Lossen-Abbau

Lossen-Abbau

Die Lossen-Reaktion (auch Lossen-Abbau bzw. Lossen-Umlagerung) ist eine chemische Reaktion.[1] Hydroxamsäure-Derivate (in der Regel O-acylierte) werden am Stickstoff deprotoniert und lagern unter Abspaltung des Acyl-Restes in ein Isocyanat um. Sie ist eng verwandt mit dem Curtius-Abbau, dem Hofmann-Abbau bzw. der Schmidt-Reaktion. Sie wird vor allem verwendet, um Carbonsäurechloride zu primären Aminen abzubauen, es können jedoch auch je nach Reaktionsbedingungen Isocyanate oder Carbamate erhalten werden.

Die Reaktion wurde benannt nach ihrem Entdecker Wilhelm Lossen.

Übersicht Lossen-Abbau V1.svg

Reaktionsmechanismus

Hydroxamsäure-Derivate (=Carbonsäurehydroxylamide) entstehen durch Reaktion von Carbonsäurechloriden mit Hydroxylamin.

Herstellung von Hydroxamsäuren V2.svg


Das Hydroxamsäure-Derivat reagiert in Gegenwart einer Base (hier: ein Hydroxidion) und unter Bildung von Wasser zum entsprechenden Salz. Im nächsten Schritt entsteht unter Abspaltung des Acyl-Restes ein Isocyanate.[2]

Lossenabbau Mechanismus V1.svg


Die Reaktion wird als konzertiert, teilweise aber auch mit kurzlebigen Zwischenprodukten beschrieben (Nitrene, Elektronenmangelverbindungen mit einem Elektronensextett am Stickstoff). Bei Durchführung in einem inerten Lösungsmittel bleiben die Isocyanate Endprodukt der Reaktion.

In Gegenwart von Wasser reagieren die entstandenen Isocyanate zur entsprechenden Carbaminsäure weiter, die unmittelbar decarboxyliert und als Endprodukt das primäre Amin ergibt. In Gegenwart von Alkoholen entstehen stabile Carbaminsäureester (Carbamate) und von Aminen substituierte Harnstoffe.

Reaktionen des Isocyanats

Unsubstituierte Hydroxam-Säuren reagieren nicht, die Hydroxygruppe ist eine zu schlechte Abgangsgruppe.[3][4] Der Substituent R kann als π- oder σ- Donor die Reaktion ebenfalls erleichtern. In Hydroxam-Säuren mit chiralen Resten R* bleibt deren Konfiguration meist erhalten.

Eine interessante Variante ist die Umsetzung von Carbonsäurechloriden mit Hydroxylamin-O-Sulfonsäure[5]: Hierbei zerfällt das Reaktionsprodukt beim Erhitzen zum Amin, Kohlendioxid und Schwefelsäure.[6] Lossen-Abbau mit Hydroxylamin-O-Sulfonsäure

Literatur

  • T. Shiori, Comp. Org. Syn. 1991, 6, 821–825 (Übersichtsartikel).
  • Hauser, C. R.; Renfrow, Jr., W. B. Organic Syntheses, Coll. Vol. 2, S.67 (1943); Vol. 19, S.15 (1939) (Article).
  • Thomas Laue, Andreas Plagens: Namen- und Schlagwort-Reaktionen der Organischen Chemie. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8351-0091-6. (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche), S. 218.

Einzelnachweise

  1. W. Lossen: Annalen der Chemie 1872, 161, 347.
  2. László Kürti und Barbara Czakó.: Strategic Applications of Named Reactions in Organic Synthesis: Background and Detailed Mechanisms, Elsevier Academic Press, 2005, S. 266-267, ISBN 978-0-12-429785-2.
  3. L. Bauer, O. Exner: Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 1974, 13, 376 (Übersichtsartikel).
  4. H. L. Yale, Chem. Rev. 1943, 33, 209 (Übersichtsartikel).
  5. Holleman-Wiberg 1976, 81-90. Auflage, 420.
  6. W. Lossen: Annalen der Chemie 1874, 175, 271.