RP-1

RP-1

RP-1
Andere Namen

Kerosin

Kurzbeschreibung hochraffiniertes Mitteldestillat aus Erdöl für den Betrieb von Raketentriebwerken
Eigenschaften
Aggregatzustand flüssig
Dichte

0,81–1,02 g/ml

Hypergol mit

hochkonzentriertem Wasserstoffperoxid

Flammpunkt

60 °C[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.


RP-1 (Abkürzung für Rocket Propellant 1 ursprünglich Refined Petroleum 1[2] ) ist ein kerosinähnliches flüssiges Kohlenwasserstoffgemisch zum Betrieb von Raketentriebwerken. RP-1 wurde in den Vereinigten Staaten entwickelt.

Geschichte

RP-1 wurde aus dem Flugzeugtreibstoff JP-4 entwickelt, indem dieser nochmals destilliert wurde, um die höchstsiedenden, am wenigsten aggressiven Bestandteile mit dem höchsten Wärmeaufnahmevermögen als Raketentreibstoff zu gewinnen.[2]

Merkmale

Die bei Raumtemperatur flüssige Substanz besteht hauptsächlich aus verzweigten und polyzyklischen Kohlenwasserstoffen mit geringen Anteilen an Alkenen, Aromaten und linearen Alkanen, welche einerseits bei langer Lagerung und andererseits bei den in Triebwerksnähe erreichten Temperaturen polymerisieren können. Die erwünschten und teilweise synthetischen Moleküle enthalten ungefähr zwölf Kohlenstoffatome. Diese Moleküle führen dazu, dass der Treibstoff einen hohen Flammpunkt sowie gute Schmierfähigkeiten von Triebwerksbestandteilen besitzt und lange lagerfähig ist.

In der Herstellung des Treibstoffes wird darauf geachtet, den Schwefelgehalt äußerst gering zu halten, da in Raketentriebwerksbrennkammern schwefelhaltige Verbrennungsrückstände zum vorzeitigen Verschleiß und Ausfall des Antriebes führen würden. Des Weiteren würden Schwefelverbindungen die Polymerisation von Treibstoffbestandteilen unterstützen und das Ausfallrisiko der mit sehr geringen mechanischen Toleranzen gefertigten Triebwerke über Gebühr erhöhen. Durch den sehr geringen Gehalt an Aromaten und Alkenen ist die Substanz deutlich weniger toxisch als beispielsweise Benzin und hat auch ein ebenso deutlich geringeres karzinogenes Potential als Hydrazin.

Hergestellt werden kann dieser Treibstoff auf Basis von Erdöl aus theoretisch jeder Quelle, praktisch werden nur wenige hochqualitative Sorten benutzt. Dies und die geringe Nachfrage führen zu einem im Vergleich zu konventionellen Luftfahrttreibstoffen oder anderen Ölproduktnutzern deutlich höheren Preis. RP-1 ist in US-Militärnorm „MIL-DTL-25576D“ genormt.[3]

Vergleich mit anderen Raketentreibstoffen

Im Vergleich zu der Treibstoffkombination flüssiger Wasserstoff – flüssiger Sauerstoff (LOX-H2) kann die Kombination von RP-1 mit Sauerstoff bezogen auf die Masse nicht so viel Schub wie die LOX-H2-Kombination erzeugen, da ihr spezifischer Impuls niedriger ist. Demgegenüber stehen die Vorteile der viel höheren Dichte von RP-1, so dass bezogen auf das Volumen die Kombination mit RP-1 mehr Schub liefern kann. Der vergleichsweise geringere spezifische Impuls rührt daher, dass die Verbrennungsprodukte von RP-1 wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Kohlenstoffmonoxid (CO), Wasser (H2O) und nicht umgesetzte Kohlenwasserstoffe im Durchschnitt schwerer sind als die Gase, die bei der Umsetzung eines fetten Gemischs von Wasserstoff mit Sauerstoff entstehen (H2O und H2). Weitere Energie aus der Verbrennung von RP-1, die für die Schuberzeugung verloren ist, geht in die Strukturoszillationen der unverbrannten Kohlenwasserstoffe.

RP-1 ist einfacher in der Handhabung als flüssiger Wasserstoff, da keine Kühlung erforderlich ist, auch wenn in der sowjetischen und später russischen Raumfahrt der Treibstoff zur weiteren Erhöhung der Dichte teilweise gekühlt wird unter Ausnutzung der schon bestehenden Wasserstoffinfrastruktur.

Im Vergleich zu der Treibstoffkombination Hydrazinderivat – Stickstofftetroxid ist RP-1 wesentlich ungiftiger, billiger und bietet mit dem Oxidator Sauerstoff einen etwas höheren spezifischen Impuls. Dafür ist die Dichte der Hydrazinderivate mit Stickstofftetroxid etwas höher.

Ähnliche Treibstoffe

Auch außerhalb der USA wurden ähnliche Kohlenwasserstoffbasierte Treibstoffe entwickelt. In der Sowjetunion/Russland gab und gibt es mehrere Erdölbasierte und für noch etwas höhere Leistungen in den 1980ern mit Sintin sogar einen synthetischen Raketentreibstoff.[4]

Anwendung

Diese Treibstoffe werden für gewöhnlich zusammen mit flüssigem Sauerstoff (LOX) in den Triebwerken verbrannt. RP-1 wurde und wird u. a. in den Raketentypen Atlas, Delta I-III, Saturn, Titan I und der Falcon genutzt. Die Energija, Sojus und die Zenit Rakete verwenden ähnliche Treibstoffe nach russischen Normen. Verwendet wurden und werden diese Treibstoffe dabei sowohl in Boostern (bsp. bei der Energija), als auch als Treibstoff der ersten Stufe (bsp. Saturn I, Saturn IB und Saturn V) sowie in Oberstufen (bsp. Falcon-Reihe. In der Black Arrow kam ein nicht näher definiertes Kerosin mit 85%igem Wasserstoffperoxid als Oxidator zum Einsatz. Diese Kombination hat einen schlechteren spezifischen Impuls als RP-1/LOX, ist dafür aber hypergol.

In die Brennkammer gefördert wird der Treibstoff aus dem unter Druck stehenden Tank mittels Turbopumpen, der Druck muss durch ein separates Drucksystem, das beispielsweise mit Helium oder Stickstoff arbeitet, erzeugt werden.

Im Rahmen des Triebwerksbetriebes sind einige Randbedingungen zu beachten. Flüssigkeitsraketentriebwerke sind für mehrfache Zündungen (z.B. auf Testständen und später im Flug) konstruiert, was zu Problemen führen kann, wenn in Leitungen verbliebene Treibstoffreste durch die Hitze polymerisieren oder verkoken. Diesen Effekten wird durch die sorgfältige Treibstoffsynthese und Kühlung des Fördersystems entgegengewirkt. Auf der anderen Seite sind feine Ruß- bzw. Graphitablagerungen in Brennkammer und Düse nicht unbedingt unerwünscht, da diese eine thermische Isolationsschicht bilden und so den Hitzestrom in das Triebwerksmaterial um etwa den Faktor 2 reduzieren können.

Weblinks

Einzelnachweise