Korngröße
Der Begriff Korngröße beschreibt die Größe einzelner Partikel (auch Körner genannt) in einem Gemenge. Die Korn- oder Partikelgrößenverteilung hat wesentlichen Einfluss auf die Stoffeigenschaften in vielen technischen und wissenschaftlichen Bereichen wie beispielsweise im Bauwesen, der Sedimentologie und Bodenkunde sowie in der Metallurgie (siehe Kristallit und Kornwachstum). Dort werden eine Vielzahl von Korn- oder Partikelgemischen verwendet. Zu diesen Korngemischen zählen alle Arten von Schüttgut wie etwa Sand und Kies, Mehl, Kakao, Kunststoffgranulat sowie Pigmente. In der Metallkunde werden die Mikrostrukturen innerhalb von metallischen Werkstoffen auch als Korn bezeichnet.
Aufgrund der Vielzahl von Methoden zur Ermittlung, Beschreibung und Interpretation der Korngröße sowie weiterer Korneigenschaften nach EN ISO 14688 (Form, Rundung und Oberfläche) hat sich die Granulometrie als eigenständige Disziplin entwickelt.
Äquivalentdurchmesser
Ginge man davon aus, dass Körner bzw. Partikel als perfekte Kugeln vorliegen, könnte man den Kugeldurchmesser als Maß für die Korngröße heranziehen. Diese Annahme ist in der Praxis jedoch unzureichend, da natürlich gebildete oder technisch hergestellte Partikel in unterschiedlichster Form vorliegen. Für die Beschreibung deren Größe bedient man sich deshalb des Äquivalentdurchmessers. Das bedeutet, dass man eine andere messbare Eigenschaft bestimmt und bezieht die Messwerte auf gleich große (äquivalente) Kugeln.
Ein einfaches Beispiel für einen Äquivalentdurchmesser ist der Siebdurchmesser. Durch das quadratische Loch eines Siebes mit beispielsweise 1 mm Kantenlänge passt sowohl eine Kugel mit 1 mm Durchmesser als auch ein längliches Korn in Form eines Bleistifts mit 1 mm Durchmesser. Über die Diagonale des Sieblochs gilt dies auch für ein flaches Korn in Form einer Münze mit deutlich mehr als 1 mm Durchmesser. Alle drei Körner erhalten denselben Äquivalentdurchmesser von 1 mm.
Andere Beispiele für Äquivalentdurchmesser sind hydrodynamischer Durchmesser (gleiche Fallgeschwindigkeit in einer Wassersäule wie eine Kugel) oder aerodynamischer Durchmesser (gleiche Fallgeschwindigkeit in Luft wie eine Kugel).
Korngrößenanalyse
Zur Bestimmung der Korngröße kann aus einer Vielzahl von Methoden ausgewählt werden, bei denen letztlich immer ein Äquivalentdurchmesser bestimmt wird. Die geeignete Methode hängt vom Korngrößenbereich, der Fragestellung oder von Vorschriften ab.
Sehr große Partikel (ungefähr ab einer Größe von 63 mm) werden einzeln von Hand vermessen oder es wird die Größe aus Fotos ermittelt.
Bei Partikeln im Bereich 10 µm bis Knopfgröße kann die Größe durch Siebung ermittelt werden. Hierbei wird ein Satz mit nach unten immer feiner werdenden Sieben aufeinander gesetzt. Die zu analysierende Probe wird in das oberste Sieb eingefüllt und der Siebsatz anschließend in eine Siebmaschine eingespannt. Die Maschine rüttelt oder vibriert dann den Siebsatz für einen gewissen Zeitraum. Bei einem hohen Feinkornanteil wird die Siebung mit fließendem Wasser durchgeführt (Nasssiebung). Die auf diese Weise ermittelte Korngrößen werden üblicherweise in Millimetern angegeben. In anglophonen Ländern wird oft die Maßeinheit Mesh verwendet.
Bei sehr feinen Partikeln (< 10 µm) kommen Methoden zum Einsatz, bei denen man die Partikel in einer Wassersäule absetzen lässt (grobe Partikel fallen schneller als feine) und regelmäßig die Dichte der Suspension bestimmt (mit Hilfe eines Aräometer) oder die Masse der abgesetzten Partikel bestimmt (Sedimentwaage). Moderne Methoden arbeiten mit der Streuung von Laserlicht an den Partikeln, die in Abhängigkeit von der Partikelgröße variiert, oder mit digitaler Bildverarbeitung. In der Bodenkunde wird ab einer Korngröße von 0,063 mm = 63 µm (und kleiner) die Schlämmanalyse angewendet, in der Baustoffkunde erfolgt die Bestimmung im Auswaschversuch.
