Elektroosmotischer Fluss
Der elektroosmotische Fluss (EOF) ist eine durch Ladungen induzierte Bewegung von Flüssigkeiten entlang einer Phasengrenze in einem elektrischen Feld. Eine zentrale Rolle spielt der EOF in der Kapillarelektrophorese.
Der EOF ist eng verbunden mit der Elektrophorese. Er tritt als Folge eines Grenzflächenphänomens zwischen Kapillarwand und der Elektrolytlösung bei Anlegen eines elektrischen Feldes auf. Bei bestimmten Materialien wie z. B. Glas, amorphem Quarz, Teflon, Papier, Agarose- oder Kieselgel, aus dem elektrophoretische Trägerplatten und Kapillaren bestehen, treten Oberflächenladungen auf, die mit einer darüber stehenden Elektrolytlösung zur Ausbildung einer Doppelschicht führen. Während die Ladungen der Feststoffseite ortsgebunden bleiben, folgen die beweglichen Ladungen in der Elektrolytlösung dem Feld und setzen damit die Flüssigkeit entlang der Grenzfläche in Bewegung.
Die treibende Kraft entsteht dabei also direkt an der Kapillarwand, so dass die entstehende Flüssigkeitsbewegung über den ganzen Querschnitt der Kapillare gleichförmig ist. Dagegen würde eine durch die Kapillare gepumpte Flüssigkeit an der Wand auf nahezu Nullgeschwindigkeit gebremst und hätte ihre maximale Geschwindigkeit in der Mitte des Lumens. Dies ist ein entscheidender Vorteil für die Trennschärfe der Elektrophorese.
Die für die Kapillarelektrophorese meist verwendeten Kapillaren aus amorphem Quarz zeigen eine Dissoziation von Silanolgruppen (SiOH → SiO-), die zu einer negativen Ladung auf den inneren Kapillarwänden führen. Die resultierende negative Oberflächenladung bildet zusammen mit positiven geladen Ionen der Elektrolytlösung eine Stern-Doppelschicht aus. Die positiven Ladungen im Elektrolyten werden von der Kathode angezogen und bewegen den Kapillarinhalt deshalb dorthin.
Zur Trennung von Anionen ist es aber notwendig, einen EOF zur Anode hin zu erzeugen. Mithilfe von kationischen Tensiden (sog. EOF-Modifikatoren) in der Elektrolytlösung ist es möglich, eine Zwischenschicht über der Kapillarwand aufzubauen, die zum Lumen hin positive Ladungen trägt. Sie induziert dann eine negative Grenzschicht im Elektrolyten, welche diesen zur Anode hin fließen lässt. Besonders bewährt hat sich als EOF-Modifikator CTAB (Cetyltrimethylammoniumbromid) und besser noch Tetradecyltrimethylammoniumbromid.
Beschrieben wird der elektroosmotische Fluss durch folgende Gleichung:
veo = µeo · E
veo = elektroosmotischer Fluss (EOF); µeo = elektroosmotische Mobilität; E = elektrische Feldstärke;
Da die Oberflächenladung an der Kapillarinnenwand stark pH-abhängig ist, ändert sich der elektroosmotische Fluss mit dem pH-Wert des Elektrolyten. Bei niedrigem pH-Wert wird er kleiner, bei hohem größer. Die Stärke des EOF ist auch abhängig von der Temperatur und der Elektrolytkonzentration. Steigt die Elektrolytkonzentration, sinkt der EOF bzw. umgekehrt. Auch durch den Zusatz von organischen Lösungsmitteln wie Methanol nimmt der EOF ab.