Glasfaserverstärkter Kunststoff
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Glasfaserverstärkter Kunststoff, kurz GFK (engl. GRP – glass-fibre reinforced plastic), ist ein Faser-Kunststoff-Verbund aus einem Kunststoff und Glasfasern. Als Basis kommen duroplastische (z. B. Polyesterharz (UP) oder Epoxidharz) als auch thermoplastische (z. B. Polyamid) Kunststoffe in Frage.
Endlos-Glasfasern wurden erstmals 1935 industriell in den USA als Verstärkungsfasern hergestellt. Das erste Flugzeug aus GFK war der Fs 24 Phönix der Akaflieg Stuttgart aus dem Jahr 1957.[1]
GFK ist umgangssprachlich auch als Fiberglas bekannt. Das Wort Fiberglas ist ein Anglizismus, der sich aus fiberglass (AE) bzw. fibreglass (BE), dem englischen Wort für Glasfaser, gebildet hat. In der Nicht-Fachwelt wird oft nur von den Fasern gesprochen, wenn von GFK oder CFK die Rede ist. Immer sind aber die faserverstärkten Kunststoffe gemeint, denn ohne die gestalt- und oberflächengebende Kunststoffe-Matrix wären die Bauteile gar nicht herstellbar.[2]
Eigenschaften und Anwendungsgebiete
Eigenschaften | |
---|---|
Fasertyp: E-Glasfaser | |
Grundelastizitätsgrößen | |
$ E_{\|} $ | 44 500 N/mm2 |
$ E_{\perp } $ | 13 000 N/mm2 |
$ G_{\perp \|} $ | 5 600 N/mm2 |
$ G_{\perp \perp } $ | 5 100 N/mm2 |
$ \nu _{\perp \|} $ | 0,25 |
Dichte | |
$ \rho $ | 2,0 g/cm3 |
Grundfestigkeit | |
$ R_{\|}^{+} $ | 1 000 N/mm2 |
$ R_{\|}^{-} $ | 900 N/mm2 |
$ R_{\perp }^{+} $ | 50 N/mm2 |
$ R_{\perp }^{-} $ | 120 N/mm2 |
$ R_{\perp \|} $ | 70 N/mm2 |
Wärmeausdehnungskoeffizienten | |
$ \alpha _{\|} $ | 7·10−6 1/K |
$ \alpha _{\perp } $ | 27·10−6 1/K |
Glasfaserverstärkte Kunststoffe sind ein kostengünstiger und dennoch sehr hochwertiger Faser-Kunststoff-Verbund. In mechanisch hoch beanspruchten Anwendungen findet sich glasfaserverstärkter Kunststoff ausschließlich als Endlosfaser in Geweben oder in UD-Bändern.
Verglichen mit Faser-Kunststoff-Verbunden aus anderen Verstärkungsfasern hat der glasfaserverstärkte Kunststoff einen relativ niedrigen Elastizitätsmodul. Selbst in Faserrichtung liegt er unter dem von Aluminium. Bei hohen Steifigkeitsanforderungen ist er daher nicht geeignet. Ein Vorteil der Glasfaser im Verbund mit einer passenden Kunststoffmatrix liegt in der hohen Bruchdehnung und der elastischen Energieaufnahme. Deshalb ist er besonders für Blattfedern und ähnliche Bauteile geeignet.
Glasfaserverstärkter Kunststoff hat auch in aggressiver Umgebung ein ausgezeichnetes Korrosionsverhalten. Dies macht ihn zu einem geeigneten Werkstoff für Behälter im Anlagenbau oder auch für Bootsrümpfe. Die über der von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff liegende Dichte wird bei diesen Anwendungen in Kauf genommen.
Mit einer geeigneten Matrix hat glasfaserverstärkter Kunststoff eine gute elektrische Isolationswirkung, was ihn zu einem gut brauchbaren Werkstoff der Elektrotechnik macht. Besonders Isolatoren, die hohe mechanische Lasten übertragen müssen, werden aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt. Schaltschränke für den Außenbereich werden wegen der Beständigkeit und Stabilität des Materials häufig aus GFK gefertigt.
Marktlage
Im Jahr 2012 wurden in Europa die folgenden Mengen (in Kilotonnen) an glasfaserverstärktem Kunststoff verarbeitet:
- Pressen von SMC und BMC: 258
- Verfahren mit offener Form, wie z. B. Handlaminieren oder Faserspritzen: 235
- RTM-Verfahren: 120
- Kontinuierliche Verfahren, wie z. B. die Pultrusion: 125
- Behälter und Rohre, überwiegend im Faserwickel- und Schleuderverfahren: 147
- GMT und LFT (siehe Faser-Matrix-Halbzeuge): 108
- andere Verfahren: 17
Insgesamt wurden 1.010.000 Tonnen glasfaserverstärkter Kunststoff in Europa im Jahr 2012 verarbeitet (Quelle: AVK).
