Tigecyclin

Tigecyclin

Strukturformel
Struktur von Tigecyclin
Allgemeines
Freiname Tigecyclin
Andere Namen
  • IUPAC: (4S,4aS,5aR,12aS)-4,7- Bis(dimethylamino)-9- [(tert-butylamino)acetamido] -3,10,12,12a-tetrahydroxy-1,11- dioxo-1,4,4a,5,5a,6,11,12a- octahydrotetracen-2- carbamid
  • Latein: Tigecyclinum
Summenformel C29H39N5O8
CAS-Nummer 220620-09-7
PubChem 5282044
ATC-Code

J01AA12

DrugBank DB00560
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Tetracyclin-Antibiotikum, Glycylcyclin

Wirkmechanismus

Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese an deren Ribosomen

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 585,65 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Einstufung verfügbar

H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
LD50

106 mg·kg−1 (Ratte i.v.)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Das halbsynthetische Antibiotikum Tigecyclin (Handelsname: Tygacil®) ist der erste Vertreter aus der Klasse der Glycylcycline, Derivate der Tetracycline, die in 9-Position am D-Ring eine Glycylamidogruppe tragen. Tigecyclin umgeht zwei wichtige Resistenzmechanismen: die Effluxpumpe und ribosomale Schutzmechanismen. Das sehr breite Wirkungsspektrum umfasst grampositive, gramnegative, atypische und multiresistente Keime. Der Wirkstoff wurde am 30. November 2007 in Deutschland zugelassen[3] und wird bei schweren Infektionen zur Monotherapie eingesetzt.

Pharmakologie

Indikation

Tigecyclin ist indiziert bei:

  • komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen,
  • komplizierten intraabdominellen Infektionen,
  • Infektionen mit Escherichia coli, Acinetobacter baumannii,
  • Multiresistenten Stämmen: MRSA, MSSA, VRE, extended spectrum Betalactamase.

Tigecyclin ist nicht indiziert bei Pseudomonas aeruginosa.

Rote-Hand-Brief

Im März 2011 verschickte der Hersteller Pfizer einen Rote-Hand-Brief bezüglich aller Anwendungsgebiete von Tigecyclin aufgrund erhöhter Mortalität in klinischen Studien. Darin wird betont, daß die Substanz ausschließlich zur Behandlung von komplizierten Haut- und Weichgewebsinfektionen und komplizierten intraabdominellen Infektionen zugelassen ist.

Insbesondere scheint bei Patienten, bei denen es unter der Therapie mit Tigecyclin zu einer Superinfektion kommt - vor allem im Fall einer nosokomialen Pneumonie - der Krankheitsverlauf ungünstiger zu sein. Der Rote-Hand-Brief betont, daß die betroffenen Patienten engmaschig hinsichtlich der Entwicklung einer Superinfektion überwacht werden sollten.

Falls nach Beginn der Therapie festgestellt wird, dass der Infektionsfokus nicht den oben beschriebenen Indikationen entspricht, wird eine alternative antibakterielle Therapie empfohlen. Zudem sollte die Anwendung von Tigecyclin nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn bekannt ist oder vermutet wird, dass andere Antibiotika nicht geeignet sind.[4] [5]

Wirkmechanismus

Tigecyclin wirkt grundsätzlich wie klassische Tetracycline, bindet aber mit fünffach höherer Affinität an Ribosomen und bewirkt somit, dass Protektionsproteine unwirksam werden.

Tigecyclin wird nicht von der Effluxpumpe aus der Zielzelle heraustransportiert und wirkt somit auch gegen Erreger, die gegen andere Wirkstoffe bereits resistent sind.

Metabolismus

Weniger als 20 % werden metabolisiert, die Halbwertzeit beträgt 42 Stunden. 60 % werden über Galle und Faeces, 33 % über den Urin ausgeschieden.

Nebenwirkungen

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren existieren noch keine Studien; erste Hinweise deuten eine verzögerte Knochenbildung an. Übelkeit und Erbrechen treten signifikant häufiger auf als in Vergleichsgruppen. Die Nebenwirkung ist dosisabhängig, deshalb wird empfohlen, die Tagesdosis auf zwei Gaben zu verteilen. Bei Tigecyclin tritt eine erhöhte Mortalität auf. Dies trifft insbesondere auf die Lungenentzündung zu mit einer Risikodifferenz von 6,8 für die beatmungsassoziierte, nosokomiale Pneumonie (VAP = ventilator associated pneumonia) und 1,9 für die im Krankenhaus erworbene Pneumonie (englisch HAP = hospital acquired pneumonia).[6]

Wechselwirkung

Tigecyclin wird nicht über das Cytochrom-P450-System metabolisiert, was sich positiv auf mögliche Wechselwirkungen auswirkt. In vitro konnte kein Antagonismus zu anderen Antibiotikagruppen festgestellt werden. Bei gleichzeitiger Gabe von Warfarin müssen die Blutgerinnungsparameter kontrolliert werden. Die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva kann beeinträchtigt sein.

Applikation

Tigecyclin wird intravenös appliziert. Man beginnt mit einer Initialdosis von 100 mg, anschließend 50 mg alle 12 Stunden.

Einzelnachweise

  1. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. FDA Label von Tigecyclin.
  3. Zulassungsdatum bei ODDB.org.
  4. Rote-Hand-Brief der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ).
  5. http://www.bfarm.de/SharedDocs/1_Downloads/DE/Pharmakovigilanz/roteHandBriefe/2011/rhb-tygacil.pdf?__blob=publicationFile
  6. http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm224370.htm.
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