Tyrosinkinasen

Tyrosinkinasen

Tyrosinkinasen sind eine Gruppe von Proteinen aus der Familie der Proteinkinasen, deren Aufgabe die reversible Übertragung einer Phosphatgruppe (Phosphorylierung) auf die Hydroxygruppe der Aminosäure Tyrosin eines anderen Proteins ist. Dadurch wird die Aktivität des Zielproteins beträchtlich beeinflusst, weshalb Tyrosinkinasen auch als Teil von Rezeptorsystemen einen wichtigen Beitrag zur Signalübertragung leisten.

Untergliederung der Tyrosinkinasen

  1. Membrangebundene Tyrosinkinasen (EC 2.7.10.1). Beispiele: c-kit, EGF-Rezeptor, Insulinrezeptor, HER2/neu.
    1. Rezeptoren mit intrinsischer Tyrosinkinaseaktivität (Kinase ist Teil des Rezeptors).
    2. Rezeptoren mit assoziierter Tyrosinkinaseaktivität (Kinase bindet an Rezeptor).
  2. Nicht membrangebundene Tyrosinkinasen (EC 2.7.10.2). Beispiele: c-Abl, c-Src, Januskinasen

Funktionsweise eines Tyrosinkinaserezeptors mit intrinsischer Aktivität

Bindet ein passender Ligand an den Rezeptor so ändert sich dessen Konformation (räumliche Struktur). Die Bildung von Homodimeren (zwei gleichen zusammengelagerten Rezeptoren) oder Heterodimeren (zwei unterschiedliche Rezeptoren lagern sich zusammen) wird induziert. Hierdurch werden die Tyrosinkinasen, die am cytosolischen Teil des Rezeptors sitzen, aktiviert und hängen spezifisch Phosphatreste an bestimmte Tyrosinreste des Rezeptors. Dies führt dazu, dass an diesen phosphorylierten Resten Proteine mit SH2-Domänen binden können, deren Rekrutierung zur Aktivierung intrazellulärer Signalwege führt. Die so rekrutierten Proteine besitzen entweder selber enzymatische Aktivität (Phospholipase C-γ, PI3-Kinase) und können so z. B. andere Proteine phosphorylieren oder stellen Vermittler dar, deren Strukturänderung von anderen Molekülen erkannt wird (Ras). Dies führt zu einer Weiterleitungskaskade und zur Verstärkung des Signals, da ein aktiviertes Protein wiederum mehrere Proteine der nächsten Stufe des Signalwegs aktiviert usw.

Kurzform:

  1. Ligandenbindung
  2. Dimerisierung (Homo oder Hetero)
  3. Autophosphorylierung
  4. Phosphorylierte Tyrosine werden durch Proteine mit SH2-Domänen erkannt
  5. Signalweiterleitung durch Phosphorylierungskaskaden

Funktionsweise eines Rezeptors mit assoziierter Tyrosinkinase

Bindet ein passender Ligand an den Rezeptor so ändert sich dessen Konformation (räumliche Struktur). Die Bildung von Homodimeren (zwei gleichen zusammengelagerten Rezeptoren) oder Heterodimeren (zwei unterschiedliche Rezeptoren lagern sich zusammen) wird induziert. Hierdurch werden die Januskinasen einander genähert und phosphorylieren sich daraufhin gegenseitig (Autophosphorylierung). Im nun vorliegenden aktivierten Zustand phosphorylieren diese Proteine Tyrosylreste des Rezeptors, an dem sich nun spezifische Transkriptionsfaktoren (z.B. STAT) mit SH2-Domänen anlagern können. Diese Faktoren werden durch die Januskinasen phosphoryliert und dimerisieren und zeigen dadurch eine höhere DNA-Affinität.

Kurzform:

  1. Ligandenbindung
  2. Dimerisierung
  3. Annäherung und Autophosphorylierung der Januskinase
  4. Phosphorylierung des Rezeptors
  5. Binden von spezifischen Transkriptionsfaktoren über SH2-Domäne
  6. Phosphorylierung und Dimerisierung der Transkriptionsfaktoren

Medizinischer Ausblick

Die Addition eines Phosphatrestes kann ein Protein aktivieren oder inaktivieren. Tyrosinkinasen bilden auch den intrazellulären Teil des Tyrosinkinaserezeptorsystems (Insulin-Rezeptor, EGF-Rezeptor, NGF-Rezeptor, PDGF-Rezeptor), über das bevorzugt Signale von Wachstumsfaktoren einlaufen. Das macht sie zu einem begehrten Ziel der Forschung nach neuen Krebsmedikamenten. Zellrezeptorgebundene Tyrosinkinasen sind wichtig für die embryonale Entwicklung und die Regeneration und Instandhaltung von Geweben. Störungen ihrer Funktion sind mitverursachend für Erkrankungen der Retina bei Diabetes mellitus, Arteriosklerose und vor allem spielen sie bei der Entstehung von Krebs eine Rolle (also an der Induzierung einer bösartigen, in ihrem Wachstum nicht mehr vollständig kontrollierbaren, Zellveränderung). Tyrosinkinasen werden durch die Anwesenheit verschiedener Wachstumsfaktoren aktiviert. Eine mutierte zellrezeptorgebundene Tyrosinkinase kann die Anwesenheit von Wachstumsfaktoren simulieren und so als Kofaktor auf die Zellproliferation und schließlich auf eine bösartige Zelltransformation hinwirken. Tyrosinkinase-Inhibitoren sind eine Klasse neuartiger Medikamente. Zum Beispiel können mit der Hemmung der Tyrosinkinase in der Signaltransduktion der Schritt von extra- nach intrazellulär gehemmt werden und so bestehende Therapieoptionen bei einzelnen Krebserkrankungen sinnvoll erweitern. Dies gilt vor allem für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML), fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) oder gastrointestinalen Stromatumoren (GIST).

Literatur