THORP

THORP

THORP ist die Kurzbezeichnung für Thermal Oxide Reprocessing Plant und bezeichnet die neuere der beiden in Sellafield, Großbritannien befindlichen Wiederaufarbeitungsanlagen für nukleare Brennelemente. Der Name drückt aus, dass dort oxidische Brennelemente aus thermischen Reaktoren, das heißt aus Leichtwasserreaktoren, aufgearbeitet werden.

Verfahren

Die Anlage wurde für eine Kapazität von bis zu 1200 Tonnen Uran pro Jahr (abbrandabhängig) ausgelegt; dieser Durchsatz wurde aber bisher noch in keinem Jahr erreicht. Bis März 2005 wurden insgesamt etwa 5670 t verarbeitet.

Die Wiederaufarbeitung erfolgt nach dem PUREX-Verfahren mit folgenden Einzelschritten:

  • Brennelementempfang und -lagerung
  • Brennelementzerlegung und -auflösung in Salpetersäure
  • Abtrennung der Spaltprodukte von den wiederverwendbaren Stoffen Uran / Plutonium
  • Trennung von Uran und Plutonium
  • Endreinigung von Uran und Plutonium und Konversion zu UO3 oder PuO2
  • Abfallbehandlung und -lagerung

Die flüssigen hochradioaktiven Abfälle werden in der Anlage WVP (Windscale Vitrification Plant) verglast.

In der Sellafield MOX Plant (SMP), einem anderen Gebäudekomplex in Sellafield, wurde das aufgearbeitete Plutoniumoxid zu frischen MOX-Brennelementen für Leichtwasserreaktoren verarbeitet. Die SMP wurde 2011, einige Monate nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima, geschlossen.[1]

Geschichte

Die erste Anlage zur Wiederaufarbeitung in Sellafield hatte eine rein militärische Zielsetzung: Seit den 1950er Jahren wurde das in den beiden Windscale-Reaktoren erzeugte Waffen-Plutonium dort im Nachgang für den Einsatz in Kernwaffen zur weiteren Verarbeitung separiert. 1964 dann wurde die Anlage B205 für Brennelemente der britischen Magnox-Reaktoren und später AGR-Reaktoren in Betrieb genommen. 1969 bis 1973 stand zudem eine weitere Anlage in Betrieb, die für in Großbritannien (noch) nicht in Betrieb stehende Leichtwasserreaktoren im Ausland gedacht war. Das Projekt scheiterte allerdings 1973 an einem schwereren Unfall.

Der Bau der THORP-Anlage begann im Jahr 1983 und wurde im Januar 1992 abgeschlossen. Im Gegensatz zur älteren Anlage B205, die für die nicht lange lagerfähigen Brennelemente britischer Reaktoren vorgesehen war, wurde THORP aus rein kommerziellen Überlegungen heraus für britische und ausländische Kunden gebaut.

Ende 1994 aber kündigten die beiden deutschen Energiekonzerne RWE und Bayernwerk bereits abgeschlossene Verträge über die Wiederaufarbeitung ihrer Brennelemente in Thorp. Der Abnahmevertrag mit der französischen Anlage in La Hague wurde nicht verlängert. Sie begründeten beide Schritte mit Kostennachteilen ("Uran ist auf dem Weltmarkt billig zu haben, die Wiederaufarbeitung ist sehr teuer"). In Thorp entfielen durch diese Kündigung Aufarbeitungsaufträge über insgesamt 550 Tonnen, rund 20 Prozent der Thorp-Aufträge für die Jahre 2004 bis 2014. Die Thorp-Manager hatten ursprünglich kalkuliert, vom Jahr 2004 an Gewinn machen zu können.[2]

Die rot-grüne Koalition (1998−2005) war grundsätzlich gegen die Wiederaufarbeitung ("Plutoniumwirtschaft"); sie drängte die Atomkonzerne zu einem Verzicht darauf.[3]

Deutschland liefert seit einer politischen Entscheidung − Atomkonsens vom Sommer 2000, umgesetzt 2002 in einer Atomgesetz-Novelle − seit Mitte 2005 keine abgebrannten Brennelemente mehr zur Wiederaufarbeitung und nimmt sämtliche Abfälle zurück. Die MOX-Brennelemente, die von einzelnen AKW-Betreibern weiterhin bezogen werden stammen noch aus Verträgen, die vor diesem Entscheid abgeschlossen wurden.

Die MOX-Brennelementefabrik (die aber nicht zu THORP gehört) wurde 2011, einige Monate nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima, geschlossen.[1]

Am 19. April 2005 wurde auf dem THORP-Betriebsgelände bemerkt, dass im Lauf mehrerer Monate etwa 90.000 Liter plutonium-haltige Flüssigkeit ausgelaufen war. Bedienungspersonal hatte erstmals im August 2004 bemerkt, dass mehr Flüssigkeit in die Anlage hineinging als wieder herauskam; das Leck blieb aber bis 2005 unentdeckt. Es gelangte angeblich keine Radioaktivität in die Umwelt; der Unfall wurde mit INES 3 eingestuft. Im Januar 2007 erhielt Thorp die Genehmigung, wieder in Betrieb zu gehen. [4]

Es besteht der Verdacht, dass die Anlage für gehäufte Leukämie-Erkrankungen, vor allem im benachbarten Ort Seascale, verantwortlich ist.

Einzelnachweise

Literatur

Ch. Küppers/M. Sailer: MOX-Wirtschaft oder die zivile Plutoniumnutzung, eine IPPNW-Publikation