Primärenergie
Als Primärenergie bezeichnet man in der Energiewirtschaft die Energie, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht, etwa als Brennstoff (z. B. Kohle oder Erdgas), aber auch Energieträger wie Sonne, Wind oder Kernbrennstoffe. Primärenergie kann durch einen (mit Verlusten behafteten) Umwandlungsprozess in Sekundärenergie umgewandelt werden. Primär- oder Sekundärenergie wird nach Übertragungsverlusten zu vom Verbraucher nutzbarer Endenergie.
Energiequellen
- Fossile Energie (Steinkohle, Braunkohle, Torf, Erdgas, Erdöl)
- Kernenergie (Kernspaltung, Radioaktivität und Kernfusion)
- Regenerative Energie
- Sonnenenergie (nutzbare solare Energieeinstrahlung: Licht, Wärme)
- Biomasse
- Windenergie (atmosphärische Strömungen)
- Wasserkraft, einschließlich
- Gezeiten (Tidenhub)
- Wellenkraft (Wellenkraftwerk)
- Meeresströmung (Meeresströmungskraftwerk)
- Geothermie (Erdwärme)
Primärenergieverbrauch
Teil der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist der Primärenergieverbrauch.
Primärenergiebedarf
Im Zuge der 2009er Fassung der Energieeinsparverordnung (EnEV) wird der Primärenergiebedarf von Wohn- und Nichtwohngebäuden anhand der DIN V 18599 berechnet. Aus den bauphysikalischen Daten des Gebäudes (Wärmedurchgangskoeffizienten / U-Werte der Bauteile), der Geometrie und meteorologischen Bedingungen wird zunächst der Nutzenergiebedarf Qn für das Halten des Gebäudes auf der gewünschten Temperatur berechnet. Es folgt die Ermittlung der Verluste innerhalb des Gebäudes für die Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Abgabe von Heizung, Warmwasser und Lüftung. Die Summe daraus ergibt die Endenergie Qe, die beispielsweise am Gaszähler gemessen werden kann.
Endenergie Qe = Nutzenergie Qn + Anlagenverluste
Mittels eines Primärenergiefaktors fp wird die Endenergie Qe auf die Primärenergie Qp umgerechnet.
Primärenergie Qp = Endenergie Qe × fp
Der Faktor fp beinhaltet die Verluste, die bei der Bereitstellung des Energieträgers entstehen (beispielsweise Förderung, Transport, Raffination, Trocknung oder Lagerung). In einem weiteren Schritt wird der Primärenergiefaktor in einen erneuerbaren und einen nicht erneuerbaren Anteil aufgeteilt. Ein CO2-Ausstoß ist dabei nur mit dem nicht erneuerbaren Primärenergieverbrauch verbunden. Die exakte zahlenmäßige Festsetzung erfolgt dabei auch mit einer politischen oder ökologischen Zielsetzung. Das Verhältnis von gesamtem Primärenergiefaktor zum nicht erneuerbaren Anteil ist dabei ein Maß für die Nachhaltigkeit.
Beispielsweise hat Holz einen gesamten Primärenergiefaktor von fp = 1,2 (d. h. es müssen für 100 kWh Endenergie Holz die z. B. in einer Verbrennung genutzt werden zusätzlich noch 20 kWh aufgebracht werden bis das Holz geliefert vor der Tür steht)[1]. Für den nicht erneuerbaren Anteil liegt der Wert jedoch bei fp = 0,2. Das heißt für die verbrauchten 100 kWh Endenergie werden nur 20 kWh nicht erneuerbare Primärenergie verbraucht und nur mit diesen 20 kWh ist auch ein CO2-Ausstoß verbunden.
Beim Erdgas ist der gesamte Primärenergiefaktor gleich dem Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil hier fp = 1,1. D. h. der Zusatzaufwand für die Bereitstellung von Erdgas beim Endverbraucher wird mit 10 % angesetzt und in der gesamten Prozesskette werden keine bzw. vernachlässigbar wenig erneuerbaren Energien eingesetzt.
In der DIN V 18599 ist den anderen fossilen Energieträgern (Heizöl, Flüssiggas, Stein- und Braunkohle) der gleiche Primärenergiefaktor wie dem Erdgas zugeordnet. Hier zeigt sich die politische Komponente in diesen Festsetzungen, da sich sowohl der Energieverbrauch bis zur Bereitstellung, als auch der CO2-Ausstoß dieser verschiedenen Energieträger stark unterscheidet.
Für Strom wird in der DIN V 18599 für den gesamten Primärenergiefaktor der Wert fp = 3,0 (aufgrund der hohen Energieverluste zur Herstellung des Stroms) und für den nicht erneuerbaren Anteil der Wert fp = 2,7 festgesetzt. In der neuen Energieeinsparverordnung vom 1. Oktober 2009 wird aufgrund des steigenden Anteils der regenerativen Stromerzeugung der Wert für den nicht erneuerbaren Anteil auf fp = 2,6 reduziert. In der aktuellen Fassung der DIN 18599 im Teil 100 ist der Primärenergiefaktor für Strom nun auch auf 2,6 geändert worden.
Da bei der international dominierenden Wirkunsgradmethode bei Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik, die keinen Brennwert aufweisen, ein Umwandlungswirkungsgrad von 100 % angenommen wird und somit die Endenergie gleich der Primärenergie gesetzt wird, sind Erneuerbare Energien in Primärenergiestatistiken tendenziell unterrepräsentiert.[2]
Primärenergiegewinnung
Dem Primärenergieverbrauch steht die Primärenergiegewinnung gegenüber. Diese erfolgt auf verschiedene Arten. Fossile Primärenergie wird durch Förderung fossiler Energieträger gewonnen. Primärelektrizität wird zum Beispiel in Kernkraftwerken, Solar- oder Windkraftanlagen gewonnen. Beim Vergleich der Anteile an der Primärenergiegewinnung ist die unterschiedliche Wertigkeit zu berücksichtigen. So wird ein Teil der fossilen Primärenergie in Kraftwerken in Elektrizität umgewandelt. Dabei geht ein großer Teil der Primärenergie als Abwärme verloren und steht nicht mehr als Nutzenergie zur Verfügung. Ist die Primärenergiegewinnung eines Landes geringer als der Primärenergieverbrauch, so muss die Differenz durch Importe gedeckt werden. Sowohl Deutschland als auch fast alle Länder der Europäische Union sind Nettoimporteure von Primärenergie, insbesondere von Öl, Gas und Kohle.[3]
Einzelnachweise
- ↑ DIN V 18599-100:2009-10
- ↑ Viktor Wesselak,Thomas Schabbach, Regenerative Energietechnik, Berlin Heidelberg 2009, S. 6.
- ↑ Eurostat: Statistische Aspekte der Energiewirtschaft 2005 – Zunehmende Energieabhängigkeit der EU-25 (PDF; 153 kB)