Stellarator

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Ein Stellarator ist eine torusförmige Anlage zum magnetischen Einschluss eines heißen Plasmas, perspektivisch mit dem Ziel der Energiegewinnung durch Kernfusion (siehe hierzu Kernfusionsreaktor). Der Name dieses Fusionskonzeptes soll an die Kernfusion als Energiequelle der Sterne (lateinisch stella ‚Stern‘) erinnern.

Kennzeichnend für den Stellarator ist, dass das zum Einschließen des Plasmas benötigte Magnetfeld vollständig durch stromdurchflossene Spulen außerhalb des Plasmas erzeugt wird. Beim dazu komplementären Konzept des Tokamaks wird dagegen die zum Einschluß des Plasmas nötige (helikale=schraubenförmige) Verdrillung des Magnetfeldes durch einen Strom erzeugt, der im Plasma selbst fließt. Der Stellarator erfordert somit den Bau eines komplexeren Spulensystems, gewinnt damit aber gegenüber dem Tokamakkonzept zwei wesentliche Vorteile:

  • Da kein toroidaler Strom im Plasma induziert werden muss, kann er im Dauerstrich-Betrieb arbeiten.
  • Da im Plasma kein Gesamtstrom fließt, wird eine bestimmte Klasse von Instabilitäten des Plasmas, die sogenannten Disruptionen, vermieden.
Fusionsexperiment „Wendelstein-IIa“. Die Tokamak-artigen toroidalen Spulen sind gut zu erkennen, die helikal verschraubten Spulen dieses klassischen Stellarators sind dahinter weitgehend verborgen.

Geschichte

Das Konzept des Stellarators wurde 1951 im Rahmen des Projekts Matterhorn von Lyman Spitzer entwickelt, der zunächst eine Konfiguration vorschlug, bei der ein Torus zur Form der Ziffer 8 gebogen wurde.[1] Die ersten Exemplare wurden 1951 im Princeton-Labor für Plasmaphysik gebaut.[2]

Stellaratoren erzeugen komplexe, dreidimensional geformte Magnetfelder. Die daher geringere Symmetrie gegenüber dem rotations-symmetrischen Tokamak erschwert den Einschluß des heißen Plasmas. Deswegen waren die Stellaratoren der ersten Generation weniger erfolgreich als Tokamaks, auf die sich die weitere Forschung konzentrierte. Ein besseres Verständnis der Eigenschaften von Stellaratoren und das flexiblere Konzept der modularen Spulen (s. u.) führte jedoch zu optimierten Konzepten (s. u.), durch die diese ursprünglichen Nachteile überwunden werden können. Daher und wegen des Vorteils, im Dauerbetrieb arbeiten zu können, stellt der Stellarator derzeit zur Gewinnung von Fusionsenergie eine gleichberechtigte Option zum Tokamak dar.

Theorie

Die zum Einschluss des Plasmas notwendige Verdrillung (Rotationstransformation) des Magnetfeldes wird beim Stellarator allein durch die Spulen erreicht. Ein Transformator zum Erzeugen eines elektrischen Stroms im Plasma ist daher im Unterschied zum Tokamak nicht nötig.

Man kann theoretisch zeigen, dass ein Stellarator nicht, wie z. B. der Tokamak, rotationssymmetrisch sein kann – d. h. bei einer beliebigen Drehung in toroidaler Richtung in sich selbst übergeht – sondern ein Gebilde ohne kontinuierliche Symmetrie sein muss. Der Stellarator besteht aus mehreren identischen Abschnitten, den Feldperioden, z. B. fünf für Wendelstein 7-X, zehn bei LHD, und besitzt eine diskrete Symmetrie: nur bei Rotation um den Winkel $ 2\pi /P $ in toroidaler Richtung – wobei $ P $ die Anzahl der Feldperioden ist – geht die Konfiguration in sich selbst über. Als zweite Symmetrie kann noch die sogenannte Stellaratorsymmetrie vorliegen: Bei dieser geht eine Feldperiode in sich über, wenn sie um eine spezielle Achse um $ \pi $ gedreht wird.

