Gefahrgutrecht

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Das Gefahrgutrecht umfasst weltweit alle internationalen und nationalen Regelungen des Verkehrsrechts für die gesamte Beförderung und transportbedingter Zwischenlagerung von Gefahrgut und bildet damit die Grundlage für nationale Gesetze, Verordnungen und zwischenstaatliche Abkommen.

UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods

Internationale Grundlage des Gefahrgutrechts sind die von den Vereinten Nationen herausgegeben Model Regulations der UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, die derzeit in der Revision 15 (2007) gültig sind.[1] Auf ihnen basieren die meisten internationalen Abkommen.

EU: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)

Die Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route, deutsch Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße regelt den Transport gefährlicher Güter im Straßenverkehr, und hat in der ganzen Europäischen Union und den assoziierten Staaten Gültigkeit.

EU/MED: Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr (RID)

Das Reglement concernant le transport international ferroviaire de marchandises Dangereuses, deutsch Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr bzw. Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (Schweiz), ist die Übereinkunft über Beförderung von Gefahrgut mit der Eisenbahn. Sie gilt europaweit und im angrenzenden asiatisch-afrikanischen Mittelmeerraum bis in den mittleren Osten. Erarbeitet wird es in der Organisation intergouvernementale pour les transports internationaux (OTIF)[2][3]. Es ist ein Anhang zur Convention relative aux transports internationaux ferroviaires (COTIF), deutsch Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9. Mai 1980 (Protokoll von Vilnius 1999), von dem auch einige andere Addendi relevant für den Gefahrguttransport sind.

Siehe auch: Rechtsvorschriften für den internationalen Eisenbahnverkehr

EU: Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN)

Die Accord européen relatif au transport international des marchandises dangereuses par voie de navigation intérieure, deutsch Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen[4] ist eine nach dem Orange Book des Committee of Experts on the Transport of Dangerous Goods (TDG) des Economic and Social Council (ECOSOC) der UN[5] aufgelegte Verordnung zum Transport von gefährlichen Gütern auf Binnenschifffahrtsstraßen.

Gültigkeitsbereich ebenfalls EU und Assoziierte, ratifiziert vorerst (2011) von Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Moldawien, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Schweiz, Serbien, Slowakei, Ukraine und Ungarn. Unterzeichnet in Genf am 26. Mai 2000, in Kraft getreten am 29. Februar 2008. Die dem Übereinkommen beigefügte Verordnung ist am 28. Februar 2009 in Kraft getreten. Verwahrer: Generalsekretär der Vereinten Nationen.[6] [7] [8]

DE/FR/BENELUX: Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein (ADNR)

Das Accord européen relatif au transport international des marchandises dangereuses par voie de navigation intérieure Rhin, deutsch Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein ist eine Unterart des ADN und gilt nur für den Rhein.

Die Bestimmungen des ADNR werden durch die Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein vom 12. Juli 2003 in deutsches Recht transformiert. Gemäß GGVBinSch finden die Bestimmungen des ADNR mittlerweile auch für alle anderen schiffbaren deutschen Binnengewässer außer der Donau Anwendung.

CEU: Bestimmungen für die Beförderung von gefährlichen Gütern auf der Donau (ADN-D)

Für die Donau gelten die entsprechenden Règles relatives au transport de marchandises dangereuses sur le Danube (ADN-D), deutsch Bestimmungen für die Beförderung von gefährlichen Gütern auf der Donau.[9]. Gültig sind die Bestimmungen in allen Donauländern.

Weltweit: Dangerous Goods Regulations/Technical Instructions – Packing Instructions (IATA/ICAO–PAX) im Luftverkehr

Die Packing Instructions (PAX, Verpackungsrichtlinien)[10] der Dangerous Goods Regulations (IATA DGR) bzw. der Technical Instructions (ICAO TI)[11] geben die Bedingungen für die Verpackung an, sowie die erlaubten Mengen von Gefahrgut im Passagierflugzeug. Diese Richtlinie hat Gültigkeit im Einzugsgebiet der IATA und der ICAO. Die Stoffkennzeichnung erfolgt mit den PAX-Nummern.

