Lichtstärke (Fotografie)

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Mit Lichtstärke eines Objektivs wird der Quotient aus maximal möglichem Durchmesser der Eintrittspupille und der Brennweite eines Objektivs bezeichnet. Man gibt diesen Quotienten meist als Kehrwert der Blendenzahl an, etwa als 1/2,8 oder f/2,8 (2,8 ist die Blendenzahl, und f steht für die Brennweite).

Die größte relative Öffnung kann bei Zoomobjektiven von der eingestellten Brennweite abhängig sein. Zum Beispiel bedeutet die Bezeichnung 70−300 mm ƒ/4−5,6, dass bei der kurzen Brennweite von 70 Millimetern die größte Blende bei der Blendenzahl 4,0 und bei der langen Brennweite von 300 Millimetern die größte Blende bei der Blendenzahl 5,6 eingestellt werden kann.

Da die Bildhelligkeit mit dem Quadrat der relativen Öffnung wächst ist die zur Belichtung erforderliche Zeit umgekehrt proportional zum Quadrat der relativen Öffnung. Die maximale relative Öffnung ist neben der Brennweite und dem Bildkreisdurchmesser eine der drei fundamentalen Eigenschaften eines Objektivs.

Übliche Werte liegen zwischen ƒ/1,4 und ƒ/5,6, vereinzelt findet man auch noch ƒ/1,25 und ƒ/6,3 oder ƒ/8. Extrem lichtstarke Objektive haben zum Teil Lichtstärken bis ƒ/0,35[1], bei älteren oder einfachen Superteleobjektiven findet man auch Werte bis ƒ/16. Theoretisch sind Werte bis ƒ/0,25 (Parabolspiegel mit d = 2 r = 4 ƒ) möglich, Lochkameras weisen Werte zwischen ƒ/200 und ƒ/1000 auf.

Anmerkungen

  1. Die fotografische Lichtstärke ist eine dimensionslose Größe.
  2. Die fotografische Lichtstärke beschreibt nicht, welche Lichtmenge das Objektiv einfangen kann, weil das zusätzlich vom Abbildungsmaßstab abhängig ist. Ein Großformat-Objektiv mit ƒ/16 fängt bei gleicher Aufnahmedistanz wesentlich mehr Licht als ein Kompaktkamera-Objektiv mit ƒ/2 ein.
  3. Nur in der deutschen Sprache besteht die Verwechslungsgefahr der Begriffe fotografische Lichtstärke mit der Lichtstärke (Photometrie) (Einheit: Candela - abgegebener Lichtstrom eines beliebigen Objekts pro Raumwinkel) sowie der Lichtstärke eines Fernglases (Einheit: Quadratmeter).
  4. Die Lichtstärke wird wie die Blende in der Umgangssprache sowohl direkt als auch reziprok verwendet:
    Lichtstärke 1:4, Lichtstärke 1/4, Lichtstärke ƒ:4, Lichtstärke ƒ/4 wie aber auch Lichtstärke 4 oder 4,0er Lichtstärke.
    Hierdurch erfolgt die korrekte Zuordnung z.B. einer großen Lichtstärke 2 oder einer kleinen Lichtstärke 16 leicht fehlerhaft.

Typische und maximale Lichtstärken

Leica-Objektiv Noctilux mit 1:0,95

Normalobjektive (50 mm im Kleinbildformat) bewegen sich in der Regel bei Lichtstärken von 1:1,2 bis 1:2,8. In einigen Fällen können sie jedoch auch Lichtstärken bis 1:1,0 und mehr erreichen. Das lichtstärkste fotografische Objektiv wurde bei Zeiss entwickelt: Mit dem Planar 1:0,7/50 mm konnten Filmaufnahmen von bewegten Szenen bei Kerzenlicht gedreht werden, so etwa im Film Barry Lyndon von Stanley Kubrick.[2]

