Ketylradikal

Ketylradikal

Toluol mit Natrium & Benzophenon: Vor Erhitzen farblos.
Nach mehrstündigem Erhitzen: Die tiefblaue Farbe des Benzophenyl-Ketyls beweist die Abwesenheit von Sauerstoff und Wasser im Toluol.

Als Ketylradikale bezeichnet man in der organischen Chemie Radikalanionen des Typs R2C-O*. Dabei ist ein Hydroxylat direkt an ein Kohlenstoffradikal, oder ein Sauerstoffradikal direkt an ein Carbanion gebunden (mesomere Grenzstrukturen). Ketyle sind wenig beständig und treten meist als sehr reaktive Zwischenverbindungen auf.

A ketyl

Ketyle bilden sich durch Einelektronenübertragung (SET = single electron transfer) von Alkalimetallen auf Carbonylgruppen. Beispielsweise nutzt man die Reduktion von Benzophenon durch Natrium zum intensiv blau gefärbten Ketyl in Lösemitteln zum Nachweis, dass diese absolut wasserfrei sind.

Ketyle sind Zwischenstufen der Pinakol-Kupplung und der McMurry-Reaktion.

Im Labor findet das Ketylradikal des Benzophenon als Indikator bei der Absolutierung von Lösungsmitteln mit Natrium Anwendung. Die Abwesenheit von Wasser und Sauerstoff wird durch die tiefblaue Farbe des Ketylradikals angezeigt. In der Praxis wird das zu absolutierende Lösungsmittel z. B. Toluol dazu unter Schutzgas mit elementarem Natrium und einer kleinen Menge Benzophenon so lange (Stunden bis Tage) unter Rückfluss gekocht, bis die Blaufärbung deutlich wird. Jedoch dürfen nicht alle Lösungsmittel auf diese Weise absolutiert werden! Halogenierte Kohlenwasserstoffe wie Trichlormethan (und ebenfalls häufige Verwandte wie Dichlormethan oder FCKW) können mit Natrium explosionsartig reagieren, weswegen diese Lösungsmittel mit anderen Chemikalien (Kaliumhydroxid, Calciumhydrid, …) getrocknet werden müssen. Gelöster Sauerstoff kann durch mehrminütiges (starkes) Durchleiten von inerten Gasen wie Stickstoff oder Argon direkt vor der Reaktion aus dem benötigten Lösungsmittel mitgerissen und somit entfernt werden, falls oxidationsempfindliche Substanzen anwesend sein oder entstehen sollten. Da das im Überschuss zugesetzte Natrium mit dem (eventuell) im Lösungsmittel enthaltenen Wasser zu Natriumhydroxid und mit dem Sauerstoff zu Natrium(per-)oxid reagiert, wird nach deren vollständiger Umsetzung ein Elektron vom Natrium auf der Benzophenon übertragen und das farbige Ketylradikal ausgebildet. Unter Umständen und je nach Art der weiteren Verschmutzungen muss die Lösung im absolutierten Zustand nicht zwangsläufig eine blaue Färbung aufweisen, da durch Nebenreaktion auch andere Farben zustande kommen können.

Auf diese Weise absolutierte Lösungsmittel werden als „ketyliert“ und der auf der rechten Seite abgebildete Geräteaufbau als „Ketyle“ bezeichnet. In vielen Laboren gibt es extra dafür eingerichtete Räume oder einzelne Abzüge, in denen Ketylen im Dauerbetrieb laufen, um fortwährend absolutierte Lösungsmittel zur Verfügung zu haben und durch den Verzicht auf ständiges Ab- und Wiederaufbauen ganzer Apparaturen zu verhindern, dass durch Luftfeuchtigkeit der Reinigungsprozess verlängert oder bereits absolutiertes Lösungsmittel wieder Wasser und Sauerstoff aufnimmt.

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