Weltweit: Maritime Safety Conventions (IMO–IMDG/ISM/IBC) im Seeverkehr

Die internationalen, je nach nationaler Übernahme mehr oder minderer anerkannt verbindlichen Sicherheitsvorschriften für den Transport von gefährlicher Seefracht[12] in der Seeschifffahrt werden durch die International Maritime Organisation (IMO) in ihren Arbeitsgruppen Maritime Safety Committee (MSC)[13], Marine Environment Protection Committee (MEPC)[14] und Legal Committee (LEG)[15] erarbeitet. Zentrale Richtlinie ist die International Convention for the Safety of Life at Sea (SOLAS), die Kennzeichnung und Verpackung bei Staplung, Lagerung und Handling an Bord und im Hafen über den International Maritime Dangerous Goods Code (IMDG) (der weitgehend konform zum ADR/RID ist), der International Management Code for the Safe Operation of Ships and for Pollution Prevention (ISM)[16][17] für allgemeine Sicherheitsrichtlinien des Seeschiffverkehrs, sowie die Codes:

Die o.g. Codes regeln Konstruktionen und Anforderungen an Schiffe des Gefahrguttransports. Sie sind Bestandteil der SOLAS-Konvention.

Zusammengefasst ist das System im Global Integrated Shipping Information System (GISIS).

Branchenspezifische Regelungen

Chemikalien, insb. Pestizide

  • Rotterdam Convention on the Prior Informed Consent Procedure for Certain Hazardous Chemicals and Pesticides in International Trade (Rotterdamer Übereinkommen, PIC-Konvention), Rotterdam 1998
  • International Code of Conduct on the distribution and use of Pesticides der UN FAO, Rom 1985[19]
  • Stockholm Convention on Persistent Organic Pollutants (Stockholmer Konvention, POP-Konvention) Stockholm, 2001
    siehe auch: Gefahrstoffrecht, Chemikaliensicherheit

Abfallwirtschaft:

  • Basel Convention on the Control of Transboundary Movements of Hazardous Wastes and Their Disposal (Basler Übereinkommen zur Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung), Basel 1989 – umgesetzt in der EU-Abfallverbringungsverordnung
  • Convention on the ban of the Import into Africa and the Control of Transboundary Movements and Management of Hazardous Wastes within Africa, Bamako 1991

Radioaktive Materialien:

  • UN Regulations for the Safe Transport of Radioactive Material der IAEA[20]

Weitere:

  • Convention to Ban the Importation into Forum Island Countries of Hazardous and Radioactive Wastes and to Control the Transboundary Movement and Management of Hazardous Wastes within the South Pacific Region (Waigani Convention des Pacific Islands Forum), Waigani 1995

Internationale Übereinkommen über die Haftung bei Gefahrgutunfällen

  • Basel Protocol on Liability and Compensation for Damage Resulting from Transboundary Movements of Hazardous Wastes and Their Disposal (Basler Haftungskonvention zum Basler Übereinkommen), Basel 1989
  • Convention on Civil Liability for Damage Caused during Carriage of Dangerous Goods by Road, Rail, and Inland Navigation Vessels (CRTD), Genf, 1989[21]
  • Convention on the Transboundary Effects of Industrial Accidents, Helsinki, 1992
  • Internationales Übereinkommen über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf See (HNS-Übereinkommen, International Convention on Liability and Compensation for Damage in Connection with the Carriage of Hazardous and Noxious Substances by Sea), 1996 – von der EU ratifiziert Beschluss 2002/971/EG[22]

sowie für Europa allgemein das Brüsseler Übereinkommen/Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ/LGVÜ) 1975, erstere ersetzt durch die folgende Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO)

Nationale Umsetzung

All diese "überstaatlichen" Vorschriften werden in den einzelnen Vertragsländern jeweils durch nationale Gesetzgebung in das nationale Recht übernommen. Daneben gibt es auch autochthone einzelstaatliche Lösungen, insbesondere in den USA.

Deutschland

In Deutschland sind dies im Wesentlichen das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG), die Gefahrgutverordnung Straße/Eisenbahn/Binnenschiff (GGVSEB), die Gefahrgutverordnung Seeschiff (GGVSee) sowie das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) und die Nachrichten für Luftfahrer (NfL).

Österreich

In Österreich gilt das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG), die Gefahrgutbeförderungsverordnung (GGBV), für Gefahrguttransporte allgemein die Straßenverkehrsordnung (StVO), das Eisenbahngesetz (EisbG) sowie Regelungen des Luftfahrtgesetzes (LFG) und des Binnenschifffahrtsrechts sowie insbesondere das Containersicherheitsgesetz (CSG).[23]

Italien

In Italien gibt es kein organisches Gesetz, die Bestimmungen werden aber mit verschiedenen Dekreten und Verordnungen geregelt, die als Art Anhang C des ADR/RID veröffentlicht werden.

