genug Zeit um aus der rasch erstarrenden Gefüge Schmelze zu entweichen,was zur Folge hat, dass man im erstarrten Guss in aller Regel einen höheren Wasserstoffgehalt ermittelt, etwa mittels Dichteprobe, als im Gleichgewichtszustand löslich.
  5. ein auf dieser Basis arbeitendes Gerät ist die Snif-Box, die eine Schmelzereinigung im „Durchlaufverfahren“ ermöglicht.
  6. s. Artikel Stranggiessen

Literatur

  • Schwerdtfeger: Metallurgie des Stranggießens, Stahl Eisen Verlag Düsseldorf 1992, ISBN 3-514-00350-5
  • Aluminium-Taschenbuch, Band 1, 16. Auflage, Aluminium-Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-87017-274-6
  • Dieter Altenpohl: Aluminium von innen, 5. Auflage, Aluminium-Verlag, Düsseldorf 1994, ISBN 3-87017-235-5
  • Giesserei-Lexikon 17. Auflage, herausgegeben von Stephan Hasse, Verlag Schiele und Schön, Berlin, ISBN 3-7949-0606-3

Weblinks

Commons: Stranggießen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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