Protein-Protein-Interaktion
Eine Protein-Protein-Interaktion ist eine Wechselwirkung zwischen zwei oder mehreren Proteinen. Sie beruhen überwiegend auf nicht-kovalenten Wechselwirkungen, wie Van-der-Waals-Kräften und Wasserstoffbrückenbindungen sowie elektrostatischen Wechselwirkungen der Aminosäurereste oberflächennaher Proteindomänen zwischen den beteiligten Proteinen. Protein-Protein-Interaktionen spielen eine Schlüsselrolle bei praktisch allen biologischen Prozessen, an denen Proteine beteiligt sind. Dazu zählen insbesondere Signaltransduktionsprozesse, Transportfunktionen und das Zytoskelett. Daher sind Protein-Protein-Interaktionen Gegenstand der Forschung für viele Bereiche der Biowissenschaften. Die Gesamtheit der Protein-Protein-Interaktionen, welche im menschlichen Organismus ein Netzwerk von etwa 650.000 Wechselwirkungen bilden,[1] wird im Allgemeinen auch als Interaktom bezeichnet.
Methoden zur Aufklärung von Protein-Protein-Interaktionen
Protein-Protein-Interaktionen können experimentell mit Hilfe biochemischer und biophysikalischer Methoden untersucht werden. Dazu zählen unter anderem:
- das Hefe-Zwei-Hybrid-System, ein molekularbiologisches Verfahren unter Verwendung von Fusionsproteinen, die nach Interaktion einen funktionstüchtigen Transkriptionsfaktor in Hefezellen bilden
- das bakterielle Zwei-Hybrid-System, einem Pendant des Hefe-Zwei-Hybrid-Systems unter Verwendung von Bakterien
- das molekulare Display, z. B. das Phagendisplay, ein biotechnologisches Screeningverfahren, bei dem Proteine auf der Oberfläche von Bakteriophagen exprimiert werden und deren codierende cDNA nach Interaktion identifiziert werden kann
- der Förster-Resonanzenergietransfer und der Biolumineszenz-Resonanzenergietransfer, basiert auf einem physikalischen Phänomen, bei dem Farbstoff-konjugierte Proteine einen Energietransfer bei einer Interaktion zeigen
- die bimolekulare Fluoreszenzkomplementation, einem biochemisch-biophysikalischen Verfahren, das auf einer Vereinigung zweier zuvor getrennter Fragmente des grün fluoreszierenden Proteins nach Interaktion mit den konjugierten Proteinen beruht
- die Affinitätschromatographie, einem chromatographischen Trennverfahren unter Verwendung einer Protein-konjugierten stationären Phase zur Isolierung interagierender Proteine in der mobilen Phase
- die Affinitätselektrophorese, einem der Affinitätschromatographie ähnlichen elektrophoretischen Verfahren
- Pulldown-Assays wie z. B. die Ko-Immunpräzipitation, eine immunologische Methode, die auf einer Fällung und anschließenden Analyse von Proteinkomplexen beruht
- die Quervernetzung, ein chemisches Verfahren zur Fixierung von interagierenden Proteinen zur späteren Analyse, kann auch in vivo unter Benutzung photo-reaktiver Aminosäureanaloga erfolgen, die während der Expression in die Proteine eingebaut werden, meist kombiniert mit einem Western Blot oder MALDI-TOF
- die Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie, ein quantitatives physikalisches Verfahren, das auf einer Detektion der Änderung der Schichtdicke der gebundenen Proteine nach einer Interaktion beruht
- die NMR-Spektroskopie, ein Verfahren zur Bestimmung der räumlichen Struktur eines Proteins
- die Radioligand-Bindung, ein quantitatives biochemisches Verfahren, das auf einer Strahlungsmessung eines mobilen radioaktiv markierten Proteinliganden nach Interaktion mit einem immobilisierten Protein beruht
- der Alanin-Scan, mehrere gezielte Mutagenesen zur Identifikation der zur Bindung notwendigen Aminosäuren
Darüber hinaus ist mit Hilfe theoretischer, computergestützter Verfahren die Voraussage von Protein-Protein-Interaktionen möglich.
Einzelnachweise
- ↑ Stumpf M, Thorne T, et al.: Estimating the size of the human interactome. In: PNAS. 105, Nr. 19, 2008, S. 6959.
Literatur
- Adams, Peter; Golemis, Erica: Protein-protein interactions: a molecular cloning manual. Plainview, N.Y: Cold Spring Harbor Laboratory Press 2005, ISBN 0-87969-723-7
- Friedrich Lottspeich, Haralabos Zorbas: Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998, ISBN 978-3827400413.
- Hubert Rehm, Thomas Letzel: Der Experimentator: Proteinbiochemie / Proteomics. 6. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3827423122.