Geschmacksangabe (Wein)
Die Geschmacksangaben, auch Geschmacksgrade oder Süßegrade genannt, sind in der Europäischen Union einheitlich geregelt, werden in den Ländern aber unterschiedlich bezeichnet. Beim Wein ist die Angabe auf dem Etikett nicht vorgeschrieben. In Deutschland ist sie bei trockenen Weinen üblich, während die Angaben halbtrocken, lieblich und süß selten auf den Etiketten zu finden sind, da sie die Vermarktung negativ beeinflussen können. Bei Schaumwein ist die Geschmacksangabe auf dem Etikett vorgeschrieben. Im Gegensatz zum Wein überschneiden sich die Kategorien teilweise. In solchen Fällen kann man zwischen zwei Geschmacksangaben wählen.
Die sensorische, subjektive Geschmackswahrnehmung unterliegt biologischen Schwankungen und hängt bei Weinen und Schaumweinen von mehreren Faktoren ab. Sie ist nicht identisch mit den jeweils messbaren Analysewerten ihrer Inhaltsstoffe.[1] So können beispielsweise Weine mit relativ niedrigem Restzuckergehalt bei niedrigem Säuregehalt als „süß“ wahrgenommen werden und Weine mit hohem Säure- und hohem Restzuckergehalt „trocken“ schmecken. Auch Alkohol und Glyzerin können im Wein zu einer süßen Geschmackswahrnehmung führen, obwohl der Wein analytisch „trocken“ ist. Auch die Reife eines Weins beeinflusst die Geschmackswahrnehmung, da geschmacksprägende Moleküle (Säuren, Restsüße) zu Molekülkomplexen polymerisiert werden und dadurch sensorisch anders wahrgenommen werden. So schmecken beispielsweise reife edelsüße Weine (Eisweine, Beerenauslesen etc.) weniger süß als in ihrer Jugend. Umgekehrt können wiederum alte, trockene Rotweine durch hohe Extraktwerte und die Reife ihrer Tannine als „süßlich“ wahrgenommen werden.
Wein
Geläufige Unterteilung
- Trocken: Wein mit einem Restzuckergehalt von maximal 9 g/l, wobei der Säuregehalt höchstens 2 g/l niedriger sein darf. Klassisch trocken erlaubt nur 4 g/l Restzucker. Die ehemals für Weine mit einem Restzuckergehalt bis 2 g/l erlaubte Angabe „Für Diabetiker geeignet – nur nach Befragen des Arztes“ ist nicht mehr zulässig.[2] Die Angabe von Analysewerten ist jedoch zulässig.
- Halbtrocken: Halbtrockener Wein darf maximal 9 bis 18 g/l unvergorenen Zucker enthalten, wobei der Zucker nicht mehr als 10 g/l über dem Säuregehalt liegen darf. Diese Weine haben eine leichte Restsüße. Bei hohem Säuregehalt können sie durchaus auch trocken schmecken. Ist der Säuregehalt niedrig, kann das Gegenteil eintreten und der Wein einen deutlich süßen Geschmack aufweisen.
- Lieblich, Halbsüß: Wein mit deutlich süßer Geschmacksausrichtung. Nach dem deutschen Weingesetz liegt der Restzuckergehalt über dem der halbtrockenen Weine, (18 g/l) bis zu 45 g/l Restzucker. In Deutschland und Österreich werden beide Ausdrücke gleichwertig verwendet. In der Schweiz wird lieblich verwendet, dort hängt der Begriff nicht am Süßegrad, sondern wird in der Weinansprache im Allgemeinen für Weine mit den Attributen schön, reizend oder auch angenehm verwendet. Gleiches trifft auch auf den englischen Sprachraum zu. Dort werden für lieblich die Begriffe charming oder lovely benutzt.
- Süß: Der Geschmack von süßen Weinen wird von Zucker oder anderen süßen Weininhaltsstoffen dominiert. Das europäische Weingesetz definiert bei süßen Weinen einen Restzuckergehalt von mehr als 45 g/l. Außerhalb des deutschen Sprachraums werden beispielsweise die Bezeichnungen doce, dolce, dulce, sweet, édes, glykos oder sladko für diese Weine benutzt.
Weitere verwendete Begriffe
- Fränkisch trocken: Dieser Begriff wird im Weinbaugebiet Franken für trockene Weine mit einem Restzuckergehalt von bis zu 4 g/l benutzt. Im Weingesetz ist dieser Begriff nicht vorgesehen und darf daher auch auf den Etiketten nicht verwendet werden. Im Weinbaugebiet Franken herrscht die Übereinkunft, dass der Begriff trocken nur für Weine mit einem Restzucker bis 4 g/l verwendet wird.
- Mild: Weine mit einem Restzuckergehalt über 45 g/l. Der Begriff mild wird in der Weinansprache für Weine mit niedrigem Säuregehalt bzw. auch für süße Weine verwendet, bei denen die Säure in den Hintergrund tritt.
- Feinherb: Halbtrockene Weine werden in Deutschland gelegentlich als feinherb auf den Etiketten bezeichnet. Bis zu einem von Moselwinzern angestrebten Gerichtsentscheid[3] galt das Verbotsprinzip. Es besagte, dass auf Etiketten keine Angaben gemacht werden durften, die im Gesetz nicht vorgesehen sind. Dies wurde mit der Bezeichnung feinherb gekippt. Das Gericht konnte keinen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des Art. 48 VO (EG) Nr. 1493/1999[4] sowie des Art. 6 VO (EG) Nr. 753/2002[5] erkennen, da mit dem Begriff feinherb im Gegensatz zu den gesetzlich definierten Begriffen keine gesicherte Verbrauchererwartung verbunden sei. Kritiker sind allerdings der Meinung, dass es sehr wohl zu einer Verbrauchertäuschung kommen könne, und begründen dies mit der oft sehr deutlichen Restsüße der Weine.
Schaumwein
Bei Schaumweinen wird die Empfindung des Geschmacks süß durch die Kohlensäure abgeschwächt. Daher werden auch andere Restzuckergrenzen angewendet.
- Weitere Begriffe: Die Bezeichnungen dosage zéro oder pas dosé bedeuten, dass kein liqueur d’expédition (Versand-Dosage) hinzugefügt wurde.
Siehe auch
- Weinsprache
Belege
- ↑ Eva Derndorfer: Weinsensorik. Von der Wissenschaft zur Praxis. AV-Verlag, Wien 2009, S. 26–28.
- ↑ Wein für Diabetiker muss kein ausgewiesener "Diabetikerwein" sein. Abgerufen am 24. Februar 2009.
- ↑ VG Trier, Urteil vom 6. Februar 2001 - 2 K 1453/00.TR, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2002 - 7 A 10731/01.OVG, BVerwG 3. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 - 3 B 62/02
- ↑ Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, ABl. L 179 vom 14. Juli 1999
- ↑ Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse, Amtsblatt Nr. L 118 vom 4. Mai 2002