Kontrastmittel
Kontrastmittel (KM) verbessern die Darstellung von Strukturen und Funktionen des Körpers bei bildgebenden Verfahren wie Röntgendiagnostik, Magnetresonanztomografie (MRT) und Sonografie (Ultraschall). Kontrastmittel müssen von Tracern beziehungsweise Radiopharmaka, die zur Darstellung physiologischer Vorgänge in der Nuklearmedizin eingesetzt werden, unterschieden werden.
Rechtliche Einordnung
In Deutschland sind Kontrastmittel Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Sie sind abzugrenzen von den Medizinprodukten nach Medizinproduktegesetz (MPG).
→ siehe auch: Produktabgrenzung
Nach der europäischen Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte sind Kontrastmittel als Medizinprodukte einzustufen.
Wirkung
Die Wirkung von Kontrastmitteln besteht darin, dass sie das Signal, das in der jeweiligen Untersuchung registriert wird, modifizieren. Ziel des Einsatzes ist, bei der Untersuchung Zusatzinformationen zu gewinnen. Beispielsweise verwendet man in der Radiografie oft Kontrastmittel, die Röntgenstrahlen stärker absorbieren als normales Weichteilgewebe. Gewöhnlich sieht man auf einem Röntgenbild keine Blutgefäße. Wenn man eine iodhaltige Lösung injiziert, werfen die Gefäße, in die die Lösung gelangt, Röntgenschatten und machen sie so sichtbar (Angiografie).
Unerwünschte Wirkungen
Kontrastmittel können unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Nebenwirkung) haben, die sich an verschiedenen Organen incl. am Hautorgan manifestieren können [1]. Bei der Abwägung der Indikation einer Kontrastmitteluntersuchung werden grundsätzlich strengere Anforderungen an die Verträglichkeit gestellt als beim therapeutischen Einsatz von Medikamenten: Wenn man sich von einem Mittel Heilung oder Linderung verspricht, nimmt man Risiken eher in Kauf als bei rein diagnostischen Anwendungen. Diese Haltung entspringt zum Teil der Erfahrung mit dem Röntgen-Kontrastmittel Thorotrast, das in den 1930er Jahren verwendet wurde und bei vielen Patienten mit zum Teil jahrzehntelanger Verzögerung bösartige Lebertumoren hervorrief. Moderne Kontrastmittel durchlaufen daher Verträglichkeitsstudien, die rigoroser sind als bei therapeutischen Medikamenten. Außerdem schreiben die Gesetzgeber in den meisten Ländern eine gründliche Risikoaufklärung des Patienten vor, obwohl das Gesamtrisiko im Individualfall meist sehr klein ist.
Indikationen
Zusatzinformationen, die durch Kontrastmitteleinsatz gewonnen werden können, fallen in zwei große Kategorien: strukturelle (morphologische) und funktionelle (physiologische) Informationen. Ein typisches Beispiel für erstere ist die Doppelkontrastdarstellung des Dickdarms. Dabei wird eine zähflüssige Bariumsuspension rektal instilliert. Wegen ihrer Konsistenz markiert sie die Darmwand. Anschließend wird Luft in den Darm gepumpt, wodurch das Lumen des Darms sichtbar wird (einerseits durch die Füllung, andererseits durch den Negativkontrast wegen der hohen Durchlässigkeit von Luft für Röntgenstrahlung). So erkennt man morphologische Veränderungen des Dickdarms, wie Polypen, Aussackungen, Verengungen und Entzündungen. Funktionelle Informationen werden zum Beispiel bei der Barium-Breischluck-Untersuchung gewonnen: unter Durchleuchtung schluckt der Patient das Kontrastmittel. Dadurch werden Störungen der Beweglichkeit der Speiseröhre sichtbar.
Kontrastmittel, insbesondere MR-Kontrastmittel, werden häufig auch außerhalb der zugelassenen Anwendungen eingesetzt, beispielsweise an Kindern (es gibt derzeit auch für Kinder zugelassenen MR-Kontrastmittel) oder in neuentwickelten Diagnoseverfahren (Off-Label-Use) [2].
Verwendete Substanzen
Röntgendiagnostik
In der Röntgendiagnostik (z. B. bei der Computertomographie) werden als Kontrastmittel verwendet:
- Röntgenpositive Kontrastmittel
- Bariumsulfathaltige Suspensionen werden vom Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert und dienen zur Darstellung von Speiseröhre, Magen, Dünn- und Dickdarm. Aufgrund der fehlenden Resorbierbarkeit können diese Substanzen außerhalb des Magen-Darm-Traktes zu Fremdkörperreaktionen führen und dürfen daher nicht angewendet werden, wenn die Gefahr der Aspiration besteht oder eine Perforation im Bereich des Magen-Darm-Trakts vorliegt. In diesen speziellen Situationen werden an Stelle von bariumhaltigen Kontrastmitteln wasserlösliche iodhaltige Röntgenkontrastmittel verwendet.