In der landwirtschaftlichen Bodenuntersuchung wird im Routinebetrieb für die Einteilung der Analysenwerte in Nährstoff-Gehaltsklassen die Fingerprobe zur Ermittlung der Bodenart und Körnung eingesetzt. Entsprechend den Anteilen von Sand, Schluff und Ton wird eine Ermittlung des Kalkbedarfs vorgenommen und ein Vorschlag für die umwelt- und bedarfsgerechte Düngung erstellt.
Korngrößenverteilung
Das Ergebnis einer Korngrößenanalyse ist die Korngrößenverteilung, also eine Häufigkeitsverteilung in Form eines Balken- oder Liniendiagramms. Gegen den klassierten Äquivalentdurchmesser (Abszisse) wird der prozentuale Anteil (Gewichtsprozent) der Körner aufgetragen. Die üblichen statistischen Parameter, wie Mittelwert, Median, Perzentilwerte, Streuung oder Schiefe der Verteilung, außerdem die Ungleichförmigkeitszahl, lassen sich berechnen und damit die Probe bezüglich ihrer Korngröße charakterisieren.
In Produktionsprozessen, bei denen es bei den Rohstoffen oder beim Produkt auf definierte Korngrößen ankommt, sind Korngrößenanalyse und Korngrößenverteilung ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätskontrolle. In der Sedimentologie und Bodenkunde ist die Korngrößenverteilung ein sehr wichtiges Merkmal zur Charakterisierung von Böden und Sedimenten. Sie dient deren Klassifikation und ist eigenschaftsbestimmend, beispielsweise bei Wasserhaushalt, Verdichtungspotential oder Hangstabilität.
Korngröße in der Sedimentologie und Bodenkunde
In Sedimentologie und Bodenkunde ist die Korngrößenanalyse eine fundamentale Untersuchungsmethode von Sedimenten, Sedimentgesteinen und Böden. Die Korngrößenverteilung dient der Klassifikation und Nomenklatur sowie der Ableitung und Interpretation von Eigenschaften. In der Bodenkunde wird durch die Gemengeanteile der verschiedenen Korngrößen die Bodenart definiert, die im Zuge der Bodenkartierung im Gelände über die Fingerprobe (Boden) angesprochen wird.
Prinzipiell wird das breite Spektrum in der Geosphäre vorkommender Korngrößen von weit unter einem Mikrometer bis hin zu mehreren Metern logarithmisch in Klassen eingeteilt. Im Detail variiert die Einteilung innerhalb der verschiedenen geowissenschaftlichen Disziplinen von Autor zu Autor oder zwischen verschiedenen Ländern. Im deutschsprachigen Raum besitzt die Klassifikation nach DIN 4022 die größte Verbreitung.
Kornart
Bei der Betrachtung von Böden ist zwischen dem Siebkorn und dem Schlämmkorn zu unterscheiden. Das Siebkorn ist mit bloßem Auge zu erkennen und besitzt eine Korngröße von mehr als 0,063 mm. Im Gegensatz dazu kann das Schlämmkorn nur unter dem Mikroskop sichtbar gemacht werden. Der Korngrößenbereich liegt zwischen 0,0002 mm und 0,063 mm.
Korngrößenklassifikation
Die Einteilung, wie sie in etwa die DIN 4022 (Benennen und Beschreiben von Boden und Fels) gibt. Die DIN 18196 (Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke)[1] ist damit weitgehend konform, kennzeichnet aber etwas anders und setzt andere Rahmenbedingung. Je nach Autor und besonders in den USA sind die Klassengrenzen geringfügig bis deutlich anders, wobei auch nur die Bezeichnungen der Großgruppen international einheitlich sind.