Das Fehlen der Rotationssymmetrie führt zu spezifischen Effekten: So kann es anders als beim Tokamak vorkommen, dass die magnetischen Feldlinien nicht mehr überall auf ineinander verschachtelten Flächen verlaufen, sondern sich stellenweise chaotisch verhalten. Da sich dies negativ auf den Einschluss des Plasmas auswirkt, müssen diese Gebiete (ergodische Bereiche und magnetische Inseln) möglichst klein sein.

Klassifizierung

Je nach Aufbau unterscheidet man mehrere Typen von Stellaratoren:

Klassischer Stellarator

Elementspule von „Wendelstein 7-AS“

Das Spulensystem besteht aus $ 2l $ (mit einer natürlichen Zahl $ l $) geschlossenen helixförmigen Leitern, in denen der Strom in jeweils benachbarten Leitern in entgegengesetzte Richtung fließt. Dieses Spulensystem ist umgeben von weiteren Spulen, die ein toroidales Magnetfeld erzeugen. Dieser Stellaratortyp besitzt somit zwei ineinander verschränkte Spulensysteme (Beispiel: Wendelstein 7-A).

Heliotron, Torsatron

Hier fließt der Strom in $ l $ geschlossenen helixförmigen Leitern immer in die gleiche Richtung. Man benötigt somit kein toroidales Spulensystem, dafür aber Vertikalfeldspulen zur Kompensation des durch die helikalen Spulen erzeugten vertikalen Feldes. Im Gegensatz zum klassischen Stellarator sind die beiden Spulensysteme nicht ineinander verschränkt (Beispiel: LHD).

Heliac

Diese Konfiguration besteht aus einem System toroidaler Feldspulen, deren Mittelpunkt einer helikalen Linie folgt, entlang der ein weiterer Leiter liegt. Vertikalfeldspulen werden zum Kompensieren des vertikalen Feldes benötigt (Beispiel: TJ-II).

Optimierter Stellarator

Mit seiner besonderen, komplizierten Geometrie bietet der Stellarator Möglichkeiten, die Form mittels numerischer Computerberechnungen (Optimierungsalgorithmen) so zu verändern, dass bestimmte Forderungen an das physikalische Verhalten, z. B. Stabilität des Plasmas gegenüber kleinen Störungen, guter Einschluss von Teilchen usw., möglichst gut erfüllt werden. Dies führt zu den sogenannten optimierten Stellaratoren. Es wird zuerst die Form des Plasmas berechnet und dann in einem zweiten Schritt das (modulare) Spulensystem, welches das dazu nötige Magnetfeld erzeugt. Beispiele für optimierte Stellaratoren sind Wendelstein 7-X und NCSX.

Eine neuere Entwicklung stellen Mischformen zwischen Tokamak und Stellarator dar. Sie haben wie der Stellarator eine diskrete axiale Symmetrie und wie der Tokamak einen toroidalen Strom.

Modulares Spulensystem

Ein großes Maß an Gestaltungsfreiheit für das Spulensystem, und damit für das Magnetfeld, gewinnt man durch die Verwendung von modularen Spulen, d. h. Spulen, die poloidal geschlossen, aber nicht eben sind. Mittels dieses Konzeptes können nahezu beliebige Stromverteilungen auf einer vorgegebenen Fläche erzeugt werden. Modulare Spulensysteme sind besonders wichtig für optimierte Stellaratoren. Auch im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Konstruierbarkeit sind modulare Spulensysteme häufig einem nichtmodularen Spulensystem überlegen.

Stellaratorexperimente

Einzelnachweise

  1. Project Matterhorn Publications and Reports, 1951-1958 Princeton University Library Digital Collections, abgerufen am 25. Oktober 2010
  2. PPPL HISTORY - 1950s Princeton Plasma Physics Laboratory, abgerufen am 25. Oktober 2010

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