Regenwasser
Regenwasser ist Wasser aus Niederschlägen in flüssiger Form, dem Regen. Regenwasser als Produkt des Regens stellt ein wesentliches Glied des Wasserkreislaufes der Erde dar.
Regenwasserabfluss
Die Versickerungsgeschwindigkeit von Wasser (und anderen Flüssigkeiten, bei Schnee während des Abtauens) im jeweiligen Untergrund wird mit der Infiltrationsrate bezeichnet und gemessen. Ihre Größe hängt von der bereits vorhandenen Sättigung des jeweiligen Bodens sowie von seiner chemischen, physikalischen, biologischen und mechanischen Beschaffenheit ab. Dabei hat in der Landwirtschaft die Methode der Bodenbearbeitung sowie die jeweilige Bepflanzung erheblichen Einfluss auf die Porosität des Untergrundes (Bodenkultur). Die Bearbeitung mit großen und damit schweren Maschinen fördert die Bodenverdichtung. Auch die Besiedlung durch Lebewesen spielt eine gewisse Rolle: Zahlreich vorkommende Regenwürmer lockern die Krume in erheblichem Maße auf. In Weinbergen fördert die Anlage von Querrillen die Rückhaltefähigkeit der mehr oder weniger geneigten Lagen. Je geringer die Aufnahmefähigkeit eines Bodens ist, umso schneller werden bei stärkeren Niederschlägen (Starkregen) Oberflächenabflüsse entstehen.
Nicht versickertes Wasser sammelt sich in Vertiefungen. Laufen diese über, fließt das Wasser oberirdisch weiter zum nächsten tiefer gelegenen Punkt. Je nach Temperatur, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit verdunstet ein Teil des Wassers.
Bei befestigten bzw. versiegelten Flächen ist der Anteil der Versickerung klein (unter Umständen verdunstet bei geringem Niederschlag die Feuchtigkeit). Das meiste Wasser fließt mehr oder weniger vollständig oberirdisch ab. Bei der Entwässerung von Straßen außerhalb von Ortschaften wird das Regenwasser oft über die Schulter direkt seitlich in einen Straßengraben oder eine Versickerungsmulde geleitet. Wenn die Geländeverhältnisse oder die Verschmutzung des Regenwassers dies nicht zulassen, wird das Wasser über Regenrinnen und Straßeneinläufe in einen Regenwasserkanal geleitet.
Beim sogenannten Trennsystem wird innerhalb von Ortschaften das Regenwasser über Regenrinnen und Straßeneinläufe in einen Regenwasserkanal geleitet, während das Schmutzwasser getrennt davon in Schmutzwasserkanälen abgeleitet wird. In stark belasteten Bereichen wird auch das Regen- bzw. Oberflächenwasser wegen der hohen Verschmutzungsgrade (hochfrequentierte Straßen – DTV-Wert) entgegen der normalen Ableitung in einen Schmutzwasserkanal abgeführt.
Beim sogenannten Mischsystem wird das Regenwasser ebenfalls über Regenrinnen und Straßeneinläufe gesammelt, aber zusammen mit dem Schmutzwasser (vermischt) in einem Mischwasserkanal abgeleitet. Da die Spitzenabflüsse bei starkem Regen nicht in der Kläranlage behandelt werden können, werden an geeigneten Standorten Mischwasserentlastungen gebaut, an denen Mischwasser in der Größenordnung des zwei- oder dreifachen Schmutzwasserabflusses zur Kläranlage weitergeleitet und das restliche verdünnte Wasser in ein Gewässer entlastet wird. Meist ist diese Entlastung mit einer Regenwasserbehandlung kombiniert.
Für Privatpersonen gibt es spezielle Regensammler, mit denen sich mindestens 60 % des Regenwassers auffangen lassen. Eine solche Vorrichtung kann in standardmäßige Zinkfallrohre mit ca. 100 Millimeter Durchmesser eingebaut werden.[1]
Hochwasser
Durch die zunehmende Flächenversiegelung kommt es bei heftigen Regenfällen immer wieder zu Überlastungen der Abwassersysteme und Überschwemmungen, da das niedergehende Wasser sofort abläuft und nicht im Boden versickern kann. In der Kanalisation oder zwischen Kanalisation und Gewässer werden Regenrückhalteanlagen errichtet, um eine Abflussvergleichmäßigung zum Vorfluter und eine Dämpfung der Abflussspitzen zu erzielen.
Verschmutzung von Regenwasser
Regenwasser nimmt in der Atmosphäre und beim Abfluss auf befestigten Flächen und im Regenwasserkanal oder Mischwasserkanal Schmutzstoffe unterschiedlicher Herkunft auf:
- atmosphärische Schmutz- und Schadstoffe (beispielsweise Staub, wasserlösliche Salze und Säuren siehe saurer Regen, radioaktiver Fallout)
- an der Erdoberfläche aufgenommene Stoffe
- von den Hausdächern abgelöste Stoffe (beispielsweise Kupfersalze oder Asbestfasern )
- Abwasserinhaltsstoffe des Trockenwetterabflusses
- resuspendierte Stoffe aus Kanalablagerungen
- erodierte Sielhaut
In Mischkanalisationen treten eher höhere Konzentrationen an partikulären Schwebstoffen, organischen Inhaltsstoffe sowie Stickstoff- und Phosphorverbindungen als in Trennkanalisationen auf. Dort treten zum Teil hohe Konzentrationen an abfiltrierbaren Stoffen auf, die die Werte von Mischkanalisationen deutlich übersteigen können.
Die Konzentrationen sind in Abhängigkeit vom Einzugsgebiet, Regendauer, Regenmenge und anderer Faktoren sehr unterschiedlich. In der Größenordnung sind jedoch die Verschmutzungen von Regenwasser aus der Regenwasserkanalisation und von entlastetem Mischwasser gleich groß.
Regenwasserbehandlung
Für eine Minimierung von ökologischen Schädigungen der Gewässer, in die Regenwasser eingeleitet wird, werden Maßnahmen seiner Reinigung (Regenwasserbehandlung) vorgesehen und in Regenwasserkanalisationen Regenklärbecken gebaut. In Mischkanalisationen werden Regenüberlaufbecken eingerichtet.
Nutzung von Regenwasser
Die Nutzung von Regenwasser als Brauch- oder Betriebswasser, um Trinkwasser zu sparen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Das Regenwasser wird dazu von Sammelflächen beispielsweise über Regenwassersammler, Regenwasserklappen usw. abgeleitet und in unter- oder oberirdischen Regenspeichern, z. B. in Zisternen oder Regentonnen gesammelt. Über Pumpen wird das Regenwasser von dort zu den einzelnen Zapfstellen transportiert. Ein 4-Personen-Haushalt kann z. B. ca. 70.000 Liter Trinkwasser pro Jahr durch die Regenwassernutzung sparen. Die tatsächliche Menge ist abhängig vom Standort (Regenspende) und der Größe der nutzbaren Dachfläche. In Deutschland kann Regenwasser für die Toilettenspülung, Waschmaschine und Gartenbewässerung genutzt werden. Auch in Industrie und Gewerbe gibt es zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten.[2]
Allerdings sollte vor Anschaffung einer Regenwasserzisterne die Wirtschaftlichkeit überprüft werden, da eine Zisterne im Bezug von Frischwasser zwar vordergründig Kosten sparen kann, die Investitionen aber betriebswirtschaftlich gegengerechnet werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ggf. Gebühren für das Abwasser gezahlt werden müssen und Kosten für die Installation getrennter Leitungen für das Grauwasser anfallen können.
Immer mehr Kommunen gehen mittlerweile dazu über, das Abwasser aus Regenwassernutzungsanlagen als „positiv beeinflusstes Abwasser“ anzusehen, das so oder so in den Kanal eingeleitet worden wäre. Da in solchen Fällen für das Regenwasser oft keine Abwassergebühr zu zahlen ist, kann sich eine vernünftig dimensionierte Regenwasser-Nutzungsanlage im Laufe ihres langen Betriebes (Zisterne nahezu unbegrenzt, Filter/Rohre 50 Jahre und mehr, Pumpen über 20 Jahre) durchaus rechnen. Dies gilt vor allem, wenn es von der Gemeinde Zuschüsse gibt und die Zisterne gleich beim Hausbau berücksichtigt wird. Vielerorts ist dies heute auch Bestandteil der Bau-Vorschriften. Zudem steigen die Preise für Frisch- und Abwasser in manchen Kommunen seit Jahren stark an. Regenwassernutzung im Gewerbebereich ist fast immer wirtschaftlich, da der Regen-Ertrag durch die Größe der Dachflächen bestimmt wird und meist ein großer, gleichbleibender Wasserbedarf gegeben ist.
Die immer weitergegehende Verbreitung von Regenwasserzisternen kann die Hochwassergefahr in manchen versiegelten, kanalisierten Gebieten reduzieren, denn der plötzliche, extreme Anstieg kann bei kurzzeitigen Starkregen ausreichend zeitverzögert oder sogar ganz zurückgehalten werden (z.B. bei fast leeren Zisternen nach längeren Trockenperioden). Die Hochwassergefahr durch dafür typische Flüsse kann bei Dauerregen natürlich kaum reduziert werden.
Die Nutzung von Regenwasser in regenreichen Gebieten wie den DACH-Ländern bringt keine Vorteile für entfernt liegende Trockengebiete, da sich die Wasserbilanz in diesen Ländern deswegen nicht ändert. Die Nutzung von Regenwasser ist aber dennoch als Umweltschutzmaßnahme einzuordnen, da sich in der direkten Umgebung der Wasserverbrauch und die Grundwasser-Entnahme reduziert. Viele Großstädte beziehen ihren sehr hohen Wasserbedarf z.T. aus weit entfernten Gebirgen (Frankfurt/M z.B. aus dem über 50 km entfernten Vogelsberg).
Schiffbrüchigen kann das Auffangen und die Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser das Überleben ermöglichen (siehe entsprechende Selbstversuche von Alain Bombard und Hannes Lindemann).
Als Gießwasser für Pflanzen ist Regenwasser auf Grund seines geringen Kalkgehaltes (geringe Wasserhärte) vorteilhafter als zum Beispiel Leitungswasser.
Abwassergebühr
Von versiegelten Flächen (Dächer, Parkplätze, Straßen) in die öffentliche Kanalisation ablaufendes und abgeführtes Regen- bzw. Oberflächenwasser wird bislang in der Regel nicht als Abwasser erfasst (nur als Zuschlag zur Gebühr für das Schmutzwasser). Seine Abführung wurde über die erhobenen kommunalen Abwassergebühren mitfinanziert. Diese wiederum berechneten sich nach dem Frischwasserverbrauch (Wahrscheinlichkeitsmaßstab). Nur wenn eine gesplittete Abwassergebühr für Wasser und Abwasser erhoben wird, wird die versiegelte Fläche als Maßstab berücksichtigt.
Mittlerweile mehren sich bundesweit die Urteile zur notwendigen Berechnung der Wasser- und Abwassergebühren nach einer "gespaltenen" Gebühr.[3]
Eine Abwassergebühr für das Regenwasser muss wiederum nur dann bezahlt werden, wenn die versiegelten Flächen auch tatsächlich an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind. In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, das Regenwasser auf dem Grundstück zu belassen. Teilweise kann das gesamte anfallende Regenwasser auf dem Grundstück verwertet oder versickert werden. Dann muss keine Regenwassergebühr bezahlt werden.
Siehe auch
- Bemessungsregen
- Regenwasserbewirtschaftung
- Grauwasser und Schwarzwasser (Abwasser)
- Regenwassersammler (Fallrohrfilter, Fallrohrsieb)
Literatur
- fbr (Hrsg.): "Regenwassernutzung in öffentlichen und sozialen Einrichtungen". (Bd.14) Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. Darmstadt 2011, ISBN 978-3-9811727-3-7
- fbr (Hrsg.): "Regenwasserbewirtschaftung - Synergien mit der Regenwassernutzung". (Bd. 13) Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. Darmstadt 2009, ISBN 978-3-9811727-2-0
- Patrick Herzer: Einflüsse einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung auf den Städtebau - räumliche, ökonomische und ökologische Aspekte. Fraunhofer-IRB-Verl., Stuttgart 2004, ISBN 3-8167-6440-1
- Wolfgang F.Geiger (et al.): Neue Wege für das Regenwasser - Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-26459-1
- Keith J. Beven: Rainfall-runoff modelling - the primer. Wiley, Chichester 2006, ISBN 978-0-471-98553-2
- Karl-Heinz Böse: "Regenwasser für Garten und Haus." Ökobuch Faktum, ISBN 978-3-936896-42-8
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Artikel: Regenwassernutzung: Regen sammeln mit Rheinzink dach.de (Wissenportal für private Bauherren) Abgerufen am 13. Dezember 2012.
- ↑ Rainwater harvesting 2012 (2012). Abgerufen am 2012.
- ↑ VGH Mannheim, Urteil vom 11. Februar 2010 - 2 S 2938/08