CERN

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Europäische Organisation für Kernforschung
CERN
Englische Bezeichnung European Organization for Nuclear Research
Französische Bezeichnung Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire
Sitz der Organe

Meyrin (Kanton Genf), Schweiz

Vorsitz Rolf-Dieter Heuer
Mitgliedstaaten 20 (nach Beitrag geordnet)

DeutschlandDeutschland Deutschland
FrankreichFrankreich Frankreich
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
ItalienItalien Italien
SpanienSpanien Spanien
NiederlandeNiederlande Niederlande
BelgienBelgien Belgien
NorwegenNorwegen Norwegen
PolenPolen Polen
SchweizSchweiz Schweiz
SchwedenSchweden Schweden
OsterreichÖsterreich Österreich
GriechenlandGriechenland Griechenland
DanemarkDänemark Dänemark
FinnlandFinnland Finnland
PortugalPortugal Portugal
TschechienTschechien Tschechien
UngarnUngarn Ungarn
SlowakeiSlowakei Slowakei
BulgarienBulgarien Bulgarien

Amts- und Arbeitssprachen

Englisch, Französisch

Gründung

29. September 1954

www.cern.ch
Das CERN befindet sich auf schweizerischem und französischem Staatsgebiet; daher gilt kein nationales Recht.
Das Hauptgelände des CERN aus der Luft
Haupteingang des CERN in Meyrin
Globus der Wissenschaft und Innovation - Zentrum für Veranstaltungen und Ausstellungen

Das CERN, die Europäische Organisation für Kernforschung, ist eine Großforschungseinrichtung bei Meyrin im Kanton Genf in der Schweiz. Am CERN wird physikalische Grundlagenforschung betrieben, insbesondere wird mit Hilfe großer Teilchenbeschleuniger der Aufbau der Materie erforscht.

Das Akronym CERN leitet sich vom französischen Namen des Rates ab, der mit der Gründung der Organisation beauftragt war, dem Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire. Die offiziellen Namen des CERN sind European Organization for Nuclear Research im Englischen beziehungsweise Organisation Européenne pour la Recherche Nucléaire im Französischen.[1]

Derzeit hat das CERN 20 Mitgliedstaaten. Mit seinen etwa 3.200 Mitarbeitern (Stand: 31. Dezember 2011)[2] ist das CERN das weltgrößte Forschungszentrum auf dem Gebiet der Teilchenphysik. Über 10.000 Gastwissenschaftler[2] aus 85 Nationen arbeiten an CERN-Experimenten. Das Jahresbudget des CERN belief sich 2010 auf ungefähr 1,11 Milliarden Schweizer Franken (ca. 850 Millionen Euro).[3]

Grundlagenforschung

Am CERN werden der Aufbau der Materie und die fundamentalen Wechselwirkungen zwischen den Elementarteilchen erforscht, also die grundlegende Frage, woraus das Universum besteht und wie es funktioniert. Mit großen Teilchenbeschleunigern werden Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Teilchendetektoren werden sodann die Flugbahnen der bei den Kollisionen entstandenen Teilchen rekonstruiert, woraus sich wiederum Rückschlüsse auf die Eigenschaften der kollidierten sowie der neu entstandenen Teilchen ziehen lassen. Dies ist mit einem enormen technischen Aufwand für die Herstellung und den Betrieb der Anlagen sowie mit extremen Anforderungen an die Rechnerleistung zwecks Datenauswertung verbunden. Auch aus diesem Grund wird CERN international betrieben und finanziert.

Geschichte

Gründung

Nach zwei UNESCO-Konferenzen in Florenz und Paris unterzeichneten elf europäische Regierungen die Vereinbarung zu einem provisorischen CERN. Im Mai 1952 traf sich der provisorische Rat zum ersten Mal in Paris. Am 29. Juni 1953, auf der 6. Konferenz des provisorischen CERN in Paris, unterzeichneten Vertreter der zwölf europäischen Staaten die Gründungsurkunde. Im Oktober 1953 wurde auf einer Konferenz in Amsterdam der Sitz des CERN und dessen Laboratoriums in der Nähe von Genf bestimmt. Am 24. Februar 1954 erfolgte die 1. Konferenz des CERN-Rates nach der Gründung in Genf. Am 29. September 1954 ratifizierten sieben der zwölf Mitgliedstaaten den Staatsvertrag zur Gründung. Am 10. Juni 1955 erfolgte die Grundsteinlegung des CERN-Laboratoriums durch Felix Bloch, den ersten regulären Generaldirektor des CERN.

