Evonik Goldschmidt

Evonik Goldschmidt

(Weitergeleitet von Goldschmidt GmbH)
Evonik Goldschmidt GmbH
Rechtsform GmbH
Gründung 10. Dezember 1847
Sitz Essen
Umsatz ca. 600 Mio. EUR
Branche Spezialchemie
Website www.goldschmidt.com

Die Evonik Goldschmidt GmbH, Tochtergesellschaft der Evonik Industries AG ist ein internationales Chemie-Unternehmen mit der Ausrichtung auf Spezialchemikalien wie Additive und Zwischenprodukte vor allem für Trennbeschichtungen, Stabilisatoren und Emulgatoren. Das Unternehmen mit Sitz in Essen zählt zu den größten Industriebetrieben der Stadt Essen.

Geschichte

Am 10. Dezember 1847 gründete Theodor Goldschmidt in Berlin die „Chemische Fabrik Theodor Goldschmidt“ in der Köpenicker Straße unmittelbar angrenzend an der Textilfabrik „Kattun-Druckerei R. Goldschmidt und Söhne“ die von den beiden Onkel Karl und Eduard Goldschmidt geführt wurden. Die Fabrik der Onkel war anfangs auch größter Abnehmer für die Produkte der „Chemischen Fabrik Theodor Goldschmidt“, hauptsächlich Vorprodukte für die Textilindustrie, wie vor allem Präpariersalz, Zinnsalz und Chlorkalk.

1849 zog Theodor Goldschmidt mit seinem Werk aus Platzgründen ans Planufer, einen Abschnitt am Landwehrkanal. Die immer engere Umbauung durch Wohnhäuser verhinderte ein größeres Expandieren der Firma, deshalb blieb auch die Mitarbeiterzahl mit maximal 15 Beschäftigten gering. Am 4. Januar 1875 verstarb Theodor Goldschmidt und hinterließ das Unternehmen den minderjährigen Söhnen Karl und Hans Goldschmidt, die Interesse am Erhalt des Unternehmens zeigten. Es wurde eine treuhänderische Unternehmensleitung durch den Chemiker Otto Kersten, Verlobter von Karoline Goldschmidt vorgenommen, bis Karl Goldschmidt 1882 als promovierter Chemiker die Leitung übernahm. Kersten schied aus dem Unternehmen aus, und mit dem Eintritt von Hans Goldschmidt wurde das Unternehmen 30 Jahre von den beiden Brüdern geführt.

Mit der wachsenden Bedeutung von Konservendosen aus Weißblech mit Zinnüberzug machten sich die Goldschmidt-Brüder eine Marktlücke zunutze. Der daraus resultierende Abfall war unerwünscht und die Nutzung des Weißbleches für die Stahlindustrie durch den Zinnüberzug unmöglich. Den Brüdern gelang es als ersten, ein industrielles Verfahren zur elektrolytischen Entzinnung von Weißblech zu entwickeln, das durchaus ein sehr rentabels Verfahren zur Wiedergewinnung des damals kostbaren Rohstoffes Zinn wurde.

Die Weißblechentzinnung nahm derart große Ausmaße an, dass der Standort am Planufer für größere Umsetzungen zu klein wurde. Es wurde ein neuer, verkehrsgünstig gelegener Ort gesucht, und dabei fiel die Wahl auf das aufstrebende Ruhrgebiet, mit Nähe zur Tuchindustrie als Abnehmer für Zinnprodukte und zur Stahlindustrie, welche das aus der Entzinnung übriggebliebene Schwarzblech erwarben. Innerhalb weniger Jahre stieg die Beschäftigtenzahl auf 200 an, und es wurden neue Entzinnungsverfahren wie die Chlorentzinnung entwickelt. 1908 wurden weitere Weißblechentzinnungen in Großbritannien und den USA gegründet und weltweite Einkäufe von Weißblech organisiert. Goldschmidt wurde dadurch auf dem Weltmarkt führend.

Nach dem Ersten Weltkrieg konnte sich das Geschäft mit der Entzinnung nicht halten und wurde stillgelegt. Zu dieser Zeit verzeichnete Hans Goldschmidt mit seinem 1895 patentierten Thermit-Schweißverfahren zur lückenlosen Verschweißung von Straßen- und Eisenbahnschienen Erfolg. Dieses Verfahren, welches auf aluminothermischen Prozessen beruht, findet seit dieser Zeit Anwendung.

Die Weißblechentzinnung und das Thermitverfahren bildeten die unternehmerische Basis des Betriebes. Mit wachsender Mitarbeiterzahl wurden neue Sozialleistungen eingeführt: Es wurden eine Betriebskrankenkasse sowie eine Pensionskasse gegründet und ein Erholungsheim für Mitarbeiter, das Haus Niederbredenscheidt in Hattingen, errichtet.