- Iodhaltige Kontrastmittel sind wasserlösliche Substanzen, die entweder intravaskulär gespritzt oder direkt in das darzustellende Gewebe/Hohlorgan injiziert werden. Sie werden zu über 90 % über die Nieren ausgeschieden. Sie dienen zur Darstellung der Nieren und Harnwege (Urografie/Ausscheidungsurografie), der Venen (Phlebografie), der Arterien (Arteriografie) oder anderen Organe. Die verschiedenen iodhaltigen Kontrastmittel unterscheiden sich vor allem in den Trägermolekülen, in der Zahl der pro Trägermolekül gebundenen Iodatome (1 bis 6) und in ihren physiko-chemischen Eigenschaften (Osmolalität, Viskosität, Hydrophilie). Von der Iodkonzentration hängt die Röntgendichte und damit die erreichbare Kontraststeigerung eines Kontrastmittels ab. Die Osmolalität bzw. Osmolarität beeinflusst (teilweise) die Verträglichkeit des Kontrastmittels, während die Viskosität vor allem die Fließeigenschaften (durch Katheter oder auch beim Spritzen) steuert.
- Hyperosmolare, ionische iodhaltige Kontrastmittel, z.B. für die Magen-Darm-Diagnostik (Amidotrizoesäure, Handelsnamen: Gastrolux, Gastrografin, Peritrast).
- Nichtionische iodhaltige Kontrastmittel (Ultravist, Isovist, Xenetix etc.). Diese sind zwar teurer, aber besser verträglich als die ionischen iodhaltigen Kontrastmittel. In Deutschland dürfen deshalb nur noch diese intravaskulär gespritzt werden.
- Röntgennegative Kontrastmittel
- Gasförmiges Kohlenstoffdioxid (CO2), welches im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Kontrastmitteln die Röntgendichte herabsetzt (negatives Kontrastmittel) und damit zu einer erhöhten Strahlendurchlässigkeit führt. CO2 eignet sich vor allem für die Arteriografie als Alternative zu iodhaltigen Kontrastmitteln (bei Unverträglichkeit oder bei Schilddrüsenüberfunktion) und zur gezielten Darstellung kleiner Verzweigungen. Anders als Luft kann CO2 in das Gefäßsystem injiziert werden.
- Luft, bei der Doppelkontrastuntersuchung des Dickdarms.
Magnetresonanztomografie (MRT)
Bei der Magnetresonanztomographie verwendet man Kontrastmittel mit unterschiedlichen Effekten. Es gibt zwei Gruppen von Substanzen:
- Positive MR-Kontrastmittel (die sog. „Weißmacher“). Dazu gehören Gadolinium-(Gd-) und Mangan-(Mn-)haltige Kontrastmittel.
- Negative MR-Kontrastmittel (die sog. „Schwarzmacher“). Dazu gehören eisenoxidhaltige Kontrastmittel.
Die Wirkung dieser Kontrastmittel ist indirekt, da das Kontrastmittel selbst kein Signal abgibt, sondern nur die Signalintensität in seiner Umgebung beeinflusst. Des Weiteren gibt es Kontrastmittel, die selbst direkt als signalgebende (oder signalverhindernde) Substanzen im Bild sichtbar werden.
- Injizierbare signalverändernde Kontrastmittel:
- Gadolinium-Chelate, die wegen der paramagnetischen Eigenschaft des Gadoliniumatoms zu einer Verkürzung der Relaxationszeiten in der Nähe des Kontrastmittels und damit etwa in T1-gewichteten Aufnahmen zu einer helleren (signalreicheren) Darstellung von Strukturen führen; Beispiele: Gadopentetat-Dimeglumin (Handelsname: Magnevist u. a.), Gadotersäure (Dotarem), Gadodiamid (Omniscan), Gadoteridol (ProHance), Gadobutrol (Gadovist), …
- Eisenoxidnanopartikel (superparamagnetisches Eisenoxid, SPIO von englisch superparamagnetic iron oxide) zur Darstellung des retikulo-endothelialen Systems etwa in der Leber. Das gesunde Lebergewebe erscheint in T2-gewichteter Bildgebung durch das Eisenoxid signalarm, während Tumore, Metastasen oder andere Strukturen (Zysten, Hämangiome) sich signalreich (hell) abheben; Beispiele: Ferumoxid (Endorem), Ferrixan (Resovist). Kleinere Eisenoxidnanopartikel werden unter der Abkürzung USPIO (von engl. ultrasmall superparamagnetic iron oxide) als Gefäß-Kontrastmittel sowie zur Differenzierung von Lymphknoten-Metastasen entwickelt, z. B. Ferumoxtran (Sinerem).
- Manganverbindungen wie Mangafodipir (Mn-DPDP, Teslascan) als Leberkontrastmittel (gesundes Parenchym erscheint T1-gewichtet signalreich, d. h. hell, Tumoren/Metastasen signalarm, d. h. dunkel) oder auch für Pankreas-Fragestellungen.