Erste Beschleuniger

Ursprünglich war das CERN vor allem für die Forschung im Bereich der Kernenergie vorgesehen, schon bald entstanden aber die ersten Teilchenbeschleuniger. 1957 wurde das Synchro-Zyklotron (SC), das Protonen auf bis zu 600 MeV beschleunigte, in Betrieb genommen, das erst nach über 33 Jahren Betrieb 1990 abgeschaltet werden sollte. Am 24. November 1959 folgte das Protonen-Synchrotron (PS) mit einer (damals weltweit höchsten) Protonenergie von 28 GeV, es arbeitet heute noch als Vorbeschleuniger. 1965 erfolgte eine Vereinbarung mit Frankreich, die geplanten Protonen-Speicherringe, Intersecting Storage Rings (ISR) genannt, auch auf französischen Boden auszubauen. 1968 erfand Georges Charpak einen Teilchendetektor, der in einer gasgefüllten Kammer eine große Anzahl parallel angeordneter Drähte zur besseren Orts- und Energieauflösung enthielt. Er revolutionierte mit dieser Drahtkammer den Teilchennachweis und erhielt 1992 den Nobelpreis für Physik. 1970 belief sich das Budget des CERN auf 370 Millionen Schweizer Franken. Die Kosten wurden 1970 zu 23 Prozent durch die Bundesrepublik Deutschland, zu 22 Prozent durch das Vereinigte Königreich und zu 20 Prozent von Frankreich getragen.

1970/71 gingen die großen Blasenkammern Gargamelle und BEBC zur Untersuchung von Neutrino-Reaktionen in Betrieb. 1971 wurde auch der ISR fertiggestellt. 1973 gelang mit Gargamelle die Entdeckung der neutralen Ströme der Z0-Teilchen durch André Lagarrigue. 1976 folgte als neuer Beschleuniger das Super-Protonen-Synchrotron (SPS), das auf einem Bahnumfang von 7 km Protonen mit 400 GeV liefert. 1981 wurde es zum Proton-Antiproton-Collider ausgebaut; dabei wurde die Technik der stochastischen Kühlung von Simon van der Meer genutzt. Im Mai 1983 wurden am CERN die W- und Z-Bosonen entdeckt, Carlo Rubbia und Simon van der Meer erhielten dafür 1984 den Nobelpreis.

Die im Laufe der über 50-jährigen Geschichte verwendeten und inzwischen abgebauten oder außer Betrieb gesetzten Beschleuniger sind:

Large Electron-Positron Collider

LEAR – Hier wurden 1996 im CERN erstmals Antiwasserstoffatome erzeugt.

Im August 1989 ging der Large Electron-Positron Collider (LEP) in Betrieb, einer der größten jemals gebauten Beschleuniger. In einem Tunnel von 27 km Länge kollidierten hier an ausgewählten Orten Elektronen und ihre Antiteilchen, die Positronen, mit Energien von 100 GeV. 1996 wurden am LEAR-Speicherring (Low Energy Antiproton Ring) erstmals Antiwasserstoffatome produziert, es gab dabei erste Hinweise auf geringfügige Unterschiede zwischen Materie und Antimaterie (CP-Verletzung), was 2001 durch ein weiteres Experiment bestätigt wurde.

Die vier Detektoren am LEP wurden für den Test des Standardmodells entwickelt. Sie wurden nach erfolgreichem Betrieb abgebaut um Platz für die LHC-Detektoren zu schaffen.

  • ALEPH (Apparatus for LEp PHysics) dient zum Nachweis von Teilchen, die bei der Zerstrahlung von Elektronen und Positronen entstehen
  • DELPHI (DEtector with Lepton PHoton and Hadron Identification): Teilchenidentifikation sowie dreidimensionale Teilchenspuren
  • OPAL (Omni Purpose Apparatus for Lep) ist ein großer, zwiebelförmig aufgebauter Vielzweckdetektor zur Messung von Reaktionsprodukten
  • L3-Detektor: Der größte LEP-Detektor enthält mehr als 10.000 Kristalle aus Bismutgermanat (BGO) zum Nachweis von Elektronen und Photonen. L3 erhielt diesen Namen, weil es sich um den dritten eingereichten Vorschlag für einen LEP-Detektor handelte.

