Carbonyldiimidazol

Carbonyldiimidazol

Strukturformel
Struktur von Carbonyldiimidazol
Allgemeines
Name Carbonyldiimidazol
Andere Namen
  • 1,1'-Carbonyldiimidazol
  • N-N'-Carbonyldiimidazol
  • CDI
Summenformel C7H6N4O
CAS-Nummer 530-62-1
PubChem 68263
Kurzbeschreibung

kristalliner farbloser bis gelblicher Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 162,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

116–120 °C[1]

Löslichkeit

Zersetzung mit Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
05 – Ätzend 07 – Achtung

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302-314
P: 280-​305+351+338-​310 [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3][1]
Ätzend
Ätzend
(C)
R- und S-Sätze R: 22-34
S: 26-36/37/39-45
LD50

1071 mg·kg−1 (Ratte, oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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1,1'-Carbonyldiimidazol (auch abgekürzt mit CDI) ist eine farblose kristalline organische Verbindung. Es wird unter anderem als Reagenz in der Peptidchemie und in der organischen Synthese verwendet.

Herstellung

CDI wird direkt durch die Umsetzung von Phosgen mit vier Äquivalenten Imidazol unter wasserfreien Bedingungen hergestellt.[4] Nach der Entfernung des Nebenproduktes Imidazol-hydrochlorid und des Lösungsmittels wird CDI in einer Ausbeute von etwa 90 % erhalten.[5]

FormationofCarbonyldiimidazol.svg

Bei dieser Reaktion fungiert Imidazol sowohl als Nukleophil als auch als Base. Bei der Hydrolyse von CDI entsteht wieder unter Abspaltung von Kohlenstoffdioxid das Imidazol. Durch Bestimmung der hierbei entwickelten Menge Kohlenstoffdioxid kann der Gehalt an CDI bestimmt werden.[6]

Gebrauch in der organischen Synthese

CDI wird hauptsächlich bei der Umsetzung von Alkoholen und Aminen zu den entsprechenden Harnstoff-Derivaten oder Carbamaten benutzt. CDI ist ein sicheres Syntheseequivalent von Phosgen, da dessen Giftigkeit deutlich geringer ist.

Carbonsäurederivate

CDI kann zur Aktivierung von Carbonsäuren benutzt werden. Die so gebildeten Zwischenprodukte verhalten sich wie die entsprechenden Carbonsäurehalogenide und sind als gemischte Anhydride anzusehen. Jedoch sind sie leichter und einfacher zu handhaben als die Carbonsäurehalogenide und haben ein weiteres mögliches Anwendungsgebiet.[6] Die Triebkraft der Reaktionen mit CDI aktivierten Carbonsäuren ist die Bildung von sehr stabilem Kohlenstoffdioxid.

Bei der Peptidsynthese wird die so aktivierte Carbonsäure mit einer geeigneten Aminosäure oder Peptid versetzt und es wird unter Abspaltung von Kohlenstoffdioxid und Imidazol das um die entsprechende Aminosäure erweiterte Peptid erhalten.[7] Die Racemesierungsneigung der Aminosäuren ist hier aufgrund der milden Bedingungen gering.

CDI kann auch für Veresterungen verwendet werden. Da sich die CDI-Addukte von Carbonsäuren ähnlich wie Carbonsäurehalogenide verhalten, ist das Produkt der Umsetzung selbiger mit starken Nukleophilen wie Alkoholaten der entsprechende Ester. Aber auch die Reaktion mit Thiolen und Selenolen sind bekannt und führen zum entsprechenden Schwefel- bzw. Selen-Analoga eines Esters.[8] Wird ein Acetal als Nucleophil eingesetzt so erhält man das entsprechende Glycosid.[9]

Anstelle des Alkohols kann auch eine Carbonsäure als Nucleophil verwendet werden, das Produkt ist das entsprechende Anhydrid. Dabei wird am besten – wenn die Carbonsäure preiswert ist – die Carbonsäure im doppelten Überschuss eingesetzt, da hier dann das unlösliche bzw. leicht abtrennbare Salz des Imidazols als Nebenprodukt anfällt. Wird Ameisensäure als Nucleophil eingesetzt so erhält man ein potentes Formylierungs-Reagenz.

Andere Reaktionen

Bei der Reaktion mit einem Ylid wird ein Phosphonium-Salz gebildet. Diese können in einem weiteren Schritt, nach Deprotonierung, in einer Wittig-Reaktion zu einer α,β-ungesättigten Carbonylverbindung umgesetzt werden.

(C6H5)3P=CHR + R'-CO-Im → (C6H5)3P+-CHR-COR' + Im-

Die Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid hingegen liefert den Aldehyd und nur wenig Alkohol oder Amin. Bei der Umsetzung mit Grignard-Reagenzien erhält man in analoger Weise das Keton.[4]

Mit Acetylacetat-Anionen wird unter Bildung einer neuen Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung ein substituiertes 1,3-Diketon erhalten.[10]

CDI kann als Carbonyl-Equivalent in der Synthese von Tetronsäuren oder Pulvinonen auftreten. So reagiert beispielsweise Acetol (Hydroxaceton) mit CDI unter basischen Bedingungen zur Tetronsäure.[11]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt Carbonyldiimidazol bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
  2. 2,0 2,1 Datenblatt Carbonyldiimidazol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 15. März 2011.
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  4. 4,0 4,1 H. A. Staab: Syntheses Using Heterocyclic Amides (Azolides). In: Angew. Chem. Int. Ed. 1962, 1, S. 351–367.
  5. H. A. Staab, K. Wendel: 1,1'-carbonyldiimidazole. In: Organic Syntheses 1968, 48, S. 44.
  6. 6,0 6,1 A. Armstrong: N,N'-Carbonyldiimidazole. In: Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis 2001.
  7. R. Paul, G. W. Anderson: N,N'-Carbonyldiimidazole, a New Peptide Forming Reagent. In: J. Am. Chem. Soc. 1960, 82, S. 4596–4600; doi:10.1021/ja01502a038.
  8. H.-J. Gais: Synthesis of Thiol and Selenol Esters from Carboxylic Acids and Thiols or Selenols, Respectively. In: Angew. Chem. Int. Ed. 1977, 16, S. 244–246.
  9. M.J. Ford, S.V. Ley: A Simple, One-Pot, Glycosidation Procedure via (1-Imidazolylcaronyl) Glycosides and Zinc Bromide. In: Synlett 1990, S. 255–256.
  10. D.W. Brooks, et al: "C-Acylation under Virtually Neutral Conditions". In Angew. Chem. Int. Ed. 18, 1979 S. 72–74.
  11. P.J. Jerris, et al.: "A Facile Synthesis of Simple Tetronic Acids And Pulvinones".In Tetrahedron Lett. 47, 1979 S. 4517–4520.