Durch vermehrte Auslandstätigkeiten und größere Investitionen wurde 1911 das Unternehmen in die Th. Goldschmidt AG umgewandelt.

Nach dem ersten Weltkrieg musste sich die Firma Goldschmidt neu orientieren, da Märkte und Rohstoffversorgungen verlorengingen sowie Namensrechte und Patente für nichtig erklärt wurden. Ab 1920 entwickelte Goldschmidt Produkte für Gleitlagertechnik und Korrosionsschutzfarben, Leimfilme für die Schichtholzverarbeitung auf Basis von Kunstharzen und durch die Arbeit von Friedrich Bergius die ersten Emulgatoren, die den Grundstein für den Geschäftsbereich „Care Specialities“ der Degussa legten. Die "Th. Goldschmidt AG" hielt während des Zweiten Weltkriegs Anteile an der Degesch und der Orgacid Gmbh, die Zyklon B beziehungsweise Senfgas herstellten.[1][2]

Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde der Hauptsitz in Essen neu aufgebaut und erlebte, besonders durch die Währungsreform, einen großen Aufschwung. Neben den Produkten der Vorkriegszeit wurden neue Entwicklungen auf Basis amphoterer Tenside vorangetrieben, die bis in den 1990er Jahren eine Spitzenstellung auf dem Markt einnahmen.

In den 1950er Jahren wurde bei Goldschmidt durch die Siliconforschung die Basis für den heutigen Geschäftsbereich Consumer Specialties von Evonik errichtet. 1955 entstanden erste einfache Silicone, 1961 die ersten Polyurethanschaum-Stabilisatoren, die bis heute das Kerngeschäft der Goldschmidt GmbH ausmachen.

1999 erfolgte eine Teilung von Goldschmidt: Die bisherige Goldschmidt AG wurde vollständig durch Evonik übernommen, während das Geschäft mit dem Thermit-Verfahren in die Goldschmidt-Thermit GmbH ausgegliedert wurden, welche die Nachkommen der Gründer über die Vermögensverwaltung Erben Dr. Karl Goldschmidt GmbH, Essen, übernahmen.[3]

Produkte

Die Evonik Goldschmidt GmbH stellt keine Endprodukte für den Verbraucher her, sondern Spezialchemikalien für die kosmetische oder chemische Industrie, die als Additive deren Endprodukten gewünschte Eigenschaften verleihen.

Stabilisatoren

Die Stabilisatoren der Goldschmidt GmbH werden in Polyurethan(PU)-Schäumen eingesetzt um z.B. Polstern und Matratzen die nötige Festigkeit und Flexibilität zu geben. Weitere Einsatzgebiete der PU-Stabilisatoren sind die Automobilindustrie (Lenkräder, Innenausstattungen), Bauindustrie (Bauschäume).

Emulgatoren

Goldschmidt stellt seit 1927 Emulgatoren für die Kosmetische Industrie her, um die Grundbestandteile Öl und Wasser miteinander mischen zu können.

Trennbeschichtungen

Diese finden Einsatz bei Klebefolien. Trägermaterialien von Klebefolien werden mit UV-gehärteten siliconmodifizierten Acrylaten beschichtet, um diese abziehen und an anderer Stelle ankleben zu können.

Betaine

Um die Hautverträglichkeit von Reinigungsmitteln durch aggressive anionische Waschtenside zu erhöhen, werden diesen Betaine zugegeben. Diese haben u. a. eine rückfettende Wirkung und werden von Goldschmidt seit 1966 hergestellt.

Additive

Kunststoffadditive sorgen als polymere Dispergiermittel für eine optimale Pigmentverteilung in Kunststoffen. Lackadditive dienen bei wässrigen Lack- und Beschichtungssystemen als Entschäumer, da diese Systeme bei der Herstellung zu starker Schaumbildung neigen, welche auf dem Endprodukt unerwünscht ist.

Literatur

  • Ralf Peters, Anette Zehnter: Grenzen überwinden. 150 Jahre Th. Goldschmidt. Hrsg. Th. Goldschmidt GmbH, Essen, 1997. ISBN 3-89355-158-1
  • Bastian Blachut: "Arisierung" als Geschäftsprinzip?  : die Monopolisierung des deutschen Entzinnungsmarktes zwischen 1933 und 1939 durch die Th. Goldschmidt AG in Essen. Essen : Klartext, 2012 ISBN 978-3-8375-0666-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Shoa: Zyklon B (Zugriff am 6. März 2007)
  2. Giftgas: Besonders heikel. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1990 (1. Oktober 1990, online).
  3. http://www.goldschmidt-thermit.com/de/gtg_3.php