Bezeichnung | Äquivalent- durchmesser in mm |
anschaulicher Vergleich | Symbol | Bodentyp | Kornart | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Großgruppe | Kleingruppe | ||||||||
gerundet | eckig-kantig | Feinheit | Bindigkeit | ||||||
Steine8 | Blöcke1 | > 200 | größer als Hühnereier | Y | Grobboden (Bodenskelett) | nichtbindige Böden | Siebkorn | ||
Gerölle, Geschiebe | Grobsteine (Schutt) | 63–200 | X | ||||||
Kies2 | Grobkies | Mittelsteine (Schotter)7 | 20–63 | kleiner als Hühnerei, größer als Haselnüsse | gG | G | |||
Mittelkies | Feinsteine (Splitt)6 7 | 6,3–20 | kleiner als Haselnüsse, größer als Erbsen | mG | |||||
Feinkies3 | Grus6 | 2–6,3 | kleiner als Erbsen, größer als Streichholzköpfe | fG | |||||
Sand2 | Grobsand3 | 0,63–2 | kleiner als Streichholzköpfe, größer als Getreidegrieß | gS | S | Feinboden | |||
Mittelsand | 0,2–0,63 | wie Grieß | mS | ||||||
Feinsand5 10 | 0,063–0,2 | wie Mehl (~ 150 μm) und kleiner, aber mit bloßem Auge noch erkennbar | fS | ||||||
Schluff2 (Silt4) |
Grobschluff10 | 0,02–0,063 | mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar | gU | U | bindige Böden | Schlämmkorn | ||
Mittelschluff | 0,0063–0,02 | mU | |||||||
Feinschluff | 0,002–0,0063 | fU | |||||||
Ton9 (Feinstkorn) |
Grobton | 0,00063–0,002 | gT | T | |||||
Mittelton | 0,0002–0,00063 | mT | |||||||
Feinton | < 0,0002 | fT |
- 1 je nach Genese Blockschutt, Blockgeröll, Blockhalde
- 3 Den Grenzbereich zwischen Grobsand und Feinkies bezeichnet man nach von Engelhardt auch als Grand
- 5 Nach EN 12620 u.a. im Bauwesen < 0,063 Gesteinsmehl, siehe Gebrochene Mineralstoffe
- 7 EN 12620 u.a.: 32–63 mm Schotter
- 8 Schroppen im Bauwesen
- 10 es wird auch – nicht nach DIN – Feinstsand als 0,125–0,250 mm ausgeschieden
Korngröße in der Petrologie und Mineralogie
In der Petrologie (Gesteinskunde) und Mineralogie wird zwischen der absoluten und der relativen Korngröße im Gefüge von Gesteinen und Mineral-Aggregaten unterschieden.
Absolute Korngröße
Die absolute Korngröße lässt sich bereits grob mithilfe des Auges oder des Mikroskops abschätzen. Zur Unterscheidung werden dafür die Begriffe makrokristallin (mit bloßem Auge erkennbar), mikrokristallin (nur unter dem Mikroskop erkennbar) und kryptokristallin (unter dem Mikroskop nicht mehr aufzulösen) verwendet.
Grob- bis riesenkörnige Kristallgefüge entsprechen mit einer durchschnittlichen Korngröße von 5–30 mm in etwa der Klasse der Kiese. Mittelkörnige Kristallgefüge besitzen eine durchschnittliche Korngröße von 1–5 mm bilden den Übergang zwischen Kies- und Sandgesteinen. Ein feinkörniges Gefüge von weniger als einem Millimeter liegt bei einem mittelfeinen Sandstein vor. Bei Mikrolithen oder auch Kristalliten beträgt die durchschnittliche Korngröße nur wenige Mikrometer (µm).
Relative Korngröße
Die relative Korngrößenbestimmung vergleicht im Gesamtgefüge die einzelnen Kristallite (Körner) untereinander. Bei einem gleichkörnigen Gefüge zeigen entsprechend die Einzelkristalle nur geringe Größenunterschiede.
Ungleichkörnige Gefüge können dagegen sehr unterschiedlich ausgebildet sein. Größere Kristalle sind in einer feinkörnigen Kristallmatrix eingebettet und werden porphyrische Gefüge genannt. Vitrophyrische Gefüge betten größere Kristalle in einer glasigen Grundmasse ein und in glomerophyrischen Gefügen liegen Kristallaggregate in einer feinkörnigen Matrix vor.
Zusätzlich kann die Korngröße innerhalb eines Gesteins variieren. Das bedeutet, dass sie sich in serialen Gefügen in bestimmten, stetigen Intervallen ändert, oder sie ändert sich in hiatalen Gefügen unregelmäßig bzw. unstetig.
Siehe auch
- Kornoberfläche
- Bodenart
Literatur
- Robert L. Folk: Practical petrographic classification of limestones. In: American Association of Petroleum Geologists Bulletin. 43, 1959, S. 1–38, doi:10.1306/0BDA5C36-16BD-11D7-8645000102C1865D.
- Robert L. Folk: Spectral subdivision of limestone types. In: W. E. Ham (ed.): American Association of Petroleum Geologists Memoir 1. Classification of Carbonate Rocks-A Symposium. 1962, S. 62–84.
Weblinks
- Korngrößendreieck
- Uni Münster - Gefüge vulkanischer Gesteine (Version vom 17. August 2007 im Internet Archive) im Internet Archive auf archive.org, gesehen 16. April 2010
- Vergleich der Korngrößenbezeichnungen von Schleifsteinen nach deutscher und japanischer Norm
- Laser Diffraction: Particle-Size-Analysis Principles (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Bodenklassifikation nach DIN 18196, XfaWeb-Fachsysteme, Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW)