Silikonöle

Silikonöle

Die sich wiederholende Einheit des Siloxan-Polymers

Silikonöle (eigentlich Diorganopolysiloxane; polymerisierte Siloxane mit organischen Seitenketten) stammen aus der Gruppe der Silikone und sind synthetische siliciumbasierte Öle, welche, im Gegensatz zu Mineralölen oder Pflanzenölen, keine organischen, also kohlenstoffbasierten, sondern siloxanbasierte Ketten-Moleküle als Grundstruktur besitzen. Diese zeichnet sich durch die periodisch alternierende Anordnung von Silicium- und Sauerstoffatomen mit der allgemeinen Summenformel [R1R2SiO]n[1] aus. An den freien Außenelektronen des Siliciums hängen Reste R, welche zumeist organische Reste sind, aber auch Halogene sein können. Also haben Silikonöle sowohl einen organischen wie auch einen anorganischen Anteil.

Eigenschaften

Silikonöle sind klare, farblose, ungiftige, neutrale, geruchslose, chemisch inerte, in einem weiten Spektrum temperaturstabile, hydrophobe Flüssigkeiten mit einer Molekülmasse von (162 bis 150.000) g/mol, einer Dichte von 0,76 bis 1,07 g/cm3 und Viskositäten von 0,6 bis 1.000.000 mPa·s. Des Weiteren sind sie hervorragende elektrische Isolatoren[2] Silikonflüssigkeiten weisen eine niedrige Oberflächenspannung von 21,5 mN/m (bei 25 °C) oder weniger auf. Sie sind auch an der Luft dauerwärmebeständig bis ca. 180 °C. Ihr Stockpunkt liegt je nach Viskosität bei (−80 bis −40) °C. Silikonflüssigkeiten weisen zwischen −60 °C und bis 200 °C Schmiereigenschaften auf. Die Schmierfähigkeit ist geringer als die von Mineralölen und anderen Schmierstoffen. Sie neigen nicht zum Verharzen. Silikonflüssigkeiten sind löslich in Benzol, Toluol, aliphatischen und chlorierten Kohlenwasserstoffen. Sie sind wenig beständig gegen starke anorganische Säuren und Basen. Wie alle Silikone sind sie sehr gut gasdurchlässig.[3][1]

Der Vertreter mit dem einfachsten Aufbau ist Polydimethylsiloxan, welcher unverzweigt ist und an jedem Rest R eine Methylgruppe hat.

Industrielle und technische Verwendung

Es gibt sehr viele Verwendungsmöglichkeiten von Silikonölen. Einige der wichtigsten sind:

  • In der Kältetechnik bei der Gefriertrocknung werden Silikonöle aufgrund ihrer hervorragenden Wärmeleitfähigkeit als Kälteträger verwendet[4], sowie wegen ihrer Nichtbrennbarkeit in Wärmebädern von Laboratorien, sogenannten Ölbädern, als Wärmeträger eingesetzt.[5]
  • Aufgrund ihrer niedrigen Oberflächenspannung haben einige Silikonöle eine schaumhemmende Wirkung und kommen entsprechend typischerweise in industriellen Anlagen, wie Fermentern oder Destillationsanlagen zum Einsatz, wo Schaumbildung kritische Folgen haben kann.[6]
  • Silikonöl ist auch ein hervorragendes Treibmittel in Öldiffusionspumpen.
  • Silikonflüssigkeiten spielen eine wichtige Rolle als elektrische Isolierstoffe (Dielektrika),[7] (z. B. in Transformatoren).
  • Spezielle Knetmassen, wie Hüpfender Kitt (Silly Putty), bestehen zur Hälfte aus Silikonöl, während die andere Hälfte aus Borsäure besteht.
  • Im Fahrzeugbau werden Silikonflüssigkeiten höherer Viskosität als Fluide zur Drehmomentübertragung mit automatischem Drehzahlausgleich in Visco-Kupplungen als Achs- oder/und (in Verbindung mit einem) Zentraldifferential eingesetzt.

Außerdem können Silikonöle als Hydraulikflüssigkeit, als Formtrennmittel[8], als Inhaltsstoff für spezielle Druckfarben[9], zum Hydrophobieren von Glas (z. B. in der Pharmazie), Keramik, Textilien, Leder usw.[10], Putz- und Poliermittelzusatz für Autolacke, Metalle, Leder und Möbel[11] , zur Verhütung des Ausschwimmens von Pigmenten in pigmentierten Lacken, als Manometerflüssigkeit, Sammler bei Flotationsprozessen, Dämpfungsmittel[12] verwendet werden.

Medizinische und kosmetische Anwendungen

Aufgrund der Eigenschaften des Silikonöls, werden auch medizinische Produkte und Kosmetika aus Silikonölen hergestellt. Der Einsatzbereich ist dabei sehr breit gefächert.

  • Silikonöle werden häufig als Gleitmittel verwendet. Beispielsweise finden sich auf dem Großteil der sich im Handel befindlichen Kondome dünne Silikonölfilme.[13]
  • Wegen ihrer bereits erwähnten schaumhemmenden Wirkung werden sie bei Tensidvergiftungen, also dem Verschlucken von Tensiden dargereicht, um dem sich im Verdauungstrakt bildenden Schaum und dem daraus resultierenden Aufblähen entgegenzuwirken.
  • Ebenfalls wurde eine positive Wirkung eines auf der Basis von Polydimethylsiloxanen bestehenden Medikamentes bei der Anwendung auf der Haut bei Kopflausbefall erzielt.[14]

Des Weiteren dienen Silikonöle als Bestandteil von Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel[15], Hautschutzsalben, Salbengrundlagen[16], Massageölen, Implantaten und Mitteln zur Frisurstabilisierung[17], sowie als Träger für Duftstoffe.

Lebensmittelindustrie

Der entschäumende Effekt spielt auch in der Lebensmittelindustrie eine wichtige Rolle. So werden Silikonöle bei der Herstellung von Konfitüren und Fruchtsäften zugegeben, um das Entstehen unerwünschter Schäume zu unterdrücken. Auch Beimengungen in Frittieröle machen die Schaumbildung bei Frittiervorgängen wesentlich kontrollierbarer.

Die maximalen Konzentrationen für das Silikonöl Polydimethylsiloxan (Lebensmittelzusatzstoff E900) lauten:[18]

  • Konfitüre, Marmelade, Gelee (max. 10 mg/kg)
  • Bratöle und -fette (max. 10 mg/kg)
  • Obst- und Gemüsekonserven (max. 10 mg/kg)
  • Kaugummi (max. 100 mg/kg)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 W. Kaiser, R. Riedle: Silikone, In: Harnisch, H.; Steiner, R.; Winnacker, K.(Hrsg.): Winnacker-Küchler: Chemische Technik, Organische Technologie II, 4. Auflage, Bd. 6, Carl Hanser Verlag, München, 1982, S. 838.
  2. H. Miyahara, A. Nakajima, J. Wada, S. Yanabu: Breakdown Characteristics of Combined Insulation in Silicone Oil for Electric Power Apparatus. "2006 IEEE 8th International Conference on Properties and applications of Dielectric Materials", Properties and applications of Dielectric Materials, 8th International Conference, 2006, S. 661–664. doi:10.1109/ICPADM.2006.284264. ISBN 1-4244-0190-9.
  3. M.G. Woronkow, W.P. Mileshewitsch, Yu. A. Yuzhelewski: The Siloxane Bond, Physical Properties and Chemical Transformations, Studies in Soviet Science, New York – London, 1978, S. 6 ff.
  4. A. Brulls, M. Johan: Method of monitoring a freeze drying process, AstraZeneca UK, London, (2001), S. 3.
  5. W. Thimm: Silikonöl als Arbeitsfluid für einen Thermostat sowie ein solcher Thermostat, Offenlegungsschrift DE 10 2004 042 829.8, Karlsruhe, 2004, S. 2.
  6. K. Klein, J. Maluzi: Verfahren zur Aktivierung von Entschäumerflüssigkeiten, Deutsche Gold- u. Silber-Scheideanstalt, Offenlegungsschrift DE 1 544 001, Frankfurt, 1966, S. 1–6.
  7. M. Takahashi et al.: Elektrisch isolierendes Öl, Kureha Kagako Kogyo K.K, Offenlegungsschrift DE 24 46 591 A1, Tokyo, 1974, S. 1–14.
  8. N. Horiuchi: Formtrennmittel, Daikin Kogyo Co. Ltd., Offenlegungsschrift DE 26 41 898 A1, Osaka (Japan), 1976, S. 1–49.
  9. Y. Ogawa et al.: Magnetischer Toner,Offenlegungsschrift DE602004001025T2, Tokyo, 2006, S. 26 ff.
  10. P. Ehlenz: Schutzmittel zur Bildung eines Schutzüberzuges einer Siliciumorganischen Verbindung auf Glas- und Keramikflächen, Collo GmbH, Offenlegungsschrift DE 28 43 234, Bornheim-Hersel, 1978, S. 1–15.
  11. G. Bauernfeind et. al: Lackpflege-, Reinigungs- und Konservierungsmittel, VEB Petrolchemisches Kombinant Schwedt, Offenlegungsschrift DD 220 321 B1, Schwedt (Oder), 1985, S. 1–3.
  12. S. Betlej: Dynamischer Drehschwingungsdämpfer insbesondere für Kraftmaschinen, Offenlegungsschrift DE 1 292 451 A, Budapest, S. 1–4.
  13. https://ncjrs.gov/App/publications/Abstract.aspx?id=153531
  14. I.F: Burgess, C.M. Brown, P.N. Lee: Treatment of head louse infestation with 4% dimeticone lotion: randomised controlled equivalence trial, BMJ, Vol. 330, 2005, S. 1423 ff.PDF
  15. Barry, S. M. et al.: Portionierte Wasch- und Reinigungsmittelzubereitung enthaltend Silikonöl, Procter & Gamble Company, Offenlegungsschrift EP 1 595 939 B1, The Cinicinnati, Ohio, US, S. 1–15.
  16. W. Schalk et al.: Silikonhaltige Hautschutzsalbe, Offenlegungsschrift DE 1 134 478, Schenley Industries Inc., New York, 1960, S. 1–5.
  17. o.V.: Klares Wasser-in-Silikonöl Haarkonditionierungsmittel, Wella AG, Offenlegungsschrift WO 10/28506 A1, Darmstadt, 2001, S. 1–30.
  18. Link: Zusatzstoff-Online.de