Gehlenit
Gehlenit | |
Gehlenit aus dem Fassatal, Südtirol, Italien | |
Chemische Formel |
Ca2Al[4][AlSiO7] |
Mineralklasse | Silikate und Germanate 9.BB.10 (8. Auflage: VIII/C.02) nach Strunz 55.04.01.02 nach Dana |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | tetragonal-skalenoedrisch 42m[1] |
Farbe | farblos, grünlichgrau, gelbbraun |
Strichfarbe | weiß, grauweiß |
Mohshärte | 5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | 3,038 |
Glanz | Glasglanz bis Fettglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | uneben, splittrig bis muschelig |
Spaltbarkeit | deutlich nach {001}; undeutlich nach {110} |
Habitus | prismatisch, tafelig |
Zwillingsbildung | nach {100}, lamellar nach {001} |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nω = 1,670 ; nε = 1,660 [2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,010 [2] ; einachsig negativ |
Gehlenit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silicate und Germanate“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca2Al[4][AlSiO7][3] und entwickelt meist durchsichtige bis durchscheinende Kristalle von dicktafeligem oder kurzprismatischem Habitus und weißer, grauer oder gelblicher Farbe, aber auch körnige bis massige Mineral-Aggregate.
Gehlenit bildet mit Åkermanit eine vollkommene Mischreihe.
Etymologie und Geschichte
Erstmals gefunden wurde Gehlenit 1815 am Monte Monzoni im Fassatal in Italien und beschrieben durch Johann Nepomuk von Fuchs, der das Mineral nach dem deutschen Chemiker Adolf Ferdinand Gehlen benannt, die Typlokalität befindet sich im Fassatal in der Provinz Trient, Italien [4].
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Gehlenit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er zusammen mit Åkermanit, Andrémeyerit, Barylith, Gugiait, Hardystonit, Jeffreyit, Kaliobarylith, Melilith, Meliphan und Okayamalith die „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/C.02 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Gehlenit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Silikatgruppenbildung, der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Si2O7-Gruppen, ohne nicht-tetraedrische Anionen; Kationen in tetraedrischer [4] und größerer Koordination“ zu finden ist, wo es zusammen mit Åkermanit, Barylith, Cebollit, Gugiait, Hardystonit, Jeffreyit, Melilith und Okayamalith die „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.BB.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Gehlenit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen, generell ohne zusätzliche Anionen“ ein. Hier ist er zusammen mit Åkermanit, Melilith und Okayamalith in der „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. 55.04.01 innerhalb der Unterabteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen, generell ohne zusätzliche Anionen und mit Kationen in [8] und niedrigerer Koordination“ zu finden.
Bildung und Fundorte
Gehlenit kann natürlich in Plutoniten, Metamorphiten und Meteoriten vorkommen oder artifiziell durch hochtemperiertes Brennen karbonat-hältiger Keramik [5]. Hochtemperaturmetamorphose von „unreinen“ (Alumosilikat enthaltenden) Kalken oder Kontaktmetamorphose von magmatischen Gesteinen mit Karbonaten kann zur Bildung von Gehlenit führen. Das Mineral wurde auch in chondritischen Meteoriten beschrieben und gilt als Kondensationsprodukt aus dem präsolaren Nebel [6].
Weltweit konnte Gehlenit bisher (Stand: 2010) an rund 60 Fundorten nachgewiesen werden, so in China, Deutschland, Iran, Israel, Italien, Japan, Mexiko, Neuseeland Österreich, Rumänien, Russland, Schweden, Tschechien, Uganda, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in den Vereinigten Staaten (USA). Auch im Kometenstaub von Wild 2 konnte Gehlenit nachgewiesen werden.[7]
Kristallstruktur
Gehlenit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P421m mit den Gitterparametern a = 7,69 Å und c = 5,07 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Der Aufbau der Kristallstruktur erfolgt durch Gruppen aus schichtartig $ \parallel $ (100) angeordneten [AlSiO7]- und [AlO4]-Tetraedern, die durch Ca-O-Bindungen miteinander verknüpft sind, wobei Ca gegenüber O in [8]-Koordination auftritt.
Verwendung
Da Gehlenit aufgrund seiner guten Kristallinität relativ einfach mittels Röntgenbeugung zu detektieren ist und unter atmosphärischen Druckbedingungen ein sehr eingeschränktes Bildungs- bzw. Stabilitätsfeld hat, kann dieses Mineral sehr gut zur Bestimmung von Brenntemperaturen antiker Keramiken herangezogen werden. Dieses "Thermometer" kann allerdings nur in karbonathaltigen Keramiken eingesetzt werden, da eine adäquate Menge an reaktivem Calcium für die Bildungsreaktion von Gehlenit verfügbar sein muss.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Gehlenite (englisch)
- ↑ 2,0 2,1 Mindat - Gehlenite (englisch)
- ↑ 3,0 3,1 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage, E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 568.
- ↑ R.V. Gaines, H.C.W. Skinner, E.E. Foord, B. Mason, A. Rosenzweig: Dana's new mineralogy. 1997
- ↑ Tschegg, C., Ntaflos, Th., Hein, I., 2008, Applied Clay Science
- ↑ L. Grossman: Condensation in the primitive solar nebula. In: Geochemica et Cosmochemica Acta. 1972, 36, S. 597-619.
- ↑ Mindat - Localities for Gehlenite
Literatur
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 689.
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 211.
Weblinks
- Mineralienatlas:Gehlenit (Wiki)
- Handbook of Mineralogy - Gehlenite (englisch, PDF 65,7 kB)