Tolvaptan

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Strukturformel
Strukturformel von Tolvaptan
Allgemeines
Name Tolvaptan
Andere Namen
  • N-(4-{[(5R)-7-Chlor-5-hydroxy-2,3,4,5-tetrahydro-1H-1-benzazepin-1-yl]carbonyl}-3-methylphenyl)-2-methylbenzamid (IUPAC)
  • OPC-41061 (Entwicklungscode)
  • Samsca (Handelsname)
Summenformel C26H25ClN2O3
CAS-Nummer 150683-30-0
PubChem 216237
ATC-Code

C03XA01

Eigenschaften
Molare Masse 448,94 g·mol−1
Sicherheitshinweise
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GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Einstufung verfügbar

H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Tolvaptan (Entwicklungscode OPC-41061) ist der internationale Freiname für ein zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung von Patienten mit einem zu geringen Natrium-Spiegel im Blut (Hyponatriämie), bedingt durch das Schwartz-Bartter-Syndrom (SIADH).[2] Tolvaptan gehört zu der Wirkstoffklasse der selektiven kompetitiven Antagonisten des Arginin-Vasopressin-Rezeptors 2 (AVPR2).

Vermarktet wird Tolvaptan durch die japanische Arzneimittelfirma Otsuka.

Wirkprinzip und Beschreibung

Tolvaptan soll selektiv die durch das antidiuretische Hormon (Vasopressin) ausgelöste Rückresorption von freiem Wasser über Aquaporine (Wasserkanäle in den Membranen der Zellen) im Sammelrohr der Niere unterdrücken. Tolvaptan bindet im Vergleich zu Vasopressin mit einer um den Faktor 1,8 höheren Affinität an den Arginin-Vasopressin-Rezeptor 2, wodurch dieser gehemmt wird und die Ausscheidung von Wasser (Diurese) erhöht wird. Dabei wird die Ausscheidung von den im Wasser gelösten Elektrolyten nicht beeinflusst. Das Wirkprinzip von Tolvaptan unterscheidet sich in diesem Punkt entscheidend von dem der konventionellen Diuretika.[2]

Tolvaptan ist seit 2. August 2009 in der EU zur Behandlung von Erwachsenen mit Hyponatriämie als sekundäre Folge des Syndroms der inadäquaten Sekretion des antidiuretischen Hormons (SIADH) zugelassen. Es ist erste oral verfügbare selektive V2-Vasopressin-Rezeptor-Antagonist.[2] Tolvaptan wird von dem japanischen Pharmaunternehmen Ōtsuka Pharmaceutical produziert und vertrieben.

Die Dosis pro Tablette beträgt je nach Verschreibungsform 15 oder 30 mg.[3]

Pharmakokinetik

Nach der oralen Einnahme wird Tolvaptan schnell resorbiert. Die Maximalkonzentration im Blutplasma wird nach etwa zwei Stunden erreicht, wobei circa 56 % der eingenommenen Dosis bioverfügbar sind. Die Plasmahalbwertszeit liegt bei etwa acht Stunden. Die Ausscheidung erfolgt im Wesentlichen über das Leber-Galle-Darm-System. Weniger als 1 % wird über den Nieren-Blasen-Weg mit dem Harn eliminiert.[2]

Nebenwirkungen

In klinischen Studien mit Tolvaptan trat bei den Patienten sehr häufig – das bedeutet bei mehr als einem von zehn Behandelten – ein Durstgefühl oder Übelkeit auf. Häufig, das heißt bei 1 bis 10 von 100 Behandelten, waren Mundtrockenheit, übermäßiger Wasserkonsum, verstärkter Harndrang oder häufigeres Wasserlassen, Wasserverlust, Müdigkeit, allgemeine Schwäche, Appetitmangel, Verstopfung, Schwindel, niedriger Blutdruck beim Aufstehen, Ohnmacht, fleckige Hautblutungen, Juckreiz, Fieber, ein Anstieg der Natrium-, Kalium-, Kreatinin-, Harnsäure- und Blutzuckerwerte, sowie eine Abnahme des Blutzuckerspiegels.[4]

Im März 2012 wies der Hersteller Otsuka in einem Rote-Hand-Brief auf Risiken von zu raschen Serumnatriumanstiegen bei Anwendung von Tolvaptan hin.[5]

Die FDA hat im Jänner 2013 einen Warnhinweis ausgegeben, da Tolvaptan Leberschädigungen verursachen könnte[6].

Gegenanzeigen

Auf die Einnahme von Tolvaptan sollte bei einer Anurie (stark verminderte Harnproduktion), einer Hyponatriämie bei extrazellulärem Volumenmangel (hypovolämische Hyponatriämie), einer echten Volumendepletion (beispielsweise durch Diarrhoe, Blutung oder Erbrechen), einer Hypernatriämie, bei Patienten ohne Durstgefühl, während der Schwangerschaft und Stillzeit, sowie bei einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der Bestandteile seiner Formulierung, nicht eingenommen werden (Kontraindikation).[4]

Experimenteller Wirkstoff bei ADPKD

Tolvaptan befindet sich zurzeit in der klinischen Phase III zur Behandlung von Zystennieren, speziell der autosomal-dominant polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD).[7][8][9][10] Im November 2012 wurde die ersten Ergebnisse der Studie veröffentlicht.[11] Die Wachstumsgeschwindigkeit der Zysten konnte bei den mit Tolvaptan behandelten Patienten, im Vergleich zur Placebo-Gruppe, um mehr als die Hälfte reduziert werden.[12]

Synthese

Ein möglicher Syntheseweg für Tolvaptan, der mit 3-Chlor-2-Nitrobenzoesäure beginnt.

