Schwerwasserreaktor
Der Schwerwasserreaktor (Heavy Water Reactor, HWR) ist ein Kernreaktortyp, bei dem schweres Wasser (D2O bzw. 2H2O) als Kühlmittel und Moderator verwendet wird. Schweres Wasser ist Wasser, das anstatt des gewöhnlichen Wasserstoffs (H) mit der Massenzahl 1 das schwerere Wasserstoffisotop Deuterium (D bzw. 2H) mit der Massenzahl 2 enthält. Schweres Wasser absorbiert Neutronen weniger stark als normales Wasser. Daher kann dieser Reaktortyp im Gegensatz zu Leichtwasserreaktoren mit Uran in der natürlichen Isotopenzusammensetzung als Natururanreaktor betrieben werden.
Der Unterschied in der Neutronenabsorption wird bei Gefahr eines Reaktivitätsstörfalls ausgenutzt: Der Reaktorbehälter wird mit normalem Wasser H2O aus den Reservekühlwasserbecken geflutet. Durch die stärkere Neutronenabsorption des Normalwassers wird die Reaktivität verringert, der vorher kritische Reaktor wird unterkritisch, so dass die Kettenreaktion aufhört. Zu dieser Maßnahme kann im Fall eines Kühlungslecks oder bei Versagen des Steuerstabsystems gegriffen werden. Der Reaktor kann ohne schweres Wasser nicht wieder angefahren werden.
Ein Nachteil besteht darin, dass die Gewinnung des schweren Wassers teuer ist. Außerdem ergeben sich höhere Kosten durch die größeren Abmessungen und den damit verbundenen höheren Materialbedarf solcher Reaktoren.
In Schwerwasserreaktoren entsteht aus dem Deuterium des schweren Wassers durch Neutroneneinfang Tritium.
Schwerwasserreaktoren werden vor allem von Ländern mit eigenen Uranvorkommen, die keine Uran-Anreicherungsanlage besitzen, betrieben. Von den verschiedenen Reaktortypen hat sich vor allem der in Kanada entwickelte so genannte CANDU-Reaktor (Druckröhrenreaktor) durchgesetzt. Als wirtschaftlicher Flop erwies sich der Siedeschwerwasserreaktor.
In Indien gibt es zahlreiche Druckschwerwasserreaktoren.
Schwerwasserreaktoren in Deutschland
Die einzigen beiden zur Stromerzeugung eingesetzten Schwerwasserreaktoren in Deutschland waren
- der Mehrzweckforschungsreaktor Karlsruhe (52 MW netto, 57 MW brutto), der von 1966 bis 1984 in Betrieb war und
- das Kernkraftwerk Niederaichbach (100 MW netto, 106 MW brutto), das von 1973 bis 1974 in Betrieb war.