Eiskeller
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Der Eiskeller ist ein ganz oder teilweise unterirdisches Bauwerk, das früher zum Aufbewahren von Eis genutzt wurde. Mit der Einführung der Kältemaschine Ende des 19. Jahrhunderts begann die Umstellung der Kühlung bei den Großbetrieben und Brauereien. Kleinere Eiskeller wurden aber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und vereinzelt noch bis in die 1950er Jahre genutzt. Die meisten Eiskeller sind abgerissen, zugeschüttet oder verfallen. Nur wenige Eiskeller wurden restauriert oder als Überwinterungsquartier für Fledermäuse hergerichtet.
Nutzung
Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts beschränkte sich die Nutzung der Eiskeller auf die wohlhabende Bevölkerung. Eiskeller aus dieser Zeit standen daher überwiegend in der Nähe von Gutshäusern oder Schlössern. Der Bedarf an Kühlräumen wuchs erst mit dem Beginn der Industrialisierung.
„Eis findet mannigfache Verwendung in der Technik, besonders in der Bierbrauerei, bei der Darstellung von Spiritus und Paraffin, bei der Gewinnung von Glaubersalz, in Sennereien und Milchwirtschaften, in Konditoreien zur Darstellung von Gefrornem, zum Kühlen von Getränken, zu Kältemischungen, im Haushalt, zur Konservierung von Fleisch und Fleischwaren beim Transport und in Schlachthäusern, zur Kühlung der Eisenbahnwagen im Sommer und der Wohnungen in den Tropen etc. … In der Chirurgie ist das Eis ein sehr wirksames Mittel bei Blutungen, …[1]“
Anforderungen an einen Eiskeller
Der Eiskeller erhält eine kühle, geschützte und trockene Lage in nicht zu weiter Entfernung von der Verbrauchsstelle.[2] Die Südseite des Eisbehälters wird entweder durch den Schatten eines benachbarten Gebäudes oder durch die Anpflanzung schattenspendender, schnellwüchsiger Bäume und Sträucher vor der Einwirkung der Sonnenstrahlen geschützt.[3] Der Eingang liegt nach Norden, und die zur Entnahme des Eises dienende Öffnung ist möglichst klein und möglichst hoch liegend anzuordnen.[2] Der Eisbehälter ist gegen die Bodenwärme sowie die obere seitliche warme Luft zu sichern.[2] Eiskellerwände werden am besten massiv ausgeführt. Es eignen sich hierzu etwa 0,75 m bis 1 m und mehr starke Ziegelmauern mit ein, zwei, am besten drei Luftschichten von 7 bis 8 oder mehr cm Stärke. Die Luftschichten können auch, falls das Mauerwerk ganz wasserdicht hergestellt wird, sehr zweckmäßig mit Torfmull, porösen Schlacken oder Schlackenwolle (…) ausgefüllt werden.[3]
Die Temperatur des Erdbodens entspricht -unter Vernachlässigung der jahreszeitlichen Schwankungen- der durchschnittlichen Jahresmitteltemperatur und beträgt in Deutschland 8 °C bis 10 °C.
