Liouville-Gleichung

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Die Liouville-Gleichung, nach Joseph Liouville, ist eine Beschreibung der zeitlichen Entwicklung eines physikalischen Systems in der statistischen Mechanik, im Hamilton-Formalismus der klassischen Mechanik und in der Quantenmechanik, dort auch Von-Neumann-Gleichung genannt. Die Liouville-Gleichung besagt anschaulich, dass das Volumen einer beliebigen Teilmenge des Phasenraums unter einer zeitlichen Entwicklung erhalten bleibt, das heißt, dass der Fluss durch den Phasenraum volumen- und sogar orientierungserhaltend ist.

Klassische Gleichung

In der statistischen Physik kann ein Ensemble von Realisierungen eines physikalischen Systems durch eine Wahrscheinlichkeitsdichte $ \rho $ im Phasenraum charakterisiert werden ("Phasenraumdichte"). Für die zeitliche Entwicklung eines solchen Ensembles gilt

$ {\frac {d\rho }{dt}}={\frac {\partial \rho }{\partial t}}+\sum _{i=1}^{N}\left[{\frac {\partial \rho }{\partial q_{i}}}{\dot {q}}_{i}+{\frac {\partial \rho }{\partial p_{i}}}{\dot {p}}_{i}\right]=0, $

wobei die $ q_{i} $ und $ p_{i} $ die kanonischen Orts- und Impulskoordinaten des $ i $-ten Teilchens im Phasenraum bezeichnen. Unabhängig vom gewählten Ensemble verschwindet die totale zeitliche Ableitung, was bedeutet, dass sich entlang einer Phasenraumtrajektorie die Phasenraumdichte nicht verändert. Ersetzt man $ {\dot {q}}_{i} $ und $ {\dot {p}}_{i} $ gemäß der hamiltonschen Bewegungsgleichungen, so lässt sich dieser Sachverhalt mit Hilfe der Poisson-Klammer kürzer ausdrücken:

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho (\tau ,t)=-\{\,\rho (\tau ,t),H\,\}=\{\,H,\rho (\tau ,t)\,\}, $

wobei H die Hamilton-Funktion und $ \tau $ die Gesamtheit der Phasenraumkoordinaten bezeichnet.

Aus der Liouville-Gleichung folgt unmittelbar der Satz von Liouville (auch „Liouville-Theorem“ genannt).

Die Liouvillegleichung kann auch bei Einführung des Liouvilleoperators

$ L=\sum _{i=1}^{n}\left[{\frac {\partial H}{\partial p_{i}}}{\frac {\partial }{\partial q^{i}}}-{\frac {\partial H}{\partial q^{i}}}{\frac {\partial }{\partial p_{i}}}\right]=\{\cdot ,H\} $

wie folgt geschrieben werden:

$ {\frac {\partial \rho }{\partial t}}=-{L}\rho $

Quantenmechanische Gleichung

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho ={\frac {i}{\hbar }}[\rho ,H] $

Hier bezeichnet H den Hamilton-Operator, $ \rho $ die Dichtematrix und die eckigen Klammern den Kommutator. Diese Form der Liouville-Gleichung wird auch Von-Neumann-Gleichung genannt.

Man kann formal wie im Fall der klassischen Mechanik einen Liouville-Operator $ L $ einführen, definiert durch seine Wirkung auf einen Operator $ A $ über $ LA={\frac {i}{\hbar }}[A,H] $. Dann schreibt sich die von Neumann Gleichung:

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho ={\frac {i}{\hbar }}[\rho ,H]=L\rho $

Mit Hilfe des Wigner-Bildes kann im semiklassischen Grenzfall eine direkte Beziehung zwischen der klassischen Poisson-Klammer und dem Hamilton-Operator hergeleitet werden:

$ \lim \limits _{\hbar \rightarrow 0}~{\frac {i}{\hbar }}[{\hat {A}},{\hat {B}}]=\{{A}_{w},{B}_{w}\} $

Literatur

Franz Schwabl, Statistische Mechanik, Springer 2004

Siehe auch

  • Satz von Liouville (Physik)

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