Ostwaldverfahren
Das Ostwaldverfahren dient der großtechnischen Herstellung von Salpetersäure durch Oxidation von Ammoniak, welcher vorzugsweise durch das Haber-Bosch-Verfahren gewonnen wird. Es geht auf den deutschen Chemiker Wilhelm Ostwald zurück (Patent, 1902).[1] Die grundlegende chemische Reaktion von Ammoniak mit Luft am Platinkontakt wurde jedoch bereits 1838 schon von Frédéric Kuhlmann patentiert.[2][3]
Beschreibung
Das Verfahren läuft in drei Teilschritten ab. Ein Ausgangsstoff ist mittels Haber-Bosch-Verfahren erzeugtes Ammoniakgas. Weitere Ausgangsstoffe sind Luft und Wasser.
Schritt 1: Heterogene, katalytische Verbrennung von Ammoniakgas
Im ersten Schritt wird Ammoniak (NH3) mit Sauerstoff (O2) gemischt und in Gegenwart eines Platin-Rhodium-Katalysators bei 800 bis 900 °C zu Wasser (H2O) und Stickstoffmonoxid (NO) umgesetzt (Bei neueren Anlagen wird ein spezielles Rückgewinnungsnetz eingesetzt, um das teure Platin zurückzugewinnen). Das Gasgemisch darf den Katalysator nur ganz kurz – nur etwa eine tausendstel Sekunde – berühren, da ansonsten das Stickstoffmonoxid wieder in die Elemente zerfällt:
- $ \mathrm {4\ NH_{3}(g)\ +\ 5\ O_{2}(g)\ {\xrightarrow[{Pt/Pt-Rh}]{800-900\ ^{\circ }C}}} $ $ \mathrm {4\ NO(g)\ +\ 6\ H_{2}O(g)\ \ \Delta H^{0}=-906,11~{\rm {kJ/mol}}} $
Eine unerwünschte Nebenreaktion, die auch ohne Katalysator abläuft, ist die Oxidation des Ammoniaks zu elementarem Stickstoff unter Bildung von Wasser:
- $ \mathrm {4\ NH_{3}(g)\ +\ 3\ O_{2}(g)\ \longrightarrow \ 2\ N_{2}(g)\ +\ 6\ H_{2}O(g)} $
Eine weitere unerwünschte Nebenreaktion ist die Bildung von Lachgas:
- $ \mathrm {4\ NH_{3}(g)\ +\ 4\ O_{2}(g)\ \longrightarrow \ 2\ N_{2}O(g)\ +\ 6\ H_{2}O(g)} $
Die Nebenreaktionen werden durch eine möglichst hohe Netztemperatur und niedrigen Druck zurückgedrängt (s. Prinzip von Le Chatelier).
Schritt 2: Erzeugung von Stickstoffdioxid
In Schritt 2 senkt man die Temperatur des Stickstoffmonoxids (NO) auf unter 50 °C und mischt es mit Luft. Es läuft eine weitere Oxidation mit Sauerstoff (O2) zu Stickstoffdioxid (NO2) ab, welches anschließend zu Distickstofftetraoxid dimerisiert:
- $ \mathrm {2\ NO(g)\ +\ O_{2}(g)\ \rightleftharpoons \ 2\ NO_{2}(g)\ \ \Delta H^{0}=-114,22~{\rm {kJ/mol}}} $
- $ \mathrm {2\ NO_{2}(g)\ \rightleftharpoons \ N_{2}O_{4}(g)\ \ \Delta H^{0}=-57,23~{\rm {kJ/mol}}} $
Schritt 3: Reaktion in der Oxidations- und Absorptionskolonne
Die Stickoxide werden im 3. Schritt in Rieseltürmen mit Wasser zu Salpetersäure (HNO3) umgesetzt:
- $ \mathrm {2\ N_{2}O_{4}(g)\ +\ O_{2}(g)\ +\ 2\ H_{2}O(l)\ \longrightarrow \ 4\ HNO_{3}(aq)} $
Als Zwischenprodukte entstehen hierbei Stickstoffmonoxid (NO) und die Salpetrige Säure (HNO2), denn die Reaktion verläuft über folgende Zwischenschritte:
- $ \mathrm {N_{2}O_{4}(g)\ +\ H_{2}O(l)\ \longrightarrow \ HNO_{3}(aq)\ +\ HNO_{2}(aq)} $
- $ \mathrm {3\ HNO_{2}(aq)\ \longrightarrow \ HNO_{3}(aq)\ +\ 2\ NO(g)\uparrow +\ H_{2}O(l)} $
- $ \mathrm {2\ NO(g)\ +\ O_{2}(g)\ \rightleftharpoons \ 2\ NO_{2}(g)} $ (wie Schritt 2)
Siehe auch
- Kunstdünger
- Sprengstoff
Literatur
- Fr. Kuhlmann: Abhandlung über die Salpeterbildung. Neue Erzeugung von Salpetersäure und Ammoniak. In: Annalen der Pharmacie. 29, Nr. 1, 1839, ISSN 0365-5490, S. 272–279, doi:10.1002/jlac.18390290305.
- Erwin Riedel: Anorganische Chemie. de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-018168-1.
Einzelnachweise
- ↑ Patent GB190200698: Improvements in the Manufacture of Nitric Acid and Nitrogen Oxides. Angemeldet am 9. Januar 1902, veröffentlicht am 20. März 1902, Erfinder: Wilhelm Ostwald.
- ↑ Patent FR11331: Veröffentlicht am 22. Dezember 1838, Erfinder: Frédéric Kuhlmann (espacenet erfasst z. Z. nur franz. Patente ab 1900).
- ↑ J. Graham Smith: Fréderic Kuhlmann, pioneer of platinum as an industrial catalyst. In: Platinum Metals Review. 32, 1988, S. 84–90 (PDF).