Der Eisraum wird möglichst in Zylinderform oder Halbkugelform konstruiert, da hier ein besseres Verhältnis von Oberfläche zum Inhalt besteht als bei einem rechteckigen Raum. Gleichzeitig bietet der runde Grundriss gegenüber dem seitlichen Erddruck einen besseren Widerstand. Das Grund- und Tageswasser ist fernzuhalten.[2] Bei einem hohen Grundwasserspiegel liegen die Eiskeller in der Regel nicht vollständig unterirdisch. Der oberirdische Bereich ist dann mit einem Erdhügel abgedeckt. Das Schmelzwasser muss leicht abzuleiten sein, möglichst unter Anwendung eines Wasserverschlusses (Schwanenhalses), um den Eintritt warmer Luft durch die Ableitung zu verhüten.[2] Ist der Untergrund ein sehr durchlässiger, also Kies- oder Sandboden, so kann das Schmelzwasser von selbst in diesen versickern.[3] Das Schwitzwasser, das sich dadurch bildet, dass das Schmelzwasser die Luft im Eisraum anfeuchtet und diese sich an Mauerwände und Decke abschlägt, wirkt besonders durch Abtropfen von der steinernen Decke nachteilig, indem es wieder das Schmelzen des Eises fördert. Bei massiven gewölbten Decken wird es deshalb vorteilhaft durch Schweißrinnen aufgefangen und von diesen seitlich an die Wand geführt.[4] Eiskeller von weniger als 30 m³ Inhalt sind nicht zweckmäßig, da die Umfassungsfläche im Vergleich zum Inhalt zu groß wird.[2]
Bevor im Winter das Eis eingebracht wird, müssen sämtliche Türen des Eisraumes bei Frost geöffnet werden, so dass der Eisraum ausdünsten und abkühlen kann. Die Eisstücke müssen dicht gelagert (…) werden. Ein festes Zusammenfrieren der einzelnen Stücke wird erreicht durch Aufschütten von Salz auf jede Schicht.[5] Fleisch darf nicht unmittelbar in die Eisräume kommen oder auf das Eis gelegt werden, weil es leicht beschlägt. Infolge der feuchten Luft bildet sich eine gallertartige, aus Schimmelpilzen bestehende Schicht, die dem Fleisch ein unansehnliches Aussehen gibt und ein baldiges Verderben verursacht.[2]
Eiskeller der Brauereien
Beim Brauen von untergärigem Bier sind die Brauereien auf eine wirksame Kühlung angewiesen. Neben der raschen Abkühlung der heißen Würze auf eine Temperatur von 4 °C bis 6 °C und der Kühlung der Gärkeller auf diese Temperaturen muss der Lagerkeller auf Temperaturen von maximal 2 °C gehalten werden.[6] Bei einer Brauerei von 20.000 hl jährlicher Produktion wurde mit einem Eisverbrauch von 2.500 Tonnen Eis gerechnet. Um auch nach einem warmen Winter genügend Eis zu haben, wurde empfohlen einen Eisvorrat für zwei Jahre einzulagern.[7] Nach warmen Wintern war es andernfalls erforderlich, Eis zu importieren. Einer der größten Eisexporteure war damals Norwegen.[8] Die Gär- und Lagerkeller der Großbrauereien erstreckten sich über mehrere 100 m² und lagen teilweise übereinander in zwei Etagen. Es war daher eine wirksame Luftzirkulation erforderlich, um die ausgedehnten Lagerräume gleichmäßig zu kühlen. Dazu wurde der Eisraum höher gelegt als der zu kühlende Raum. Die kalte, schwere Luft aus dem Eisraum sinkt auf den Boden und verdrängt die erwärmte Luft aus dem Keller. Leere Lagerräume waren von der Kühlung abzutrennen, damit der Eisverbrauch möglichst niedrig gehalten werden konnte. Eine ausreichende Lüftung war weiterhin notwendig, um Schimmelbildung zu verhindern und um das beim Gärprozess entstehende Kohlendioxid abzuführen. Wenn die Außentemperatur im Winter unter der Temperatur im Lagerkeller lag, sollte der Keller mit Außenluft belüftet werden, um den Eisverbrauch zu senken. Die ersten Großbrauereien nutzten bereits seit den 1870er-Jahren Kältemaschinen, um von der Eisbildung im Winter unabhängig zu werden. Dadurch konnten auch die vorhandenen Eisräume als zusätzlicher Lagerraum umgenutzt werden.
Siehe auch
- Eishaus
- Felsenkeller
- Glaciere
- Fledermaus-Museum Julianenhof
- Schneehäuser auf Mallorca
- Bauzeichnung Eiskeller Villa Haas
Literatur
- E. Brückner, E. Spillner: Eisbehälter und Kühlanlagen mit künstlicher Kälteerzeugung. In: E. Schmitt, J. Durm, H. Ende (Hrsg.): Handbuch der Architektur. Dritter Teil. Die Hochbaukonstruktionen. 6. Band, Stuttgart, 1904, 247 ff.
- F. Hellwig: Der Eiskeller. Beschreibung und praktische Ausführung. 1. (letzte) Auflage. Hachmeister & Thal, Leipzig 1921 (Lehrmeister-Bücherei, Band 600) Neuauflage 2006, Survival Press ISBN 3-937933-16-6.
