Gagat
Gagat ist durch Humusgel oder Bitumen imprägniertes fossiles Holz, das sich in einem Übergangsstadium von der der Braunkohle zur Steinkohle befindet.
Etymologie
Der deutsche Name Gagat leitet sich von einer Fundstelle in der Nähe des Flusses und der Stadt Gagas in Lykien (Türkei) ab[1]. Man nimmt an, dass auch die englische und die französische Bezeichnung (Jetstone bzw. Jais) auf dieser Wortverwandschaft beruht. Er wird auch als Jet(t) oder Schwarzer Bernstein bezeichnet. Letztgenannte Bezeichnung geht auf die irrige, sich aber über einen langen Zeitraum hartnäckig haltende Annahme verschiedener Autoren früherer Jahrhunderte zurück, Gagat sei gleichen Ursprungs wie Bernstein.[2] Weitere, teils veraltete Synonyme sind Gayet oder Jayet, Pechkohle, Schwarzstein, Agtstein, Ambranoir und Witwenstein[3] sowie Succinum nigrum und Gagatit[4].
Entstehung und Eigenschaften
Gagat wird oftmals als Sapropelit bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich bei Sapropeliten aber ganz allgemein um versteinerte Faulschlammsedimente, die sich in Flachgewässern gebildet haben, während Gagat das Ergebnis von unter Luftabschluss (im Faulschlamm) lithifiziertem Holz ist, das häufig von einer großen jurassischen Schuppentannenart (Araucaria) stammt. Die Dichte von Gagat beträgt (1,23 g/cm³). Aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung (C,O,H,N) gehört er zu den Kohlegesteinen. Die Mohs'sche Härte des amorphen Materials liegt zwischen 2,5 und 4, sein Bruch ist muschelig, die Strichfarbe braun bis schwarz. Wie Bernstein lädt sich auch Gagat elektrisch auf, wenn er gerieben wird. Wegen seines samtartigen Fettglanzes, der durch Polieren noch gesteigert werden kann, wird Gagat auch als Schmuckstein verwendet.
Geschichte
Wegen des Glanzes und der leichten Schnitzbarkeit wurde Gagat schon in vorgeschichtlicher Zeit als Schmuck benutzt. Auch die kleinen stilisierten Frauenfiguren des Magdalenien sind Schmuckanhänger. Am Petersfels wurden diese Venusstatuetten aus Gagat, einem fossilen Holz, in großer Anzahl hergestellt. Erst 1990 hat man in der gleich alt datierten Fundstelle Monruz am Neuenburger See in der Schweiz fast identische Gagatfigürchen entdeckt.[5] Gagatgehänge mit Bernsteinschiebern sind bekannt. Die Römer stellten Schmuck, Spinngeräte (Spinnwirtel und Spinnrocken) sowie Amulette aus Gagat her. Ab dem Mittelalter fertigte man in Europa daraus Trauerschmuck und Rosenkränze.
Plinius der Ältere schrieb dem Gagat heilende Eigenschaften zu. So bewahre er vor dem bösen Blick, vertreibe Schlangen, heile Hysterie und Zahnschmerzen, besiege die Epilepsie und helfe bei der Feststellung der Jungfernschaft. In der Edelsteintherapie gilt Gagat als Trauerstein.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts, zur Blütezeit der Jett-Mode, als die Vorkommen seltener wurden, wurde auch Ebonit, ein Hartgummi, als Gagat-Ersatz verwendet. Das Hauptvorkommen lag zu dieser Zeit an der englischen Nordküste nahe dem Fischerdorf Whitby. Weitere Vorkommen gibt es in der spanischen Region Asturien (Villaviciosa), Südfrankreich, Österreich (Gams bei Hieflau und im Reichraminger Hintergebirge – Am Sandl) und in Württemberg.
Die spanischen Funde gingen zu einem großen Teil an die Zunft der Gagatschnitzer von Santiago de Compostela (Cofradía de los azabacheros de Santiago), die neben Schmuck und Devotionalien daraus Pilgerzeichen und Andenken in Form von Jakobsmuscheln oder der sogenannten Santiago-Fica, die als Abwehr gegen den Bösen Blick galt,[6] herstellten. Die Konzentration der Gagatschnitzer um einen Platz an der Kathedrale von Santiago de Compostela ist bis heute mit Plaza de Azabache oder Azabachería (Gagatplatz) in dessen Namen erhalten.
Imitationen
Da Gagat dem seltenen Onyx ähnelt, wird er teilweise als Grundstoff für Imitationen desselben verwendet. Mittlerweile dienen jedoch vermehrt gefärbter Achat und Schörl als Imitatgrundlage für Onyx und auch für den Gagat, da dieser durch seine geringe Mohshärte von 2,5 bis 4 sehr empfindlich gegen Beschädigungen (vor allem Kratzer) ist.
Verwechselt und imitiert werden kann Gagat auch mit Anthrazitkohle, Asphalt, Kännel- bzw. Sapropelkohle sowie gefärbtem Glas, Hartgummi und Kunststoff.
Siehe dazu auch Hauptartikel: Schmuckstein#Manipulationen und Imitationen
Einzelnachweise
- ↑ Siehe u. a. Duden: Gagat
- ↑ Unter anderem T. Bartholin: Acta medica & philosophica hafniensia 1673. Kopenhagen 1675
- ↑ Gagat in Das große Kunstlexikon von P.W. Hartmann. Abgerufen am 27. Februar 2009.
- ↑ H. U. Kasper: Der rumänische Bernstein. In: Bernstein – Tränen der Götter. S. 357–362, Bochum 1996, ISBN 3-921533-57-0.
- ↑ Gerd Albrecht und Andrea Hahn, Rentierjäger im Brudertal, die jungpaläolithischen Fundstellen um den Petersfels und das Städtische Museum Engen im Hegau, in der Reihe: Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden Württemberg Band 15, S. 82, mit Foto
- ↑ Hartmanns Kunstlexikon
Literatur
- Wilhelmine Hagen: Kaiserzeitliche Gagatarbeiten aus dem rheinischen Germanien. Bonner Jahrbuch 142, 1937, S. 77–144.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Verlags GmbH, 1976/1989, ISBN 3-405-16332-3, S. 252.
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 1998, ISBN 3-89060-025-5, S. 67, 68.
Weblinks