Sorten
Einige typische Sorten glasfaserverstärkter Kunststoffe sind:
EN 60893-3 | NEMA LI 1-1998 | MIL | |
---|---|---|---|
Phenol-Formaldehydharz-Laminat | PF GC 301 | G-3 | MIL-I-24768/18 (GPG) |
Silikonharz-Laminat | SI GC 201 | G-7 | MIL-I-24768/17 (GSG) |
Melaminharz-Laminat | MF GC 201 | G-5 | MIL-I-24768/8 (GMG) |
Melaminharz-Laminat | MF GC 201 | G-9 | MIL-I-24768/1 (GME) |
Epoxidharz-Laminat | EP GC 201 | G-10 | MIL-I-24768/2 (GEE) |
Epoxidharz-Laminat | EP GC 202 | FR-4 | MIL-I-24768/27 (GEE-F) |
Epoxidharz-Laminat | EP GC 203 | G-11 | MIL-I-24768/3 (GEB) |
Epoxidharz-Laminat | EP GC 204 | FR-5 | MIL-I-24768/28 (GEB-F) |
Epoxidharz-Laminat | CEM-1 | MIL-I-24768/29 (CEM-1) | |
Epoxidharz-Laminat | CEM-3 | MIL-I-24768/30 (CEM-3) | |
Polyesterharz-Laminat | UP GM 201 | GPO-1 | MIL-I-24768/4 (GPO-N-1) |
Polyesterharz-Laminat | UP GM 202 | GPO-2 | MIL-I-24768/5 (GPO-N-2) |
Polyesterharz-Laminat | UP GM 203 | GPO-3 | MIL-I-24768/6 (GPO-N-3) |
Polyesterharz-Laminat | GPO-1P | MIL-I-24768/31 (GPO-N-1P) | |
Polyesterharz-Laminat | GPO-2P | MIL-I-24768/32 (GPO-N-2P) | |
Polyesterharz-Laminat | GPO-3P | MIL-I-24768/33 (GPO-N-3P) | |
PTFE-Laminat | MIL-I-24768/7 (GTE) |
Typische Bauteile
Kurz- und langfaserverstärkte Bauteile
Kurzfaserverstärkte Bauteile finden vor allem Verwendung als Verkleidungen, oder werden wegen der guten Formbarkeit und großen Gestaltungsfreiheit hergestellt. Kurzfaserverstärkte Bauteile weisen meist ein quasiisotropes Verhalten auf, da die Kurzfasern zufällig verteilt vorliegen. Eine schwach ausgeprägte Orthotropie kann beim Spritzguss von kurzfaserverstärkten Thermoplasten entstehen. Die Fasern orientieren sich dabei entlang der Fließlinien. Die Beimischung von Kurzglasfasern zu Thermoplasten verbessert deren Steifigkeit, Festigkeit und insbesondere deren Verhalten bei hohen Temperaturen. Das Kriechen kurzfaserverstärkter Thermoplaste ist geringer als das des Grundmaterials.
Endlosfaserverstärkte Bauteile
Endlosfaserverstärkte Bauteile werden mit definierten Materialeigenschaften hergestellt. Immer häufiger finden sie Verwendung im Leichtbau.
- GFK aus Geweben oder Gelegen
- GFK aus Rovings oder unidirektionalen Geweben/Gelegen (hergestellt im Strangziehverfahren)
- Mischformen aus den oben genannten Arten
Anwendungen (Auswahl)
- Hüllen und Umwandungen
- Verkleidungen und Fassaden
- Profile und Bewehrungen
- Rohre
- Kleinformteile
- Blattfedern
- Rotorblätter für Windenergieanlagen
- Rümpfe von Booten und Yachten
- Rümpfe und Tragflächen von Segelflugzeugen oder Hochleistungs-Motorflugzeugen
- Fahrzeugteile (z. B. Motorhauben, Kotflügel)
- Bewehrung im Betonbau
- Spielplatzrutschen / Rutschbahnen
- Wurfarme für Armbrüste
- Kletterhilfen für die Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen
Probleme bei der Herstellung und Verarbeitung
In der Aushärtungsphase der Harze werden Styroldämpfe freigesetzt. Diese reizen die Schleimhäute und Atemwege. Deshalb schreibt die GefStoffV einen maximalen Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 86 mg/m³ vor. In bestimmten Konzentrationen kann sogar ein explosionsfähiges Gemisch entstehen. Bei der Weiterbearbeitung von GFK-Bauteilen (Schleifen, Schneiden, Sägen) entstehen Feinstäube und Späne mit glasigen Filamenten sowie klebrige Stäube in erheblichen Mengen. Diese beeinträchtigen die Gesundheit von Menschen und die Funktionalität der Maschinen und Anlagen. Damit Arbeitsschutzvorschriften eingehalten und die Wirtschaftlichkeit nachhaltig gewährleistet werden kann, ist die Installation von effektiven Absaug- und Filteranlagen nötig.[3]
Literatur
- Detlef Jens: Die klassischen Yachten. Bd. 2: Die Kunststoffrevolution. Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg, 2007, ISBN 978-3-7822-0945-8.
- Fachzeitschrift PLASTVERARBEITER, Ausgabe Mai 2011, Artikel Ohne Staub und ohne Styroldämpfe, Verlag Hüthig GmbH, Heidelberg
Recycling
Der Recycling-Code für glasfaserverstärkten Kunststoff ist 07.
Siehe auch
Weblinks
- Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
- AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e. V.
- Informationen über die Herstellung von GFK-Profilen
- Problemlösungen in der GFK-Fertigung
Einzelnachweise
- ↑ H. Schürmann: Konstruieren mit Faser-Kunststoff-Verbunden. Springer, 2005.
- ↑ AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e. V. (Hrsg.): Handbuch Faserverbund-Kunststoffe. Vieweg + Teubner, 2010.
- ↑ Türschmann/Jakschik/Rother: White Paper zum Thema "Reine Luft bei der Fertigung glasfaserverstärkter Kunststoffteile (GFK)", März 2011