Moleküldynamik

Moleküldynamik

Moleküldynamik oder Molekulardynamik (MD) bezeichnet Computersimulationen im Molekulardesign, bei denen Wechselwirkungen zwischen Atomen und Molekülen berechnet und über einen kurzen Zeitraum dargestellt werden. Bei der Modellierung von komplexen Systemen mit einer Vielzahl an beteiligten Atomen werden hauptsächlich Kraftfelder oder semiempirische Methoden verwendet, da der Rechenaufwand zur Anwendung von quantenmechanischen Verfahren (ab-initio-Methoden) hierbei zu groß wäre. Durch die stetig steigende verfügbare Rechenleistung werden allerdings zunehmend quantenchemische Methoden (Ab initio Molecular Dynamic) auch für mittelgroße Systeme möglich.

Die MD-Methode hat ihre Ursprünge in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren und spielt eine große Rolle in der Simulation von Flüssigkeiten, wie z. B. Wasser oder wässrigen Lösungen, wo strukturelle und dynamische Eigenschaften in experimentell schwer zugänglichen Bereichen (z. B. von Druck und Temperatur) berechnet werden können.

Der Begriff Moleküldynamik wird manchmal auch als Synonym für die Discrete element method (DEM) gebraucht, weil die Methoden sehr ähnlich sind. Die Partikel in DEM müssen aber keine Moleküle sein. Im Allgemeinen steht der Begriff MD für die Simulation in verschiedensten Bereichen der Chemie (Anorganische, Organische, Physikalische, Theoretische und Biochemie) sowie angrenzender Gebiete (Materialwissenschaften, Biologie, Pharmazie, Medizin).

Physikalische Prinzipien

Mikrokanonisches Ensemble (NVE)

Das System ist isoliert und tauscht keine Partikel (N), Volumen (V) oder Energie (E) mit der Umgebung aus. Für ein System mit $ N $ Partikeln, mit zugehörigen Koordinaten $ X $ und Geschwindigkeiten $ V $, kann man folgendes Paar gewöhnlicher Differentialgleichungen aufstellen:

$ F(X)=-\nabla U(X)=M{\dot {V}}(t) $
$ {\dot {X}}(t)=V(t) $

Die potenzielle Energie $ U(X) $ beschreibt dabei die Wechselwirkung der Atome und Moleküle. $ U(X) $ wird auch Kraftfeld genannt. Es wird durch zwei Teile definiert: Die mathematische Form (d.h. der funktionale Ansatz für die einzelnen Wechselwirkungsarten, meist der klassischen Mechanik entlehnt) einerseits und die atomspezifischen Parameter andererseits. Letztere erhält man aus spektroskopischen Experimenten, Beugungsexperimenten (Röntgenbeugung) und/oder quantenmechanischen Berechnungen (Quantenchemie), sowie in manchen Kraftfeldern auch aus makroskopischen Messwerten (experimentell), die durch die Parametrierung erfüllt werden sollen. Es kann daher für einen Kraftfeldansatz verschiedene Parametersätze geben. Die Parametrisierung eines Kraftfeldes mit einem großen Anwendungsbereich ist eine große Herausforderung.

Bei der Durchführung von MD-Simulationen ist die Wahl des richtigen Kraftfeldes eine wichtige Entscheidung. Generell sind Kraftfelder immer nur für bestimmte Systeme anwendbar (z. B. Proteine oder Silikate), für die sie parametrisiert sind.

Methodik

Das simulierte Volumenelement wird am Anfang mit den zu untersuchenden Teilchen gefüllt. Anschließend werden für jedes Teilchen die aufgrund seiner Nachbarn auf es wirkenden Kräfte berechnet, und die Teilchen entsprechend dieser Kräfte in sehr kleinen Zeitschritten bewegt. Nach einigen Schritten (bei einem guten, passenden Kraftmodell) gelangt das Probevolumen in ein thermisches Gleichgewicht, und die Teilchen fangen an, sich "sinnvoll" zu bewegen. Nun können aus den Kräften und Bewegungen der Teilchen Druck und Temperatur berechnet, und auch schrittweise verändert werden. Die Teilchen können dabei vollständige Moleküle aus einzelnen Atomen sein, die auch Konformationsänderungen durchlaufen können. Größere Moleküle werden oft aus mehrere Atome umfassenden, in sich starren Bauteilen zusammengesetzt (Discrete element method), was den Rechenaufwand minimiert, allerdings sehr gut angepasste Kraftfelder erfordert.

MD-Simulationen finden meist unter periodischen Randbedingungen statt: Jedes Teilchen, das das simulierte Volumen auf einer Seite verlässt, taucht auf der gegenüberliegenden wieder auf, alle Wechselwirkungen finden auch über diese Grenzen hinweg direkt statt. Dazu werden identische Kopien des simulieren Volumens nebeneinandergesetzt, so dass der dreidimensionale Raum die Oberfläche eines vierdimensionalen Torus bildet. Da dabei zu jedem Teilchen in den benachbarten Zellen (3x3x3-1=) 26 Kopien entstehen, werden Wechselwirkungen immer nur zu dem einen, nächstliegenden dieser identischen Bildteilchen berechnet ("Minimum Image Convention").

Literatur

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Weblinks (englisch)