Im Jahre 1999 begannen die Bauarbeiten für den LHC in dem Tunnel des Large Electron-Positron Colliders. Im Jahre 2000 wurde der LEP endgültig abgeschaltet.

Experimente und Anlagen

Linearbeschleuniger im CERN

Beschleuniger

Am Anfang der Experimente stehen Beschleuniger, welche den Teilchen die für die Untersuchungen notwendige kinetische Energie verleihen. Hervorzuheben sind das Super Proton Synchrotron (SPS) für die Vorbeschleunigung und der Large Hadron Collider (LHC), der Große Hadronen-Speicherring, der bei weitem größte und aufwändigste Beschleuniger, der am Anfang vieler Experimente steht. Weitere Anlagen sind:

  • Protonen-Linearbeschleuniger (Linac2)
  • Schwerionen-Linearbeschleuniger (Linac3)
  • Proton Synchrotron Booster (PSB)
  • Proton Synchrotron (Protonen-Synchrotron, PS)
  • Low Energy Ion Ring (LEIR)
  • Antiproton Decelerator (AD)

Large Hadron Collider

Technische Daten

Aufbau der gegenwärtigen Anlage

Der Large Hadron Collider (LHC) ist der größte Teilchenbeschleuniger der Welt. Der Beschleunigerring hat einen Umfang von 26.659 m und enthält 9.300 Magnete. Zur Durchführung der Experimente muss der Speicherring in zwei Schritten auf die Betriebstemperatur heruntergekühlt werden. Im ersten Schritt werden die Magnete mit Hilfe von flüssigem Stickstoff auf -193,2 °C (80 K), in einem zweiten Schritt mittels flüssigen Heliums auf -271,3 °C (1,9 K) heruntergekühlt. Anschließend wird die Anlage kontrolliert hochgefahren. Die Teilchen werden in mehreren Umläufen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mit extrem hoher kinetischer Energie zur Kollision gebracht.

Am 8. August 2008 wurden die ersten Protonen in den LHC geschossen, am 10. September 2008 folgte der erste offizielle Rundumlauf von Protonen. Noch vor dem 21. Oktober 2008 sollte es zu den ersten Protonen-Kollisionen kommen; dieser Termin konnte jedoch auf Grund der erzwungenen Abschaltung nach einem Problem nicht eingehalten werden. Am 23. Oktober 2009 wurden erneut Protonen in den Tunnel injiziert.[4] Am 30. März 2010 gelang es erstmals, Protonen mit einer Rekordenergie von jeweils 3,5 TeV aufeinandertreffen zu lassen.[5] Ab wann die volle Teilchenenergie im LHC erreicht wird, ist noch unbekannt, geplant ist es für das Jahr 2015veraltet. Im November und Dezember 2010 wurden erfolgreich Blei-Ionen beschleunigt;[6] zwischen Februar und November 2011 wurden wieder Protonen beschleunigt, gefolgt von einer weiteren Phase für Blei im November und Dezember 2011.

Detektoren

Datei:CMS Yep2 descent.jpg
Installation von CMS (→ Animation)

Die bei den Partikelkollisionen entstehenden Teilchen werden im Rahmen verschiedener Experimente mit Hilfe von Detektoren registriert und anschließend von internationalen Wissenschaftler-Teams mittels spezieller Computerprogramme analysiert. Die Experimente bzw. Detektoren am LHC sind:

