Ionenimplantation
Die Ionenimplantation ist ein Verfahren zur Einbringung von Fremdatomen (in Form von Ionen) in ein Grundmaterial, Dotierung genannt. Auf diese Weise lassen sich die Materialeigenschaften (meistens die elektrischen Eigenschaften) des Grundmaterials verändern. Das Verfahren wird unter anderem in der Halbleitertechnik genutzt. Entsprechende Anlagen zur Ionenimplantation werden als Ionenimplanter bezeichnet.
Prinzip
Das prinzipielle Verfahren ist der Beschuss von Festkörpern im Hochvakuum mit beschleunigten Ionen. Es lässt sich in folgende Schritte aufteilen:
- Erzeugung der Ionen in einer Ionenquelle
- Extraktion der Ionen durch ein elektrostatisches Feld
- Separation der Ionen nach Masse in einem Massenseparator
- Beschleunigung der Ionen
- Ablenkung mittels elektrischer Felder
- Implantation in die Probe
Die wichtigsten Parameter zur Charakterisierung der Ionenimplantation sind die Beschleunigungsenergie, die von 500 eV bis 6 MeV reichen kann, und die Implantationsdosis, die im Bereich von 1011–1018 cm−2 liegt. Sie bestimmen die Reichweite der Ionen im Festkörper und die Dotierungskonzentration.
Bei der Implantation entstehen in Abhängigkeit von der Masse der implantierten Ionen und der Implantationsdosis Strahlenschäden im Kristallgitter des Halbleiters. Daher muss das Substrat nach einem Implantationsschritt ausgeheilt werden. Dies geschieht durch einen Hochtemperaturprozess, bei dem die Fremdatome in das Gitter eingebaut und so elektrisch aktiviert werden und die Gitterstruktur wieder hergestellt wird. Der Ausheilprozess kann durch einen Ofenprozess oder Rapid Thermal Annealing realisiert werden.
Reichweite von Ionen
Bei der Ionenimplantation spielt die Reichweite der Ionen eine entscheidende Rolle. Eine wichtige Theorie zur Beschreibung der Reichweite von Ionen in amorphen Festkörpern wurde 1963 von Jens Lindhard, Morten Scharff und Hans E. Schiott aufgestellt.[1], allgemein als LSS-Theorie bekannt. Sie beschreibt die Abbremsung der Ionen durch die Elektronen des Bremsmediums, wobei das Elektronengas eine Art viskoses Medium darstellt (elektronische Abbremsung).[2]
Die LSS-Theorie beschreibt die Dotierstoffkonzentration in amorphen Festkörpern mit guter Genauigkeit. Auch für mono- oder polykristalline Festkörper kann sie angewendet werden. Unter Umständen kann es hierbei jedoch zu großen Abweichungen kommen. Beispielsweise kann es zu einer größeren Dotierstoffkonzentration in größerer Tiefe kommen. Die Ursache dafür liegt im sogenannten Gitterführungseffekt, der bei kristallinen Festkörpern auftreten kann.[3]
Der Gitterführungseffekt (engl.: channeling) ist ein unerwünschter Effekt bei der Dotierung von monokristallinen Siliziumscheiben (Wafern). Je nach Kristallanordnung in der Scheibe besteht die Möglichkeit, dass Ionen aufgrund der gleichmäßigen Kristallstruktur durch die Zwischenräume der Atome nahezu ungebremst und daher unerwünscht tief in das Substrat eindringen. Der Effekt stört die genaue Prozessführung, da er nur sehr schwer über statistische Zusammenhänge beschrieben werden kann, dies geht jedoch bei gestreuten Ionen sehr gut. Die Gitterführung kann verhindert werden, indem man die Substratoberfläche um ca. 7° neigt sowie um 22° gegenüber den <100>-Richtungen dreht und/oder diese vor der Implantation mit einem dünnen Streuoxid beschichtet.
Anwendung
Mit der Ionenimplantation lassen sich nach Anwendungsgebiet verschiedenste Materialeigenschaften verändern. In der Halbleitertechnik dient die Ionenimplantation unter anderem zum Einbringen von Fremdatomen zur Dotierung des Halbleiterkristalls, dabei ist die Änderung der elektrischen Leitfähigkeit und Ladungsträgerbeweglichkeit das Hauptziel. In diesem Bereich hat die Ionenimplantation sich zum wichtigsten Prozess entwickelt und hierbei Diffusionsprozesse weitgehend ersetzt. Typische Dotanten sind: Aluminium, Antimon, Arsen, Bor, Gallium, Germanium, Indium, Kohlenstoff, Phosphor, Stickstoff oder auch Sauerstoff, welches beispielsweise in der SIMOX-Technik[4] (Separation by IMplanted OXygen) verwendet wird.
Es gibt jedoch auch zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten außerhalb der Mikroelektronik. Sie zielen vor allem auf eine Veränderung der Farbe, Härte, optischen Eigenschaften, Ätzbarkeit, Haftung, Gasdiffusion und Zusammensetzung eines Materials ab.
Vor- und Nachteile
Die Ionenimplantation bietet gegenüber anderen Verfahren, wie der Diffusion, zahlreiche Vorteile, jedoch auch einige Nachteile, die im Folgenden kurz zusammengestellt sind.
Vorteile:
- Kurze Prozesszeiten
- Hohe Homogenität und Reproduzierbarkeit
- Möglichkeit der Implantation durch bereits abgeschiedene dünne Schichten
- Es können sogenannte „vergrabene Schichten“ unterhalb der Oberfläche erzeugt werden (z. B. SIMOX-Technik).
- Der Hauptprozess findet bei Raumtemperatur statt (relativ geringe thermische Belastung nur beim Ausheilen).
Nachteile:
- Erzeugung von Strahlenschäden im Kristallgitter.
- Implantation ist auf oberflächennahe Schichten begrenzt.
- Es können keine Profile mit scharfen Implantationsgrenzen erzeugt werden.
- Es kann aufgrund zusätzlicher Effekte Abweichungen zwischen dem tatsächlichen und dem theoretischen Profil geben.
Siehe auch
- Plasma-Immersions-Ionenimplantation
Literatur
- J. F. Ziegler: Ion Implantation Science and Technology. Edgewater, USA 1996, ISBN 0-12-780620-2.
- H. Ryssel, I. Ruge: Ion Implantation. J. Wiley & Sons, Chichester 1986 , ISBN 0-471-10311-X.
- Ulrich Hilleringmann: Silizium-Halbleitertechnologie. Teubner, 2004, ISBN 3-519-30149-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ J. Lindhard, M. Scharff, H. E. Schiott: Range concepts and heavy ion ranges (Notes on atomic collisions, II). In: Kgl. Danske Videnskab. Selskab. Mat. Fys. Medd. 33, Nr. 14, 1963, S. 1–49.
- ↑ Klaus Bethge, Gertrud Walter, Bernhard Wiedemann: Kernphysik. Springer, 2007, ISBN 978-3540745662, S. 121ff.
- ↑ Dietrich Widmann, Hermann Mader, Hans Friedrich: Technologie hochintegrierter Schaltungen. Springer, 1996, ISBN 3540593578, S. 228f.
- ↑ Vorlesungsskript der Universität Stuttgart