Proteinfaltung

Proteinfaltung

Faltung und Struktur des Proteins 1EFN
Übergeordnet
Metabolismus der Proteine
Untergeordnet
de novo-Proteinfaltung
Proteinfaltung mit Chaperonen
Gene Ontology
QuickGO

Die Proteinfaltung ist der Prozess, durch den Proteine ihre dreidimensionale Struktur erhalten. Sie findet während und nach der Synthese der Peptidkette statt und ist Voraussetzung für die fehlerfreie Funktion des Proteins. Die Faltung wird durch kleinste Bewegungen der Lösungsmittelmoleküle (Wassermoleküle), sowie elektrische Anziehungskräfte innerhalb des Proteinmoleküls bewirkt. Einige Proteine können nur mithilfe von bestimmten Enzymen oder Chaperon-Proteinen die richtige Faltung erreichen.

Proteinsynthese

Proteine werden an den Ribosomen als lineare Polypeptidketten aus Aminosäuren synthetisiert. Die Abfolge der einzelnen Aminosäuren bildet die Primärstruktur des Proteins. Während oder nach der Synthese faltet sich die Polypeptidkette in eine definierte räumliche Struktur (Tertiärstruktur), die aus kleineren Strukturelementen (Sekundärstruktur) aufgebaut ist. Einige Proteine bestehen aus mehr als einer Polypeptidkette. Bildet sich ein solcher Oligomer aus mehreren Polypeptidketten in Tertiärstruktur, so spricht man von einer Quartärstruktur.

Die Aminosäurekette nimmt während der Faltung in Sekundenbruchteilen die native Konformationen, also die biologisch funktionsfähige Konformation an. Dieser Prozess wird als Levinthal-Paradox bezeichnet. Das fertig gefaltete Protein hat in der Regel die niedrigste mögliche Gibbs-Energie. Der genaue Ablauf der Proteinfaltung ist noch nicht geklärt und stellt einen aktuellen Forschungsgegenstand der Biochemie dar. Bei einigen Proteinen verläuft die Faltung über einen Zwischenzustand, der molten globule genannt wird. Es kommt zu einer Zusammenlagerung der hydrophoben Aminosäurereste, wobei innerhalb von einigen Millisekunden alle Sekundärstrukturelemente ausgebildet werden. Erst im Anschluss kommt es zur Ausbildung der Tertiärstruktur, die einige Sekunden in Anspruch nehmen kann.

Struktur und Funktion

Siehe den Hauptartikel: Proteinstruktur

Die spezifische Funktion eines Proteins ist nur durch seine definierte Struktur möglich. Fehlgefaltete Proteine werden normalerweise im Rahmen der Proteinqualitätskontrolle erkannt und im Proteasom abgebaut. Schlägt dieser Abbau fehl, kommt es zu Proteinansammlungen, die je nach Protein verschiedene Erkrankungen auslösen können. Diese Erkrankungen werden als Proteinfaltungserkrankungen bezeichnet und lassen sich wie folgt gliedern:

  • solche, bei denen Mutationen die korrekte Faltung verhindern, wodurch das Protein nicht mehr funktioniert. Beispiele: Formen von Krebs, die auf Mutationen im Protein p53 zurückgehen.
  • solche, bei denen Mutationen die korrekte Faltung verhindern, wodurch das Protein aggregiert. Beispiele:Sichelzellenanämie, bei der Hämoglobin aggregiert; Alzheimer-Krankheit; Parkinson-Krankheit; Chorea Huntington.
  • solche, bei denen Mutationen die korrekte Faltung verhindern, wodurch das Protein toxisch wirkt. Beispiel: BSE, verursacht durch die Prionen.

Denaturierung

Bei der Faltung nimmt das Protein den nativen (strukturierten oder biologisch funktionsfähigen) Zustand an. Den umgekehrten Prozess nennt man Denaturierung. Faltung und Denaturierung von Proteinen ähneln Phasenübergängen erster Ordnung, das heißt extensive Größen wie Volumen und Wärmeenergie ändern sich sprunghaft. Die Denaturierung von Proteinen wird beispielsweise durch Hitze, extreme pH-Bedingungen oder extreme Salzkonzentrationen ausgelöst.

1972 erhielt Christian B. Anfinsen den Chemie-Nobelpreis für die Beobachtung, dass sich kleine Proteine nach einer Denaturierung wieder in die native Form falten können, sobald sie Umgebungsbedingungen ausgesetzt werden, in denen diese stabil ist. Anfinsen schlussfolgerte aus dieser Beobachtung, dass die native Struktur eines jeden Proteins durch seine Aminosäuresequenz festgelegt ist.[1] Eine Ausnahme bilden seltene metamorphische Proteine wie Lymphotactin, die zwei grundsätzlich verschiedene Sekundärstrukturen haben.[2]

Forschung

Die erste umfassende Theorie zur Proteinfaltung wurde in den 1920er Jahren von dem chinesischen Wissenschaftler Hsien Wu entwickelt. Im europäisch/amerikanischen Raum wurden die ersten wesentlichen Arbeiten von Christian B. Anfinsen (Nobelpreis für Chemie (1972)) in den 1950er Jahren durchgeführt.

Zurzeit läuft das Projekt „Folding@home“ der Stanford-Universität zur Simulation dieser Faltungen, bei dem Internetnutzer mithelfen können, indem sie Rechenleistung zur Verfügung stellen. Auch die Projekte „POEM@home“ der Universität Karlsruhe und „Rosetta@home“ der University of Washington verfolgen dieses Ziel. Alle drei Projekte verwenden unterschiedliche Ansätze zur Simulation der Proteinfaltung. Einen weiteren Ansatz verfolgt das Computerspiel Foldit, bei dem die Spieler versuchen, ein Protein möglichst geschickt zu falten und es so auf ein niedriges Energieniveau zu bringen.

Des Weiteren findet alle zwei Jahre das Gemeinschaftsexperiment CASP statt, welches Forschergruppen die Möglichkeit bietet, die Qualität ihrer Methoden zur Vorhersage von Proteinstrukturen ausgehend von der Primärstruktur zu testen und sich einen Überblick über den aktuellen Stand auf diesem Forschungsgebiet zu verschaffen.

Literatur

F. Sterpone, G. Stirnemann, D. Laage: Magnitude and molecular origin of water slowdown next to a protein. In: Journal of the American Chemical Society. Band 134, Nummer 9, März 2012, S. 4116–4119. doi:10.1021/ja3007897. PMID 22335572.

Einzelnachweise

  1. Horton, Robert et al.: Biochemie, 4. Auflage,Pearson Studium, München (2008), S.146., ISBN 978-3-8273-7312-0.
  2. R. L. Tuinstra, F. C. Peterson, S. Kutlesa, E. S. Elgin, M. A. Kron, B. F. Volkman: Interconversion between two unrelated protein folds in the lymphotactin native state. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 105, Nummer 13, April 2008, S. 5057–5062, ISSN 1091-6490. doi:10.1073/pnas.0709518105. PMID 18364395. PMC 2278211.

Weblinks