- Oral oder enteral applizierbare signalverändernde Kontrastmittel zur besseren Kontrastierung des Magen-Darm-Traktes:
- silikonumhüllte superparamagnetische Eisenoxidnanopartikel; klinisch zugelassen ist das Eisenoxid-Präparat Ferumoxsil (Lumirem),
- orale nicht resorbierbare Gadolinium-Chelate,
- Ananas-, Himbeer- und weitere Säfte mit hohem natürlichem Mangan- und/oder Eisengehalt, welche auf Grund ihrer paramagnetischen Eigenschaften das intraluminale Signal erhöhen,
- Manganverbindungen, z. B. MnCl2 (LumenHance)
- Signalgebende Kontrastmittel, die selbst direkt MR-sichtbar sind:
- Wasser als natürliches Kontrastmittel (Luminisation) wird teilweise für Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes verwendet, oftmals noch kombiniert mit Gelbildnern wie Guar, Carboxymethylcellulosen, indischem Flohsamen oder auch Zuckeraustauschstoffen wie Mannitol oder Polyethylenglykolen zur besseren Distension.
- 19Fluor-haltige Substanzen (z. B. SF6- oder C2F6-Gas) sind als inhalierbare Kontrastmittel für die Lungenbildgebung mit 19F-MRT in Entwicklung.
- Außerdem gibt es Versuche, hyperpolarisierte Stoffe, wie 3Helium, 129Xenon oder 13Kohlenstoff als Kontrastmittel in der Nicht-1H-MRT einzusetzen (im Entwicklungsstadium).
- Signalfreie Kontrastmittel (für die 1H-MRT) mit geringem oder gar keinem Protonengehalt:
- perfluorierte Brom-Verbindungen (Perfluoro-Octylbromid, PFOB, Perflubron) ohne signalgebende Protonen (in den USA früher zugelassen),
- Bariumsulfat-Suspensionen, die die Protonendichte und damit das Signal reduzieren.
Sonografie
In der Sonografie und Echokardiografie verwendet man gasgefüllte Mikrobläschen-Kontrastmittel (microbubbles) beim kontrastmittelverstärkten Ultraschall. Sie werden meist intravenös verabreicht und erhöhen dann die Echogenität des Blutes. Die lungengängigen Kontrastmittel wurden ursprünglich als Signalverstärker für Doppler- und Farbdoppleruntersuchungen entwickelt. In der Sonografie werden sie vor allem zur verbesserten Detektion und Charakterisierung von Lebertumoren eingesetzt. Hierbei haben sich die Kontrastmittel der 2.Generation bewährt, die bei äußerst niedriger Schallenergie (nur mit spezieller Software in hochwertigen neuen Sonographiegeräten möglich) eine kontinuierliche weitgehend zerstörungsfreie Beobachtung des An- und Abflutens des Mikrobläschen-Kontrastmittels zulassen. Zur Differenzierung der Lebertumoren dient die Anflutungs- und Abflutungskinetik (Arterielle Phase, Portalvenöse Phase, Venöse Phase und Spätphase). Lebermetastasen färben sich in der Regel früh in der arteriellen Phase an und verlieren die Anfärbung ebenfalls früh in der venösen Phase, so dass sie in der Spätphase kein Kontrastmittel mehr enthalten und sich damit gut vom Lebergewebe unterscheiden, das weiterhin Kontrastmittel enthält. In der Echokardiografie verbessern sie die Untersuchbarkeit der Wandbewegung. Nichtlungengängige Kontrastmittel werden eingesetzt, um Löcher in der Herzscheidewand zu entdecken.
Indocyaningrün/ICG-Diagnostik
Indocyaningrün (auch ICG, englisch: indocyanine green) ist ein fluoreszierender Farbstoff, der in der Medizin als Indikatorsubstanz, beispielsweise für die photometrische Leberfunktionsdiagnostik und Fluoreszenzangiographie bei Herz-, Kreislauf-, Leber- und Augenerkrankungen eingesetzt wird. Dabei wird es intravenös verabreicht und in Abhängigkeit von der Leberleistung mit einer Halbwertszeit von etwa 3–4 Minuten aus dem Körper eliminiert. ICG liegt normalerweise in Pulverform vor und kann in unterschiedlichen Lösungsmitteln gelöst werden, wird aber in aller Regel in Aqua pro injectione gelöst. ICG in steriler Form ist in Deutschland für die intravenöse Anwendung zugelassen.
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Einzelnachweise
- ↑ Böhm I et al. A practical guide to diagnose lesser-known immediate and delayed contrast media-induced adverse cutaneous reactions in Eur Radiol 2006; 16: 1570-9
- ↑ Antje-Katrin Heinemann: Off-label Use von Diagnostika am Beispiel der MR-Kontrastmittel, MPR, Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht, 5/2007