Kanada: Federal Workplace Hazardous Materials Information System Legislation (WHMIS)

Unter Federal WHMIS Legislation[24] fasst man die Rechtssetzung Kanadas zusammen, die auf dem Workplace Hazardous Materials Information System (WHMIS) basiert. Das System ähnelt den europäischen Gefahrstoff-Kennzeichnungen.

USA: Code of Federal Regulations (NFPA 704)

In den USA finden sich hauptsächlich der Code of Federal Regulations[25] ist das US-amerikanische Gefahrgutrecht. Der Gefahrendiamant nach NFPA 704 Hazard Identification System entspricht der im ADR verwendeten Bezettelung.

Daneben verwendet das Verkehrsministerium auch einen an die UN-Klassifikation angelehnte Gefahrgut-Regelung.

Siehe auch

Literatur

  •  Generaldirektion Energie und Verkehr (federführend), Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen. Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland. Zusammenfassung der Folgenabschätzung. 22. Dezember 2006 (SEK(2006) 1726, in Bezug auf KOM(2006) 852 endgültig SEC(2006) 1725, pdf, uni-mannheim.de, abgerufen am 13. September 2008).
  • Hartenstein/ Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 1. Aufl., Köln 2010, Verlag Luchterhand, ISBN 978-3-472-06196-0, Kap.18: Gefahrguttransportrecht
  • Himmelreich, Klaus / Hahn, Wolfgang, Handbuch des Fachanwalts für Verkehrsrecht, 3.Aufl., Köln 2010, Verlag Luchterhand, ISBN 978-3-472-07593-6, Kap.38: Gefahrgutrecht, S.2103 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods. Model Regulations. United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) Transport Division, abgerufen am 10. April 2009 (engl.).
  2. otif.org
  3. Beitritt zur Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF), SCADplus, europa.eu
  4. Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen (ADN)Vorlage:§§/Wartung/alt-URL, untreaty.un.org
  5. Transport Division – Dangerous Goods, The UN Economic Commission for Europe and the Transport of Dangerous Goods
  6. Zentralkommission für die Rheinschifffahrt - Stand: 02/2011 (PDF)
  7.  Roderich Regler, Kurt Eder: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (196 der Beilagen): Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen (ADN) samtVerordnung und Erklärung. Wien 30. Juni 2004 (577 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP, pdf, abgerufen am 13. September 2008).
  8.  Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (Hrsg.): Gemeinsame Expertentagung für die dem Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstrassen beigefügte Verordnung (ADN) (Sicherheitsausschuss). 25. Februar 2008, Vorläufige Tagesordnung der dreizehnten Sitzung (CCNR-ZKR/ADN/WP.15/AC.2/27 und 27/Add.1, doc, abgerufen am 13. September 2008).
  9. Bestimmungen für die Beförderung von gefährlichen Gütern auf der DonauVorlage:§§/Wartung/alt-URL, danubecom-intern.org (pdf, Zugriff: 13. September 2008)
  10. Chemikalien-Sicherheits-Datenbank Hinweise: Kennnummern IATA/CAO, PAX, In: Chemikalien: Sicherheitsdaten (Stand: 1994!), Institut für Chemie und Biochemie, Freie Universität Berlin
  11. Technical Instructions for the Safe Transport of Dangerous Goods by Air Corrigenda/Addenda/Guidance. ICAO, abgerufen am 10. April 2009 (en, fr, es, ru, zh, Doc 9284).
  12. Maritime Safety, International Maritime Organisation, imo.org
  13. MSC, imo.org
  14. MEPC, imo.org
  15. Legal, imo.org
  16. Safety management, imo.org
  17. ISM Info – Primary source documents, ismcode.net
  18. International Code for the Construction and Equipment of Ships carrying Dangerous Chemicals in Bulk (IBC), imo.org
  19. International Code of Conduct on the Distribution and Use of Pesticides
  20. UN Regulations for the Safe Transport of Radioactive Material 2005 Edition, iaea.org
  21. Convention on Civil Liability for Damage Cause during Carriage of Dangerous Goods by Road, Rail and Inland Navigation Vessels (CRTD), UNECE
  22. 2002/971/EG: Beschluss des Rates vom 18. November 2002 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, im Interesse der Gemeinschaft das Internationale Übereinkommen über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf See von 1996 (HNS-Übereinkommen) zu ratifizieren oder diesem beizutreten, EUR-Lex
  23. Übersicht: Verkehr – Homepage des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
  24. WHMIS: A Guide to the Legislation, Ministry of Labour, Ontario
  25. siehe Code of Federal Regulations – englische Wikipedia


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