Neuraminidase

Neuraminidase

Neuraminidase

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Bezeichner
Gen-Namen NEU1, NEU2, NEU3
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.2.1.18 Glykosidase
Reaktionsart hydrolytische Spaltung
Substrat endständige Sialinsäurereste in Oligosacchariden, Glycoproteinen, Glycolipiden, Colominsäure und synthetische Substrate

Neuraminidasen (Sialidasen) sind eine Familie von Enzymen, die Sialinsäuren von Amino-Glycoproteinen abspalten und diese damit verdaubar machen. Solche Enzyme sind häufig in Viren, Bakterien, anderen Einzellern und Parasiten und Pilzen zu finden, kommen aber auch in den Lysosomen und den Zellmembranen von Tier und Mensch vor. Hier sind sie unverzichtbar beim Abbau der entsprechenden Aminoglycoproteine und Membran-Ganglioside. Eine Mangelkrankheit führt zu erhöhtem Gehalt dieser Substanzen in Blut und Urin (Sialidose).[1]

Virenenzym

Neuraminidasen sind in der Membran vieler Ortho- und Paramyxoviren (Masern, Mumps, Influenza Typ A und B und andere) fest verankert. Sie spalten Glycoproteine der Membranen von Virenwirtszellen und Viren selbst, um sich nach der Vervielfältigung aus der infizierten Zelle zu befreien.

Sogenannte Neuraminidase-Hemmer sind Medikamente, die diesen Prozess der Abspaltung von der Wirtszelle nach einer Infektion mit Influenzaviren verlangsamen. Als wichtig dafür gilt generell, das Medikament innerhalb der ersten 48 Stunden nach den ersten Symptomen einzunehmen. Diesem Medikamententyp, zu dem Oseltamivir und Zanamivir gehören, gilt die Hoffnung, bei einer eventuellen Pandemie durch das Influenza A/H5N1 Virus eine erste Eindämmung bewirken zu können.

Es gibt neun Influenza-A-Neuraminidase-Typen, die mit N1-9 bezeichnet werden. Die geläufige Bezeichnungskombination HxNy (z.B. H5N1) ergibt sich in Kombination mit einem weiteren Oberflächenprotein, dem sog. Hämagglutinin und bezeichnet die entsprechenden auf der Oberfläche der Viren vorhandenen Proteine, die zum Eindringen in die Wirtszelle maßgeblich nötig sind.

Endosialidase

In Bakteriophagen der K1-Familie wurde eine Endosialidase identifiziert. Im Gegensatz zu klassischen Sialidasen beispielsweise aus Influenza-Viren spaltet eine Endosialidase (endoN) nicht terminale Sialinsäurereste von Glycokonjugaten, sondern ausschließlich im Inneren von Sialinsäure-Homo-Oligomeren und -Homo-Polymeren (polySia).

Die Kristallstruktur einer Endosialidase wurde bereits im Jahr 2005 ermittelt und ist unter http://www.pdb.org/pdb/explore/explore.do?structureId=1V0E einsehbar (Stummeyer et al. 2005).

Bakterien und Parasiten

Mehrere Hinweise darauf, dass Sialidasen wichtig für die Nahrungsaufnahme vieler Bakterienarten, insbesondere von Darmbakterien, sind, und die Tatsache dass viele pathogene Keime Sialidaseaktivität aufweisen, zeigen, dass das Enzym auch bei Bakterien eine wichtige Rolle im Stoffwechsel spielt. Denselben Zusammenhang zwischen Sialidaseaktivität und Pathogenität konnte man beim Erreger der Chagas-Krankheit (Trypanosoma cruzi) feststellen.[1]

Klassifikation

Sialidasen bilden die Familie 33 in der Klassifikation der Glykosidasen nach Henrissat.[2]

Literatur

  • E. Bonten, A. van der Spoel u.a.: Characterization of human lysosomal neuraminidase defines the molecular basis of the metabolic storage disorder sialidosis. In: Genes & development. Band 10, Nummer 24, Dezember 1996, S. 3156–3169, ISSN 0890-9369. PMID 8985184.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Abraham Rosenberg: Biology of the Sialic Acids. Springer, 1995. S. 261ff ISBN 0-306-44974-9
  2. Bernard Henrissat/UniProt: Glycosyl hydrolase families: classification and list of entries

Weblinks