Kulmination (Astronomie)
Als Kulmination (lat. culmen = Gipfel) wird in der Astronomie der Durchgang eines astronomischen Objekts durch die höchste (obere Kulmination) oder die tiefste (untere Kulmination) tägliche Lage auf seiner scheinbaren Kreisbahn am Himmel bezeichnet. Der Begriff wird auch für die Höhe und für den Zeitpunkt der beiden Durchgänge verwendet.
Zu der mit dem Höhenwinkel h gemessenen Lage wird der Zeitpunkt des Passierens dieser Lage angegeben. Der Höhenwinkel ist negativ, wenn die Kulmination unter dem Horizont stattfindet und nicht sichtbar ist. Das betrifft im Allgemeinen die untere Kulmination.
Höhenwinkel bei Kulmination
Auf der Nordhalbkugel (bzw. der Südhalbkugel) ist der Höhenwinkel $ h $ des Objekts in oberer Kulmination durch
- $ h_{\mathrm {OK} }=\delta +90^{\circ }-\varphi \quad $ (bzw. $ h_{\mathrm {OK} }=-\delta +90^{\circ }+\varphi $ )
gegeben (Deklination des Objekts: $ \delta $; geographische Breite des Beobachtungsorts: $ \varphi $).
Ergibt die Formel einen Winkel über 90°, findet die obere Kulmination nördlich (bzw. südlich) des Zenits statt und es ist der Supplementwinkel 180°$ -h_{\mathrm {OK} } $ zu verwenden.
Der Höhenwinkel in unterer Kulmination ist
- $ h_{\mathrm {UK} }=\delta -90^{\circ }+\varphi \quad (h_{\mathrm {UK} }=-\delta -90^{\circ }-\varphi ) $ .
Die beiden Formeln sind nur dann exakt, wenn der Kulminationspunkt auf dem Meridian liegt.
Kulminationshöhe und Sichtbarkeit
Die zirkumpolaren Sterne gehen niemals unter. Ihre untere Kulmination liegt über dem Horizont. Es gilt: δ > 90°-φ (Nordhalbkugel).
Umgekehrt können Sterne in der Nähe des Gegenpols am Himmel von der anderen Erdhälfte aus nie gesehen werden. Hierbei hat auch die obere Kulmination einen negativen Höhenwinkel. Beispiel sind die Sterne des Kreuz des Südens (δ≈-35°), die nur etwa bis zur Breite 25° Nord in oberer Kulmination beobachtbar sind. Es gilt: δ < –90°+φ (δ negativ = südliche Sterne; φ positiv = Nordhalbkugel).
Für Objekte mit einer Deklination δ zwischen 90°–φ und –90°+φ liegt nur die obere Kulmination über dem Horizont; diese Objekte gehen auf und unter.
Auf der Nordhalbkugel der Erde liegt der obere Kulminationspunkt vom nördlichen Himmelspol aus gerechnet in Südrichtung, der untere Kulminationspunkt hingegen in Nordrichtung.
Kulmination und Meridian
Bei einem Astronomischen Objekt mit konstanter Deklination liegen beide Kulminationspunkte auf dem Meridian des Beobachtungsortes (exakt in Richtung des Südpunktes oder Nordpunktes des Horizonts). Zeitpunkt der Kulmination und des Meridiandurchgangs sind dann identisch.
Bei Himmelskörpern mit Eigenbewegung (Sonne, Mond, Planeten, Planetoiden, Satelliten u. s. w.) liegen die Kulminationspunkte in der Regel nicht genau auf dem Meridian, weil sich deren Deklination dauernd ändert. Zum Beispiel steigt oder fällt die Sonne etwas, während sie den Meridian passiert. Die Summe dieser beiden Bewegungen bewirkt, dass zum Beispiel ihre obere Kulmination zwischen Winter- und Sommersonnenwende geringfügig nach dem Meridiandurchgang, im anderen Halbjahr vorher stattfindet. Satelliten und auch der Mond, für deren Höchst- und Tiefststand man auch von Kulmination spricht, haben relativ große Eigenbewegung, sodass die Abweichung vom Meridian beträchtlich sein kann.
Die Zeitdifferenz $ \Delta t $ zwischen Kulmination und Meridiandurchgang beträgt bei der Sonne typischerweise einige Sekunden, beim Mond aber etliche Minuten und lässt sich näherungsweise folgendermaßen berechnen:[1]
- $ \Delta t={\frac {\mathrm {d} \delta }{\mathrm {d} t}}\cdot (\tan \varphi -\tan \delta ) $
Deklination des Objekts: $ \delta $; geographische Breite des Beobachtungsorts: $ \varphi $; Änderung der Deklination pro Zeiteinheit: $ {\frac {\operatorname {d} \delta }{\operatorname {d} t}} $.
Die Abweichung der Sonnenkulmination vom Meridian ist so klein, dass die Bezeichnung Mittagshöhe für die obere Kulmination nur einen unwesentlichen Fehler beinhaltet. Die Zeitpunkte für die obere Kulmination und den wahren Mittag sind nahezu identisch.
Kulmination und Sternzeit
Die obere Kulmination eines Himmelskörpers spielt eine Rolle bei der Sternzeit-Messung seines Rektaszensions-Winkels, der mit Zeitmaß (Winkel) angegeben wird. Dem Moment der oberen Kulmination des Frühlingspunktes (Bezugspunkt für den Rektaszensions-Winkel) wird die Sternzeit 00:00 Uhr zugeordnet. Kulminiert ein beliebiger Himmelskörper, hat er sich seit dem über seinen Rektaszensions-Winkel bewegt, dem die inzwischen gültige Sternzeit entspricht. Die Zeit zwischen zwei Kulminationen des Frühlingspunktes ist ein Sterntag, der etwa 4 Minuten kürzer als ein Sonnentag ist und nach gleichem Schema in Stunden, Minuten und Sekunden unterteilt wird. Alle Sternzeit-Einheiten sind im gleichen Verhältnis kleiner als die der Sonnenzeit. Die Rektaszension und damit die Sternzeit der Sterne ist unveränderlich (fix, Fixsterne), die Rektaszension der Sonne vergrößert sich aber täglich um etwa 1° beziehungsweise um etwa 4 Sternzeit-Minuten. Etwa 1° ist der Winkel der täglichen Bahnfahrt der Erde um die Sonne.
Bemerkung: Die Angabe der Rektaszension als Sternzeit hängt vom Beobachtungsort ab. Auf jedem Längengrad der Erde kulminiert der Frühlingspunkt zu einer anderen Zeit, ist 00:00 Uhr Sternzeit nicht gleichzeitig.
Siehe auch
- Größte Digression
- Ost-West-Vertikal
- Sterneck-Methode, Breitenbestimmung
- Elongation (Astronomie)
- Konjunktion (Astronomie)
Literatur
- Wolfgang Vollmann: Erscheinungen der täglichen Bewegung. 20. Sternfreunde-Seminar, 1992/93. In: Hermann Mucke (Hrsg.): Moderne astronomische Phänomenologie. Planetarium der Stadt Wien – Zeiss Planetarium und Österreichischer Astronomischer Verein, Wien 1992, S. 185–196 (mit ausführlicheren Formeln zur Berechnung der Zeitdifferenz zwischen Kulmination und Meridiandurchgang und anderer relevanter Werte).
Einzelnachweise
- ↑ Vollmann, S. 10.