  • ALICE (A Large Ion Collider Experiment) ist ein Vielzweckdetektor, optimiert für Kollisionen von Schwerionen, zum Beispiel Blei, bei denen extreme Energiedichten eintreten.
  • ATLAS (A Toroidal Lhc ApparatuS) mit zwiebelförmigen Aufbau untersucht vor allem hochenergetische Proton-Proton-Kollisionen. Insbesondere soll der Nachweis des Higgs-Teilchens gelingen. Im Juli 2012 gelang mit ATLAS in Verbindung mit CMS der Nachweis (5σ) eines neuen Teilchens. Ob es sich tatsächlich um das Higgs-Boson handelt ist noch nicht sicher geklärt. Außerdem wird nach supersymmetrischen Teilchen gesucht.
  • CMS (Compact Muon Solenoid) untersucht ebenfalls Proton-Proton-Kollisionen; Besonderheit ist ein Kalorimeter aus Bleiwolframat-Kristallen für hochenergetische Photonen, zusätzlich Halbleiterspurdetektoren und Myon-Nachweissystem. CMS und ATLAS sind so konzipiert, dass sie eine gegenseitige Überprüfung wissenschaftlicher Resultate garantieren.
  • LHCb (Large Hadron Collider beauty experiment) vermisst CP-Verletzung bei B- und D-Mesonen, und sucht nach seltenen Zerfälle von Hadronen, die das schwere Bottom-Quark enthalten.
  • TOTEM (TOTal Elastic and diffractive cross section Measurement) zur Ermittlung der Größe des Protons mit bislang noch unerreichter Genauigkeit.

Weitere physikalische Experimente

Neben den Experimenten am LHC werden mit den anderen Beschleunigern und Detektoren weitere Experimente durchgeführt zur Erforschung von Hadronstruktur, Neutrinooszillation und Dunkler Materie:

  • COMPASS-Experiment (Common Muon Proton Apparatus for Structure and Spectroscopy): COMPASS ist ein Experiment aus dem Bereich der Hochenergiephysik am Super Proton Synchrotron (SPS). Ziel des Experiments ist zum einen die Erforschung der Hadronstruktur und zum anderen Hadronspektroskopie mit Myon- und Hadronstrahlen hoher Intensität. Das COMPASS-Spektrometer wurde in den Jahren 1999 bis 2000 aufgebaut und im Rahmen eines technischen Runs 2001 in Betrieb genommen. Die Datennahme begann im Sommer 2001 und wird nach einjähriger Unterbrechung 2005 voraussichtlich mindestens bis 2010 fortgesetzt. 240 Wissenschaftler aus 12 Ländern und 28 Instituten sind bei COMPASS engagiert.
  • CNGS (CERN Neutrinos to Gran Sasso (Italien)): Ziel des Experiments ist es, die Neutrinooszillation zu untersuchen. Dazu wird mit Hilfe des SPS-Beschleunigers ein Neutrino-Strahl erzeugt, der mit dem OPERA im italienischen Labor Gran Sasso National Laboratory (LNGS) detektiert und untersucht werden soll. Die Konstruktion begann im September 2000. Am 18. August 2006 hat OPERA den ersten Neutrino-Strahl detektiert, am 2. Oktober 2007 den ersten Strahl aus dem CERN[7]
  • ISOLDE (Isotope Separator On Line-Detector): ISOLDE ist ein on-line Isotopen-Massenseparator, mit dem eine Vielzahl radioaktiver Ionenstrahlen erzeugt werden kann, die in Experimenten der Atom-, Kern-, Astro- und Festkörperphysik und biomedizinischen Studien Verwendung finden. Mehr als 600 Isotope von 60 verschiedenen Elementen mit Lebensdauern bis in den Millisekunden-Bereich wurden bisher untersucht.
  • CAST-Experiment (CERN Axion Solar Telescope): In diesem Experiment wird versucht, mittels eines sehr starken Magnetfelds so genannte solare Axionen nachzuweisen. Dies sind hypothetische, subatomare, mit gewöhnlicher Materie nur sehr schwach wechselwirkende Teilchen, die als Hauptkandidaten für die Existenz Dunkler Materie gelten (siehe auch: Primakoff-Effekt).

Daneben werden eine Vielzahl kleinerer Experimente durchgeführt, so unter anderem:

  • CLOUD-Experiment (Cosmics Leaving OUtdoor Droplets): Ein seit 2006 laufendes internationales Projekt am Proton Synchrotron (PS) zur Untersuchung des Einflusses von kosmischer Strahlung auf die Bildung von Kondensationskeimen (Aerosolen) in der Atmosphäre und damit auf die Wolkenbildung.

Computertechnik

Server im Rechenzentrum.
Rechenzentrum im CERN.

Um die ungeheuren Datenmengen, die seit November 2009[8] an den vier großen Experimenten ALICE, ATLAS, CMS und LHCb des LHC anfallen, verarbeiten zu können, wird derzeit intensiv an der Entwicklung eines LHC Computing Grid, einem System für verteiltes Rechnen gearbeitet.

