Die Rachinger-Korrektur ist ein von William Albert Rachinger (*1927) vorgeschlagenes und heute nicht mehr verwendetes rekursives Verfahren, um den störenden Kα2-Peak aus einem Beugungsbild bei der Röntgenbeugung herauszurechnen.
Ursache des Doppelpeaks
Für Beugungsexperimente mit Röntgenstrahlung verwendet man in der Regel Strahlung mit der $ K_\alpha $-Wellenlänge des Anodenmaterials. Dabei handelt es sich jedoch um ein Dublett, also in Wirklichkeit um zwei geringfügig unterschiedliche Wellenlängen. Nach den Beugungsbedingungen der Laue- bzw. Bragg-Gleichung erzeugen beide Wellenlängen jeweils ein Intensitätsmaximum. Diese Maxima liegen sehr dicht beieinander, wobei ihr Abstand abhängig vom Beugungswinkel $ 2\theta $ ist. Für größere Winkel ist der Abstand der Intentsitätsmaxima größer.
Vorgehen
Grundlagen
Die Wellenlängen der Kα1- und Kα2-Strahlung sind bekannt, damit auch ihre Energien über die Beziehung
- $ E = h \frac{c_0}{\lambda}. $
Daraus lässt sich für jeden Beugungswinkel der Winkelabstand $ \Delta\theta $ der beiden Kα-Peaks bestimmen.
Weiterhin ist bekannt, wie sich die Intensitäten von Kα1 und Kα2 im Beugungsbild verhalten. Dieses Verhältnis ist quantenmechanisch festgelegt und beträgt für alle Anodenmaterialien:
$ r = \frac{I_{\alpha_2}}{I_{\alpha_1}} = 0{,}5. $
Rechnung
Für die Rechnung geht man nun davon aus, dass sich beim K$ \alpha_2 $-Peak lediglich um eine mit dem Faktor $ r $ skalierte und um $ \Delta\theta $ zu größeren Winkeln verschobene Variante des K$ \alpha_1 $-Peaks handelt.
Für die Gesamt-Intensität gilt also
- $ I(\theta) = I_1(\theta) + I_2(\theta) $,
wobei $ I_1(\theta) $ die Intensität des reinen K$ \alpha_1 $-Peaks und $ I_2(\theta) $ die Intensität des reinen K$ \alpha_2 $-Peaks ist. Mit dem oben genannten gilt jedoch für die Intensität des K$ \alpha_2 $-Peaks
- $ I_2(\theta) = r\cdot I_1(\theta-\Delta\theta) $,
so dass sich für die Gesamt-Intensität
- $ I(\theta) = I_1(\theta) + r\cdot I_1(\theta-\Delta\theta) $
ergibt.
Praktische Umsetzung
Um die Rachinger-Korrektur praktisch durchzuführen, beginnt man an einer steigenden Flanke eines Peaks. Für einen bestimmten Winkel $ \theta $ wird die Intensität des Beugungsbildes $ I(\theta) $ genommen und mit $ r $ skaliert zu $ I'(\theta) = r\cdot I(\theta) $, gleichzeitig wird der Winkelunterschied $ \Delta\theta $ berechnet. An der Stelle $ \theta+\Delta\theta $ kann die wahre Intensität $ I_1 $ (die vorläge, wenn es keinen K$ \alpha_2 $-Peak gäbe) berechnet werden durch
- $ I_1(\theta+\Delta\theta) = I(\theta+\Delta\theta) - I'(\theta) $.
Da die Messwerte von Röntgenbeugungsexperimenten in der Regel als ASCII-Tabellen vorliegen, kann dieses Vorgehen schrittweise wiederholt werden, bis das gesamte Beugungsbild durchgefahren wurde.
Heute wird diese Methode nicht mehr verwendet. Aufgrund der Leistungsfähigkeit der Computer wird der Kα2 - Peak einfach immer mitgefittet.
Einschränkungen
Aus der Art und Weise, wie das korrigierte Beugungsbild berechnet wird, ergibt sich, dass für die kleinen Beugungswinkel keine Korrektur erfolgt.
Literatur
- William Albert Rachinger: A Correction for the α1 α2 Doublet in the Measurement of Widths of X-ray Diffraction Lines. In: Journal of Scientific Instruments. 25, Nr. 7, 1948, S. 254–255.
- B. E. Warren, X-ray Diffraction. Dover Publications, 1969/1990, ISBN 0-486-66317-5