Kalksandstein

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Der Begriff Kalksandstein bezeichnet natürlich vorkommende Sandstein-Arten, meist jedoch künstlich hergestellte Mauersteine, aus Sand und Calciumcarbonat bzw. Calciumsilikathydrat als Bindemittel.

Bei künstlich hergestellten Kalksandsteinen ist das Bindemittel nicht Calciumcarbonat, sondern ein durch Dampfhärtung erzeugtes Calciumsilikathydrat. Im Bauwesen bezeichnet der Begriff Kalksandstein in der Regel diese künstlich hergestellten Kalksandsteine (KS), die üblicherweise als Mauersteine angeboten werden.

Zu den ältesten Produktionsstandorten von Kalksandstein in Deutschland zählt Niederlehme in Brandenburg.

Abgrenzung

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Staaten zu schildern.

Als Naturstein kommt Kalksandstein in Deutschland selten vor und wird lediglich in den münsterländischen Baumbergen als Naturwerkstein gewonnen und wirtschaftlich genutzt, siehe Baumberger Kalksandstein.

In den Alpen tritt natürlicher Kalksandstein im Ostteil der Flyschzone nahe Wien auf sowie als Strand-Ablagerung (Leithakalk) des tertiären Meeres in Ost-Österreich, siehe z.B. St. Margarethener Kalksandstein.

Herstellung

Als Erfinder des Herstellungsverfahrens künstlichen Kalksandsteins gilt der Arzt und Naturwissenschaftler Anton Bernhardi.[1] Dieser war auf der Suche nach einem preiswerten Baumaterial für den Sozialen Wohnungsbau und die Landwirtschaft. 1856 verfasste er eine konkrete Anleitung dazu.

Bei der industriellen Fertigung von Kalksandsteinen werden Branntkalk (Calciumoxid) und Sand (überwiegend Quarzsand) im Verhältnis 1:12 unter Zugabe von Wasser gemischt und in Reaktoren geleitet. Wenn der Branntkalk mit Wasser zu Kalkhydrat umgewandelt ist, wird das Gemisch im Nachmischer auf Pressfeuchte gebracht und anschließend mittels hydraulischer Pressen zu Steinrohlingen geformt. Die Rohlinge werden in speziellen Dampfdruckkesseln, den Autoklaven, bei Temperaturen von ca. 200 °C unter Sattdampfdruck, also bei einem Druck von ca. 16 bar, für einen Zeitraum von 4 bis 8 Stunden hydrothermal gehärtet. Dies und die basische Ca(OH)2-Umgebung leiten eine Silikatreaktion an der Oberfläche der Sandkörner ein. Je nach Mengenanteil von CaO, SiO2 und H2O bilden sich Tobermorit oder allgemein sogenannte CSH-Phasen (xCaO * ySiO2 * zH20). Es entstehen keine Schadstoffe.

Produziert werden alle Mauerstein-Formate, angefangen von kleinformatigen Mauersteinen im Dünnformat (DF) und Normalformat (NF) über Blocksteine (Schichthöhe 25 cm) bis hin zu großformatigen Kalksandsteinen (KS XL) mit Schichthöhen von 50 bzw. 62,5 cm (siehe DIN 106).

Es werden sowohl Steine für Normalmörtel (Lagerfugendicke 12 mm) als auch Plansteine für Dünnbettmörtel (Lagerfugendicke 2 mm) angeboten.

Anwendung

Niederlehmer Wasserturm, 1902 komplett aus Kalksandstein errichtet

Kalksandstein wird im Rohbau für Innen- und Außenwände verwendet. Er ist vergleichsweise schwer (hohe Rohdichteklasse, RDK) und daher gut schalldämmend und wärmespeichernd. Aufgrund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit weisen einschalige (monolithische) Wände einen hohen Wärmedurchgang und Wärmedurchgangskoeffizient auf. - Üblich ist daher die Kombination mit Dämmstoffen. Der nicht brennbare Baustoff (Baustoffklasse A1 nach Brandschutznorm DIN 4102-4) ist als Brandwand bereits ab 17,5 cm Dicke in DIN 4102-4 klassifiziert. Durch die hohen Steindruckfestigkeitsklassen (SFK) ist das KS-Mauerwerk hochbelastbar und kann bereits in 11,5 cm Dicke tragend ausgeführt werden. Kalksandsteine nach DIN 106 weisen herstellbedingt eine geringe Maßtoleranz auf. Frostwiderstandsfähige Kalksandsteine (KS-Steine) gibt es als frostwiderstandsfähige Verblender und Vormauersteine mit verschiedenen Oberflächenstrukturen und als sogenannte Hintermauersteine für verputztes oder sichtbar belassenes Mauerwerk. Verblender und Fasensteine werden für Sichtmauerwerk auch innen verwendet. Die Steineigenschaften (Steinarten, Formate, Abmessungen, Steinfestigkeitsklassen, Rohdichteklassen) werden in der DIN 106 geregelt.