- Friedrich Harzer: Die Anlegung der Eiskeller. 2. Auflage, Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1864.
- Stephan A. Lütgert: Eiskeller, Eiswerke und Kühlhäuser in Schleswig-Holstein und Hamburg. Husum 2000, ISBN 978-3-88042-962-8.
- C. A. Menzel: Der Bau der Eiskeller sowohl in wie über der Erde und das Aufbewahren des Eises in denselben nebst einem Anhange: Die Fabrikation des Kunsteises. Ein Ratgeber für Baumeister, Landwirte, Konditoren, Fabrikanten, Brauereibesitzer, Gastwirte etc.. G. Knapp, Leipzig 1883.
- Ernst Nöthling: Die Eiskeller. Eishäuser und Eisschränke ihre Konstruktion und Benutzung. Für Bautechniker, Brauereibesitzer, Landwirte, Schlächter, Konditoren, Gastwirte usw.. 5. Auflage. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1896.
- Wessel Reinink, Johan Gerard Vermeulen, Manfred Wehdorn: Eiskeller, Kulturgeschichte alter Kühltechniken. Böhlau Verlag, Wien 1995, ISBN 3-205-98405-6.
- Schattenburg: Die Eiskeller, Eishäuser, Kühlräume und Lagerkeller. Ludwig Hofstetter, Halle 1893.
- J. Schlesinger: Der Eiskellerbau in Massiv- und Holzkonstruktion. Ernst & Sohn, Berlin 1918.
- Swoboda: Die Anlegung und Benutzung transportabler und stabiler Eiskeller. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1874.
- Rudolf W. A. Wörmann: Das Wasser und seine Verwendung in der Gärtnerei. Eine vollständige Anleitung zur Ent- und Bewässerung, zur Anlage der Eiskeller, Teiche, Springbrunnen, Brücken, Fähren, Bade-, Enten- und Schwanenhäuser, Fischbehälter und Fischkästen. Nach eigenen Erfahrungen und Entwürfen. E. Schotte & Co., Berlin 1866–1867.
- Ulrich Alexis Christiansen: Hamburgs dunkle Welten. Der geheimnisvolle Untergrund der Hansestadt. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 3-8615-3473-8
- Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie. Deutscher Kälteverein; Verband für Kältemaschinen. Berlin 1894–1944
- Eis- und Kälteindustrie: Monatsschrift für Natureis-Industrie, Eisfabrikation, Kühlmaschinenbau, Kälteverwendung. Wittenberg/Ziemsen 1899/1900–1919
- Die Kälteindustrie. Hamburg-Altona: Hanseatische Verlagsanst. 1903–1943
Einzelnachweise
- ↑ Artikel "Eis (Technische Verwendung des Eises)". Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, 1885–1892
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 J. Schlesinger: Der Eiskellerbau. Dritte Auflage 1918
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Menzel, Karl August u. Schubert, Alfred: Der Bau der Eiskeller, Eishäuser, Lagerkeller und Eisschränke …. 6. Auflage 1902.
- ↑ Schatteburg, J. H.: Die Eiskeller, Eishäuser und Lagerkeller sowie d. Anlage von Kühlräumen f. Schlachthöfe, Margarinefabriken u.s.w.. Halle a.S.: L. Hofstetter, 1901, 2. Auflage.
- ↑ Schatteburg, J. H.: Die Eiskeller, Eishäuser, Kühlräume und Lagerkeller. Halle a.S.: L. Hofstetter, 1893, 1. Auflage.
- ↑ "Brauereikühlung durch Eis". In: Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie, 1894, Heft 2, Seiten 31–34
- ↑ Gottlieb Behrend: Der Eiskellerbau mit einer Anzahl ausgeführter Anlagen neuester Art. Halle a. S. : Knapp, 1900
- ↑ P. Trier: "Deutschlands Import und Export von Eis 1889 bis 1903". In Eis- und Kälte-Industrie 1904, Band 5, Seite 121–124
Weblinks
- Weiterführende Informationen zu verschiedenen Bauarten von Eiskellern und ausführliche Bibliographie
- Historische Eisgewinnung am Zeller See (gemeint ist der Zeller See (Salzburg))