Auch das World Wide Web hat seine Ursprünge am CERN. Um Forschungsergebnisse auf einfache Art und Weise unter den Wissenschaftlern austauschen zu können, wurde das Konzept bereits 1989 quasi als Nebenprodukt der eigentlichen Forschungsarbeit von Tim Berners-Lee entwickelt.

Forschungsergebnisse

Viele fundamentale Erkenntnisse über den Aufbau der Materie und die Grundkräfte der Physik wurden am CERN gewonnen. Die Entdeckung der W- und Z-Bosonen gelang 1983 Carlo Rubbia und Simon van der Meer, für die sie 1984 den Nobelpreis erhielten. Auch der erste Hinweis auf die Entstehung eines Quark-Gluon-Plasmas bei extrem hohen Temperaturen wurde 1999 am Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) gefunden. Folgeexperimente am LHC mit dem ALICE-Detektor sind vorgesehen. Im Jahre 2002 gelang die Produktion und Speicherung von mehreren tausend „kalten“ Antiwasserstoff-Atomen durch die ATHENA-Kollaboration, ebenso begann die Datenaufnahme im COMPASS-Experiment.

Ein weiteres Forschungsfeld ist die bereits seit Jahrzehnten andauernde Suche nach dem Higgs-Boson, dessen Existenz für die Bestätigung des Standardmodells notwendig ist. Dazu soll die Energie am Large Hadron Collider von derzeit maximal 7 TeV noch einmal verdoppelt werden. Dies ist auch für die Suche nach schweren supersymmetrischen Teilchen notwendig, des Weiteren für die genauere Untersuchung des Quark-Gluon-Plasmas.

Standort und rechtlicher Status

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Karte: Schweiz
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CERN
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Schweiz
Übersicht des Geländes

Das Hauptgelände des CERN liegt bei Meyrin (nahe Genf) in der Schweiz, nahe der Grenze zu Frankreich; große Teile der Beschleunigerringe und auch einige unterirdische Experimentierplätze befinden sich geografisch auf französischem Staatsgebiet, gehören aber trotzdem administrativ zur Schweiz.

Aufgrund von Sitzabkommen des CERN mit der Schweiz und Frankreich gilt auf dem Gelände des CERN kein nationales Recht.[9][10] Daher kann CERN vor keinem nationalen Gericht verklagt werden. Bürger, die sich an nationale Gerichte gewandt hatten, um die Aussetzung der von ihnen als gefährlich erachteten Experimente am LHC des CERN zu erreichen, wurden regelmäßig wegen Nichtzuständigkeit der angerufenen Gerichte abgewiesen.[11][12][13] Zurzeit ist noch eine Klage von Gegnern der LHC-Experimente vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig.[14]

Das CERN hat damit, wie auch das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie, als internationales Forschungszentrum eine besondere Stellung. Das oberste Entscheidungsgremium der Organisation ist der Rat des CERN, in welchen alle Mitgliedsstaaten jeweils zwei Delegierte entsenden: einen Repräsentanten der Regierung und einen Wissenschaftler.[15]

Die offiziellen Arbeitssprachen des CERN sind Englisch und Französisch.[16]

Seit Dezember 2012 verfügt das CERN über einen Beobachterstatus bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Dieser besondere Status verleiht dem CERN das Recht, bei Konferenzen der Generalversammlung zu sprechen, bei formellen Abstimmungen zu votieren und UN-Resolutionen zu unterstützen und unterzeichnen, nicht jedoch über sie mit abzustimmen.[17] Der Status wurde verliehen, nachdem die Schweiz und Frankreich unter Befürwortung aller weiteren 18 Mitgliedsstaaten sowie diverser weitere Nicht-Mitgliedsstaaten einen entsprechenden Antrag gestellt hatten. Begründet wurde die Entscheidung mit der wichtigen Rolle des CERN in Wissenschaft und Entwicklung und dem Aspekt der außerordentlichen internationalen Zusammenarbeit.[18]

Organisation

Mitgliedstaaten

Die zwölf Gründungsmitglieder 1954
Zahlende Mitglieder des CERN
  • Gründerstaaten ohne Ex-Jugoslawien
  • späterer Beitritt
  • Die Gründungsmitglieder 1954 waren die Schweiz, Belgien, Dänemark, Deutschland (Westdeutschland, ohne DDR), Frankreich, Griechenland, Vereinigtes Königreich, Italien, Jugoslawien (bis 1961), Niederlande, Norwegen und Schweden.