Tolvaptan lässt sich über mehrere Stufen, beispielsweise aus 3-Chlor-2-Nitrobenzoesäure, synthetisieren.[13]

Weiterführende Literatur

  • G. A. Reif, T. Yamaguchi, Emily Nivens, Hiroyuki Fujiki, Cibele S. Pinto, Darren Paul Wallace: Tolvaptan inhibits ERK-dependent cell proliferation, Cl- secretion and in vitro cyst growth of human ADPKD cells stimulated by vasopressin. In: American journal of physiology. Renal physiology [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] August 2011, ISSN 1522-1466. doi:10.1152/ajprenal.00243.2011. PMID 21816754.
  • H. D. Zmily, S. Daifallah, J. K. Ghali: Tolvaptan, hyponatremia, and heart failure. In: International journal of nephrology and renovascular disease Band 4, 2011, S. 57–71, ISSN 1178-7058. doi:10.2147/IJNRD.S7032. PMID 21694950. PMC 310879.
  • A. Ambrosy, S. R. Goldsmith, M. Gheorghiade: Tolvaptan for the treatment of heart failure: a review of the literature. In: Expert opinion on pharmacotherapy Band 12, Nummer 6, April 2011, S. 961–976, ISSN 1744-7666. doi:10.1517/14656566.2011.567267. PMID 21401442. (Review).
  • E. Ferrer: Tolvaptan for the treatment of hyponatremia and congestive heart failure. In: Drugs of today Band 46, Nummer 3, März 2010, S. 163–171, ISSN 1699-3993. doi:10.1358/dot.2010.46.3.1464842. PMID 20467590. (Review).
  • G. L. Plosker: Tolvaptan. In: Drugs Band 70, Nummer 4, März 2010, S. 443–454, ISSN 0012-6667. doi:10.2165/11204630-000000000-00000. PMID 20205486. (Review).
  • M. Gheorghiade, W. A. Gattis u.a.: Effects of tolvaptan, a vasopressin antagonist, in patients hospitalized with worsening heart failure: a randomized controlled trial. In: JAMA : the journal of the American Medical Association Band 291, Nummer 16, April 2004, S. 1963–1971, ISSN 1538-3598. doi:10.1001/jama.291.16.1963. PMID 15113814.

Einzelnachweise

  1. Datenblatt Tolvaptan bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 10. August 2011.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 K. A. Gräfe, S. Siebenand: Neu auf dem Markt – Laropiprant, Plerixafor und Tolvaptan. In: Pharmazeutische Zeitung 40, 2009.
  3. ema.europa.eu: Handelsformen von Samsca. Abgerufen am 10. August 2011
  4. 4,0 4,1 ema.europa.eu: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels.
  5. Rote-Hand-Brief über die Risiken von zu raschen Serumnatriumanstiegen abgerufen von WebSite der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  6. FDA - Samsca (tolvaptan): Drug Warning - Potential Risk of Liver Injury
  7. Klinische Studie (Phase III): "TEMPO 3/4 Trial" Tolvaptan Efficacy and Safety in Management of Polycystic Kidney Disease and Its Outcomes (TEMPO3/4) bei Clinicaltrials.gov der NIH
  8. V. Patel, R. Chowdhury, P. Igarashi: Advances in the pathogenesis and treatment of polycystic kidney disease. In: Current opinion in nephrology and hypertension Band 18, Nummer 2, März 2009, S. 99–106, ISSN 1535-3842. doi:10.1097/MNH.0b013e3283262ab0. PMID 19430332. PMC 282027. (Review).
  9. V. E. Torres: Vasopressin antagonists in polycystic kidney disease. In: Seminars in nephrology Band 28, Nummer 3, Mai 2008, S. 306–317, ISSN 0270-9295. doi:10.1016/j.semnephrol.2008.03.003. PMID 18519091. (Review).
  10. V. E. Torres: Role of vasopressin antagonists. In: Clinical journal of the American Society of Nephrology Band 3, Nummer 4, Juli 2008, S. 1212–1218, ISSN 1555-905X. doi:10.2215/CJN.05281107. PMID 18434616. (Review).
  11. V. E. Torres, A. B. Chapman u. a.: Tolvaptan in Patients with Autosomal Dominant Polycystic Kidney Disease. In: The New England journal of medicine. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] November 2012, ISSN 1533-4406. doi:10.1056/NEJMoa1205511. PMID 23121377.
  12. rme: Tolvaptan bremst Wachstum von Zystennieren. In: Deutsches Ärzteblatt vom 5. November 2012
  13. K. Kondo, H. Ogawa u.a.: 7-Chloro-5-hydroxy-1-[2-methyl-4-(2-methylbenzoyl-amino)benzoyl ]-2,3,4,5-tetrahydro-1H-1-benzazepine (OPC-41061): a potent, orally active nonpeptide arginine vasopressin V2 receptor antagonist. In: Bioorganic & medicinal chemistry Band 7, Nummer 8, August 1999, S. 1743–1754, ISSN 0968-0896. PMID 10482466.

Weblinks

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