Elektrolytische Leitfähigkeit
Die elektrolytische Leitfähigkeit ist ein Maß für die elektrische Leitfähigkeit in Elektrolytlösungen.
Einleitung
In einem Elektrolyten bewegen sich Ionen beim Anlegen eines elektrischen Feldes bevorzugt in bzw. gegen die Feldrichtung und verursachen dadurch einen Ladungstransport und Stromfluss. Demzufolge ist eine Abhängigkeit des Stromes
- von der elektrischen Feldstärke und damit über einen geometrischen Faktor von der angelegten Spannung
; - von der Anzahl der Ionen;
- von der Ladungsmenge, die jedes Ion transportiert, also von seiner Wertigkeit;
- von der durchschnittlichen Geschwindigkeit der einzelnen Ionensorten in Feldrichtung.
Theoretische Hintergründe
Für den Elektrizitätstransport innerhalb der Lösung gilt das empirisch gut bestätigte ohmsche Gesetz:
Hierbei sind die geometrischen Faktoren sowie die Beiträge der oben genannten letzten drei Punkte in dem Glied
Das ohmsche Gesetz ist zur Bestimmung des Leitvermögens
- Man konstruiert die Messzelle derart, dass der Elektrolyt einen großen Widerstand erhält und legt dann eine große Spannung an, gegen die die Polarisationsspannungen vernachlässigbar sind.
- Man misst nicht die Spannung zwischen den stromdurchflossenen Elektroden, sondern zwischen zwei anderen, definierten Punkten in der Messzelle mittels zweier Sonden, die nur von einem ganz geringen Strom durchflossen und daher nicht polarisiert werden.
- Am häufigsten erfolgt die Messung mit Wechselstrom von relativ hoher Frequenz. Hierdurch wird erreicht, dass die Stoffumsätze, welche die Polarisation verursachen, während einer Halbperiode mit umgekehrtem Vorzeichen wieder rückgängig gemacht werden.
Der Widerstand
Bei einem gleichförmig stromdurchflossenen, zylindrischen Leiter ist
Im allgemeinen Fall führt man eine Eichung der Messzelle durch, indem man den Widerstand einer Lösung mit bekanntem
Ionentransport
Der Ionentransport in Elektrolytlösungen geschieht in folgender Weise: Ein Ion mit der Ladung
und setzt sich demzufolge beschleunigt in Bewegung. Infolge der geschwindigkeitsproportionalen hydrodynamischen Reibungskraft
geht diese beschleunigte Bewegung aber nach sehr kurzer Anlaufzeit
(
Die auf die Feldstärke 1 V/m bezogene Geschwindigkeit wird die Beweglichkeit
Aus den Wanderungsgeschwindigkeiten
Ladungseinheiten pro Sekunde durch den Querschnitt transportiert. Das ist aber gleichbedeutend mit der durch den Elektrolyten fließenden Stromstärke. Mit den Gleichungen erhält man:
Da ferner nach dem Ohmschen Gesetz gilt:
ergibt sich:
Somit ist die spezifische Leitfähigkeit eindeutig durch Konzentration, Wertigkeit und Wanderungsgeschwindigkeit der einzelnen Ionen festgelegt.
Molare Werte
Eine Umrechnung auf molare Größen unter Berücksichtigung des Zusammenhanges
Nach Kohlrausch fasst man die Größen (1 val = 1 mol/z)
Nach obigen Gleichungen setzt sich die Equivalentleitfähigkeit additiv aus den Ionenbeweglichkeiten zusammen und sollte unabhängig von der Ionenkonzentration sein. In Wirklichkeit trifft dies nur für unendlich große Verdünnung zu; bei höheren Konzentrationen beobachtet man stets eine Abnahme von
Der Einfluss des Dissoziationsgleichgewichts
Bei unvollständiger Dissoziation hängt
Da
Der Einfluss der interionischen Wechselwirkungskräfte
Die Bewegung der Ionen erfolgt nicht frei. Vielmehr tritt infolge der weitreichenden elektrostatischen Kräfte eine gegenseitige Behinderung der wandernden Ionen ein. Ein Ion ist infolge seiner elektrostatischen Wirkung im Mittel von mehr entgegengesetzten als gleichgeladenen Teilchen umgeben. Diese „Ionenwolke“ ballt sich mit zunehmender Konzentration immer mehr zusammen und hat folgende Wirkungen:
- Das Ion muss sich infolge seiner Fortbewegung an jedem Ort eine neue Ionenwolke erst wieder aufbauen. Das wirkt sich so aus, als ob das Ion seiner Ionenwolke immer etwas vorauseilt, was eine Bremsung des Ions zur Folge hat.
- Die Wolke, deren Ionen sich im Feld ja in entgegengesetzter Richtung bewegen, erzeugt eine Strömung, gegen die das Zentralion schwimmen muss, und wodurch es eine weitere Verzögerung erfährt.
Beide Effekte nehmen mit der Konzentration zu.
Die auf diesem Modell aufgebaute Theorie von Debye, Hückel und Onsager liefert für kleine Konzentrationen den Ausdruck:
Dieses Ergebnis wurde bereits viel früher von Kohlrausch experimentell gefunden.
Literatur
- G.M. Barrow; Physikalische Chemie, Bd. II, Kapitel 18.
- Moore-Hummel; Physikalische Chemie, S. 506 ff.
- P.W. Atkins; Physikalische Chemie, Kapitel 27.1.
- Brdička; Physikalische Chemie, S. 570.