    Es folgten weitere Staaten: Österreich (1959), Spanien (1961–1968 und ab 1983), Portugal (1986), Finnland (1991), Polen (1991), Ungarn (1992), Tschechien (1993), Slowakei (1993) und Bulgarien (1999).

    Finanzierung (Budget 2010)

    Mitgliedstaat Anteil (%)[3] Mio. CHF[3] ca. Mio. EUR*
    DeutschlandDeutschland Deutschland 20,30 225,8 174
    FrankreichFrankreich Frankreich 15,63 173,8 134
    Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 14,64 162,8 125
    ItalienItalien Italien 11,64 129,4 99,5
    SpanienSpanien Spanien 8,89 98,9 76,1
    NiederlandeNiederlande Niederlande 4,55 50,6 38,9
    BelgienBelgien Belgien 2,82 31,3 24,1
    NorwegenNorwegen Norwegen 2,76 30,7 23,6
    PolenPolen Polen 2,66 29,6 22,8
    SchweizSchweiz Schweiz 2,41 26,9 20,7
    SchwedenSchweden Schweden 2,40 26,7 20,5
    OsterreichÖsterreich Österreich 2,25 25,0 19,2
    GriechenlandGriechenland Griechenland 1,93 21,5 16,5
    DanemarkDänemark Dänemark 1,76 19,6 15,1
    FinnlandFinnland Finnland 1,49 16,5 12,7
    PortugalPortugal Portugal 1,18 13,1 10,1
    TschechienTschechien Tschechien 1,08 12,1 9,3
    UngarnUngarn Ungarn 0,69 7,6 5,8
    SlowakeiSlowakei Slowakei 0,60 6,7 5,2
    BulgarienBulgarien Bulgarien 0,32 3,6 2,7
    gesamt 100 1112,2 855,5
    * Wechselkurs: 1 CHF = 0,88 EUR (ca. Anfang 2012)

    Die Anteile der Finanzierung haben dabei keinen beziehungsweise nur geringen Einfluss auf die Vertretung der einzelnen Nationalitäten. Dies spiegelt sich sowohl bei den offiziellen Arbeitssprachen Englisch und Französisch,[16] als auch bei der Herkunft der beschäftigten Mitarbeiter (staff member) und Gastwissenschaftler (user) wider. Deutschland ist hier mit 334 Mitarbeitern und 1148 Gastwissenschaftlern (Stand: 2011) im Vergleich zu seinem Finanzierungsanteil deutlich unterrepräsentiert.[2] Auch auf die Anzahl der in den Rat des CERN entsandten Vertreter haben die Anteile an der Finanzierung keinen Einfluss.

    Mitgliedskandidaten und Assoziierte Mitglieder

    Rumänien ist Kandidat auf eine Mitgliedschaft, Israel und Serbien sind assoziierte Mitglieder in der Anwärterphase auf eine Mitgliedschaft.

    Beobachterstatus und Nichtmitglieder

    Beobachterstatus haben gegenwärtig die Europäische Kommission, Indien, Japan, Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten sowie die UNESCO.

    Mit mehreren Staaten, die nicht zu CERN gehören, wurden Kooperationsvereinbarungen für die LHC-Nutzung abgeschlossen, bisher mit Indien, Japan, Kanada, Russland und den Vereinigten Staaten. Weitere Staaten sind als Nichtmitglieder an CERN-Programmen beteiligt: Ägypten, Algerien, Argentinien, Armenien, Australien, Aserbaidschan, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Ecuador, Estland, Georgien, Island, Iran, Irland, Jordanien, Kanada, Kolumbien, Kroatien, Kuba, Litauen, Malta, Mazedonien, Mexiko, Montenegro, Marokko, Neuseeland, Pakistan, Peru, Saudi-Arabien, Slowenien, Südafrika, Südkorea, Ukraine, Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam, Weißrussland und Zypern.[19]