Kalksandsteinaußenwände werden in der Regel als mehrschichtige Außenwandkonstruktionen (Funktionswand) ausgeführt. Jede Schicht erfüllt dabei gezielt die an die Wandkonstruktion gestellten Anforderungen. Die Funktionen Tragfähigkeit (Statik), Schallschutz, Brandschutz sowie sommerlichen Hitzeschutz werden durch das schwere KS-Mauerwerk erfüllt, Anforderungen an den winterlichen Wärmeschutz werden durch die leichten Wärmedämmstoffe erfüllt. Damit entstehen Funktionswände, die auf das gewünschte Anforderungsniveau eingestellt werden können, ohne durch einseitige Optimierung (z. B. Wärmeschutz) Einbußen in anderen Bereichen (Schallschutz) hinnehmen zu müssen.

Kalksandstein-Mauerwerk kann Wärme und Feuchtigkeit vorübergehend puffern und zeitverzögert wieder abgeben.

Als Verblender gibt es den Kalksandstein in den Oberflächenstrukturen:

  • glatt
  • bossiert
  • bruchrau

Verarbeitung

Bei starker Hitze sind sehr trockene Steine vorzunässen, damit der Mörtel beim Auftragen nicht „verbrennt“ (d.h. die Feuchtigkeit des Mörtels zu schnell in den sehr saugfähigen Stein wegzieht). Und umgekehrt ist, wie bei allen Mauersteinen, das frische Mauerwerk vor zu starker Durchfeuchtung und Frost zu schützen, z.B. durch Abdecken mit Planen. Durch Frost geschädigtes Mauerwerk ist vor dem Weitermauern abzutragen.

Verblender werden teilweise mit werkseitiger Vorimprägnierung geliefert. Damit wird Verschmutzungen während des Transportes, der Lagerung bis zur Verarbeitung weitgehend entgegengewirkt. Die Imprägnierung des Mörtels kann erst im fertigen Mauerwerk erfolgen. Bei nachträglicher Imprägnierung der KS-Verblendschale sind die Empfehlungen des Lieferwerkes zu beachten, um die Verträglichkeit mit einer evtl. vorhandenen Vorimprägnierung sicherzustellen.

Nach VOB/C ATV DIN 18330 ist der Einsatz von Salzen und Frostschutzmitteln nicht zulässig, da dies die Struktur des Kalksandsteins schädigt.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • hohe Drucktragfähigkeit für problemloses Verankern schwerer Lasten
  • gute Ökobilanz (geringer Energieeinsatz, geringer Ressourcenverbrauch)
  • gute baubiologische Eigenschaften, weil feuchteregulierend und wärmespeichernd
  • hoher Schallschutz
  • wegen geringer Porigkeit kaum Feuchtigkeitsaufnahme, Eignung als Außenwand ohne weitere Beschichtungsmaßnahmen

Nachteile:

  • schlechte Wärmedämmung
  • aufwändige Bearbeitung und Verarbeitung wegen hoher Rohdichte

Der Fall "Xella"

Laut Ausgabe Nr. 29 vom 10. Juli 2008 der Zeitschrift Stern hat Haniel Bau-Industrie (seit 2002 Xella) in drei Werken rund acht Jahre lang minderwertige Kalksandsteine produziert und laut Handelsblatt bis 2006 unter der Marke „KS“ vertrieben; diese seien später in etwa 45.000 Häuser verbaut worden. Der beim Produktionsprozess notwendige Branntkalk ist zumindest teilweise durch ein Bindemittel ersetzt worden, das bei der Rauchgas-Entschwefelung von Kraftwerken entsteht – dies, obwohl der Bundesverband Kalksandstein davor gewarnt hatte.[2]

Das Gutachten kommt, wie die Stellungnahme des Bundesverbandes Kalksandsteinindustrie e. V. aus dem Jahre 1987, zu dem Ergebnis, dass Wände, die mit diesen Kalksandsteinen hergestellt wurden, als Folge einer starken Feuchtigkeitseinwirkung ihre Tragfähigkeit soweit einbüßen könnten, dass sie die auf sie als Teil des Gesamttragwerks entfallenden Lasten nicht mehr sicher ableiten können und schließlich auch das Gesamttragwerk des Gebäudes nicht mehr in der Lage sein kann, durch Lastenumlagerung dauerhaft eine hinreichend große Gesamtstabilität zu gewährleisten. Nach diesem Gutachten kann es also bei ausreichendem Feuchtigkeitseintrag in das Mauerwerk zur völligen Zerrüttung der betroffenen Wände kommen mit der Folge, dass die Standsicherheit des gesamten Gebäudes gefährdet sein kann.[3]

Die vom Stern genannte Zahl von 45.000 Häusern will Xella bislang nicht bestätigen. Dort, wo der Bauträger auf Kellerisolierung oder Putz verzichtet habe, könne es zwar zu gefährlichen Rissen im Mauerwerk kommen, bestätigt Xella. Da die schadhaften Kalksandsteine ausschließlich in drei Werken am Niederrhein produziert worden sind und üblicherweise nur auf kurzen Strecken transportiert werden, sind Schäden am Niederrhein, dem westlichen Ruhrgebiet und dem angrenzenden Münsterland zu erwarten.[4][5][6] Vereinzelt wurden Schäden auch in Frankfurt a. M. entdeckt.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

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