Vor- und Nachteile

  • Manuelle Scharfstellung: Die hohe Lichtstärke kommt bei Spiegelreflexkameras der Helligkeit des Sucherbildes zugute und erleichtert das Scharfstellen. Zudem geht die größere Blendenöffnung mit einer geringeren Schärfentiefe einher, wodurch die Lage der Schärfeebene im Sucher exakter beurteilt werden kann. Einstellhilfen für das manuelle Scharfstellen, wie zum Beispiel Schnittbildindikatoren, funktionieren bei lichtschwachen Objektiven (1:5,6 oder weniger) nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr. Kameras mit elektronischem Sucher oder Live-View auf einem Bildschirm können ein elektronisch aufgehelltes Bild anzeigen, das gegebenenfalls mit Hilfe einer Softwarelupe sogar vergrößert dargestellt werden kann. Bei Kameras, bei denen die Scharfstellung ohne das Objektiv erfolgt, ist dieser Aspekt ohne Bedeutung.
  • Autofokus (AF): Spiegelreflexkameras verfügen zum Teil über Autofokus-Phasenvergleichssensoren mit unterschiedlich großer Messbasis. Bei Sensoren mit größerer Messbasis kann die Kamera prinzipiell präziser fokussieren. Das setzt Objektive höherer, zum jeweiligen Sensor passenden Lichtstärke voraus.
  • Bildgestaltung: Objektive mit hohen Lichtstärken erweitern den gestalterischen Spielraum. Beispielsweise ermöglichen hochlichtstarke Objektive im gemäßigten Weitwinkel- und Telebereich ein Freistellen des Motivs vor unscharfem Vorder- beziehungsweise Hintergrund. Hier gilt aber auch: Je größer das Aufnahmeformat, desto markanter das Spiel mit Schärfe und Unschärfe (wichtig bei der Wahl von Digitalkameras, mit ihren unterschiedlichen Sensorformaten).
  • Eine hohe Lichtstärke ermöglicht kürzere Belichtungszeiten oder die Verwendung von geringeren Filmempfindlichkeiten mit höherem Auflösungsvermögen und feinerem Korn, bzw. bei Digitalkameras ein geringeres Rauschen durch Verwendung einer geringeren ISO-Einstellung.
  • Größer, schwerer und teurer als vergleichbare Optiken geringerer Lichtstärke.
  • Durch die geringe Schärfentiefe (auch DOF genannt, englisch depth-of-field) werden an den Autofokus hohe Anforderungen gestellt und leichte Fehljustierungen schneller sichtbar (siehe Fokussierungsfehler).
  • Bei sehr lichtstarken Objektiven kann nicht mit Offenblende gearbeitet werden, wenn mit großen Film- oder Bildsensorformaten der Schärfentiefebereich für das gewünschte Motiv zu klein ist.

Geschichte und Entwicklung

Generell konnte die Lichtstärke von Objektiven deutlich gesteigert werden. Während die Boxkameras der 1920er und 1930er Jahre eine typische größte Blende von 1:11 hatten, verfügten die Modelle aus den 1950er Jahren bereits über 1:4 oder sogar 1:2,8.

Vergleichsweise lichtstarke Objektive gab es aber schon länger. Ein Beispiel hierfür ist das Petzvalobjektiv, das gemeinsam von Josef Maximilian Petzval und Peter Wilhelm Friedrich von Voigtländer im Jahre 1840 konstruiert wurde. Mit einer Offenblende von 1:3,6 war es im Vergleich zu Daguerres Objektiv von 1839 22-mal lichtstärker, was unter günstigen Bedingungen erstmals Porträts mit Belichtungszeiten von weniger als einer Minute ermöglichte. Das Petzvalobjektiv wurde von Voigtländer produziert und mit großem Erfolg weltweit vertrieben. Bis 1862 produzierte er 60.000 Stück.

Wesentlichen Einfluss auf die Möglichkeit, Objektive mit hoher Lichtstärke herzustellen, hat das Objektivdesign. Durch die Verwendung von Linsenkombinationen aus verschiedenartigen Gläsern wie Kron- und Flintglas, CaF2-Linsen, ED-Gläser und Integration von asphärische Linsen konnten Abbildungsfehler trotz großer numerischer Apertur klein gehalten werden.

Einen Meilenstein stellte das Cooke-Triplet dar, das 1893 von Harold Dennis Taylor entwickelt wurde. Es ermöglichte bei preisgünstigen Objektiven eine Lichtstärke von bis zu 1:3,6 (Mitte der 1930er Jahre) und nach Einführung von Lanthan-Glas bis zu 1:2,8. Es wird noch heute verwendet.

Siehe auch

  • Fotografische Blende
  • Lichtwert

Einzelnachweise

  1. imageshack: ƒ/0,35
  2. Guinness-Buch der Rekorde 1997 Rubrik Die Kunst: Fotografie. Hamburg 1996

Weblinks

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