    Generaldirektoren

    Name Amtsperiode Amt Herkunft Lebensdaten
    Edoardo Amaldi September 1952–September 1954 Generaldirektor des provisorischen CERN Italien 1908–1989
    Felix Bloch Oktober 1954–August 1955 Generaldirektor des CERN Schweiz/Vereinigte Staaten 1905–1983
    Cornelis Jan Bakker September 1955–April 1960 Niederlande 1904–1960, verstarb durch Flugzeug-Absturz
    John Bertram Adams Mai 1960–Juli 1961 Großbritannien 1920–1984
    Victor Frederick Weisskopf August 1961–Dezember 1965 Generaldirektor Österreich/Vereinigte Staaten 1908–2002
    Bernard Paul Gregory Januar 1966–Dezember 1970 Frankreich 1919–1977
    Willibald Karl Jentschke Januar 1971–Dezember 1975 Generaldirektor für das CERN Laboratorium I in Meyrin (Schweiz) Österreich 1911–2002
    John Bertram Adams Januar 1971–Dezember 1975 Generaldirektor für das CERN Laboratorium II Großbritannien 1920–1984
    John Bertram Adams Januar 1976–Dezember 1980 geschäftsführender Generaldirektor Großbritannien 1920–1984
    Léon Van Hove Januar 1976–Dezember 1980 Direktor der Theorieabteilung des CERN Belgien 1924–1990
    Herwig Schopper Januar 1981–Dezember 1988 Generaldirektor Deutschland * 1924
    Carlo Rubbia Januar 1989–Dezember 1993 Generaldirektor Italien * 1934
    Christopher Llewellyn Smith Januar 1994–Dezember 1998 Großbritannien * 1942
    Luciano Maiani Januar 1999–Dezember 2003 Generaldirektor Italien * 1941
    Robert Aymar Januar 2004–Dezember 2008 Generaldirektor Frankreich * 1936
    Rolf-Dieter Heuer Januar 2009–Dezember 2013 Generaldirektor Deutschland * 1948

    Siehe auch

    Literatur

    • Hannelore Dittmar-Ilgen: 50 Jahre CERN – Ein Beitrag Europas für die Zukunft. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. 57, 12, Stuttgart 2004, ISSN 0028-1050, S. 653–660.
    • Rolf Landua: Am Rande der Dimensionen. Gespräche über die Physik am CERN. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-518-26003-0.

    Weblinks

    Wiktionary Wiktionary: CERN – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
     Commons: CERN – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

    Einzelnachweise

    1. http://public.web.cern.ch/public/en/About/Name-en.html
    2. 2,0 2,1 2,2 CERN - Human Resources Department: CERN Personnel Statistics 2011 - Juli 2011 (PDF, 435 KiB, englisch)
    3. 3,0 3,1 3,2 CERN - Resources Planning and Control: Member States Contributions to the CERN budget – 2010. (PDF)
    4. CERN-Bulletin (fr/en)
    5. Urknall-Experiment glückt ohne Weltuntergang in Die Welt vom 30. März 2010
    6. Artikel bei sueddeutsche.de
    7. http://www.interactions.org/cms/?pid=1025498
    8. Erste Kollisionen in der Urknallmaschine. Abgerufen am 31. März 2010.
    9. Abkommen mit der Schweiz (1955)
    10. Abkommen mit Frankreich (Fassung 1965)
    11. Klage von Walter L. Wagner vor dem Supreme Court von Hawaii
    12. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2010, Az. 2 BvR 2502/08, Volltext.
    13. Interview mit der Zürcher Klägerin Gabriela Schröter vom 7. April 2010)
    14. EGMR, Äußerung zur gemäß Art. 34 Europäische Menschenrechtskonvention und Art. 45 und 47 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs eingereichten Beschwerde, Az. 41028/08.
    15. CERN - Organisation
    16. 16,0 16,1 The Official and Working Languages of the Organization (eng., frz.)
    17. CERN becomes first pure physics voice in UN chorus, newscientist.com vom 14. Dezember 2012
    18. European nuclear research body CERN gets observer status at UN Assembly, Artikel der Times of India vom 15. Dezember 2012
    19. http://international-relations.web.cern.ch/International-Relations/office/listcountries.html


    46.2333333333336.0491666666667Koordinaten:

    46° 14′ 0″ N, 6° 2′ 57″ O; CH1903: 492816 / 121161

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